Die Methode basiert auf dem Rastertunnelmikroskop (Atomic Force Microscope/AFM), ein Instrument, das vor zwanzig Jahren von einem IBM Nobelpreisträger erfunden wurde und Untersuchungen sowie Bearbeitungen im Nanobereich ermöglicht, indem ein winziger mechanischer Arm mit einer Nadelspitze an seinem Ende eingesetzt wird. Wenn ein elektrisches Feld an der Spitze angelegt wird, bewegen sich die Moleküle entlang der Oberfläche mit charakteristischen Geschwindigkeiten. Durch Modifizieren der Oberfläche der Nadelspitze und Veränderung der Stärke und Dauer des elektrischen Feldes können unterschiedliche Moleküle voneinander in wenigen Millisekunden separiert werden - mehr als tausendmal so schnell wie bei heutigen Methoden.
"Bei unseren ersten Tests setzten wir DNA-Fragmente ein - eins mit fünf Basenpaaren, ein anderes mit sechzehn", sagt H. Kumar Wickramasinghe, IBM Fellow und Mit-Entwickler verschiedener Typen des Mikroskops. "Ein elektrisches Feld bewegte diese Moleküle entlang der nur 11,2 Mikrometer langen Spitze des Mikroskops in nur 5 bzw. 15 Millisekunden. Wir konnten die Bewegung in einer Menge von bis zu nur 10 Molekülen herab steuern. Dies zeigt, dass dieser Ansatz nützlich sein könnte für die Analyse kleinster Probemengen, beispielsweise biologischen Materials. "
Die neue Methode wird in einem technischen Report beschrieben, der am 1. Mai 2006 in der Online-Ausgabe der Applied Physics Letters erschienen ist. "Ultrafast molecule sorting and delivery by atomic force microscopy" von Kerem Unal, Jane Frommer and Wickramasinghe, Forscher am IBM Almaden Research Center in San Jose, Kalifornien.
Die IBM Wissenschaftlier antizipieren, dass ihre neue Methode in der Zukunft in mindestens zwei sehr unterschiedlichen Anwendungsrichtungen eingesetzt werden könnte. Da es sich um eine stark miniaturisierte Version der Elektrophorese handelt, einer Standardprozedur für die Nutzung elektrischer Felder, um Biomoleküle voneinander zu trennen, könnte die neue Methode eine große Bandbreite molekularer Analysemethoden und genetischer Anwendungsbereiche beschleunigen - vom genetischen Fingerabdruck bis hin zu Routine-Blutuntersuchungen.
Die Methode hat auch das Potential, Moleküle auf einer Oberfläche mit hoher Präzision aufzubringen. Dies könnte nützlich sein bei der Erzeugung künftiger molekularer elektronischer Schaltkreise. Um die Eigenschaften der Technik zu demonstrieren, setzten die Wissenschaftlier eine einzelne Mikroskopspitze ein, um ein IBM 8-Streifen-Logos in 59-79 Nanometer Größe (59-79 Milliardstel Meter) zu "schreiben". Das Logo ist dabei zusammengesetzt aus 5-Basenpaar-Fragementen einer DNA. Das Logo war so klein, dass mehr als 300 davon auf den Querschnitt eines menschlichen Haares passen würden.
"Unsere neue Methode verhält sich wie ein Tintenstrahldrucker im Vergleich zu einem Füllfederhalter", ergänzt Wickramasinghe weiter. "Zum Beispiel "schreiben" wir nur auf einer Oberfläche, wenn ein elektrisches Feld anliegt, nicht permanent beim Kontakt mit der Oberfläche. Wir können ausserdem die Abgaberate durch die Veränderung der Stärke des elektrischen Felds steuern, und unser neues Verfahren ist weniger empfindlich gegenüber den chemischen Eigenschaften der aufzubrinenden Moleküle oder der Auftragungsoberfläche."
IBM untersucht derzeit Möglichkeiten für einen kommerziellen Einsatz dieser Erfindung.