dmexco 2018: Dein erster Gedanke dazu?
Dirk Thum: "Das diesjährige Motto lautet "Take C.A.R.E". Laut Veranstalter bleibt die Messe der zentrale Treffpunkt aller wichtigen Entscheidungsträger der digitalen Wirtschaft und des Marketings. Wie in den Jahren zuvor haben die Veranstalter ein Motto ausgerufen, das den aktuellen Trends Raum für Diskussion verschaffen soll. Zumindest das hat sich nicht geändert. Das diesjährige Motto "C.A.R.E" steht für Curiosity, Action, Responsibility und Experience. Leider sehr allgemein. Mit diesen generischen Begriffen hat es die Messe erneut verpasst, dem Buzzword-Einheitsbrei mit einer klaren Ausrichtung entgegenzutreten. Will die dmexco auch in den kommenden Jahren gegen Branchenkonkurrenz wie die Marketing Rockstars bestehen, müssen Besucher verstehen, warum es sich lohnt, die Messe zu besuchen. Ein Feuerwerk an inhaltlichen und technischen Innovationen, präsentiert von hunderten von Ausstellern verwirrt leider mehr, als es hilft."
Wie stehst Du zum fachlichen Wissensaustausch vor Ort?
Dirk Thum: "Mehr als 550 Vortragende, über 1.000 Aussteller und mehr als 40.000 Besucher umfasst die Messe. Die Besucher erwarten 120 Seminare und Workshops sowie zahlreiche Nebenveranstaltungen. Außerdem stehen vor Ort Diskussionen zu aktuellen Themen der Digitalbranche auf dem Programm, das insgesamt 250 Stunden umfasst. Es scheint nahezu unmöglich, auf sinnvolle Weise durch dieses übergroße Angebot an Inhalten zu navigieren. Auch bleibt nur wenig Zeit für einen wirklichen Austausch. Zu schnell muss man zum nächsten Votrag oder zur nächsten Panel-Diskussion eilen. Hinzu kommt die Problematik, dass Vorträge leider zu oft in Eigenwerbung ausarten. Wer kümmert sich um die fachliche Wertigkeit und Qualität der Inhalte?"
Ein kurzer Rückblick: Was sagst Du zum organisatorischen Ablauf?
Dirk Thum: "Die Abschaffung der kostenfreien Tickets sollte dem immer größer werdenden Ansturm Einhalt gebieten. Das mag bis zu einem gewissen Grad geklappt haben – trotzdem wird die Messe immer größer und unübersichtlicher. Wer nicht schon ewig im Geschäft ist und so ziemlich jeden kennt, der wird sich trotz zigtausender Besucher so allein fühlen, wie noch nie. Dazu kommt die Logistik rund um die Messe, die fast schon Kultstatus hat. Die Taxifahrer in Köln kapitulieren vor dem Ansturm. Interessant eigentlich, da kurz zuvor erst die Gamescom stattfand, von der man diesbezüglich weniger hört. Auch der Nahverkehr geht zu Stoßzeiten regelmäßig in die Knie – und das in der Messestadt Köln. Zu guter Letzt rennen nach Ende des zweiten Tages alle zum Bahnsteig, um sich in einen ICE zu quetschen, dem nach 100 Kilometern die Getränke ausgehen. Klingt eigentlich nach Ansatzpunkten, die sich mit ein bisschen Engagement verbessern lassen sollten. Auf der anderen Seite: Für die meisten scheint das kein allzu großer Painpoint zu sein – sonst kämen nicht immer wieder 40.000 Besucher. Schade eigentlich.
Zum Abschluss: Welchen Wunsch hast du an die dmexco?
Dirk Thum: "Die dmexco ist nach wie vor eine wichtige Leitmesse im Bereich Marketing, ein Wallfahrtsort für die Einen, aber auch eine Ansammlung vollgestopfter Messehallen ohne Themenfokus für die Anderen.
Um dem Anschein eines Klassentreffens für Marketingpezialisten zu entgehen, muss sich die Messe auf einen jeweiligen Fokus besinnen. Die Verantwortlichen der CES machen das geschickt, indem sie Marketing-Themen mit ihrer Anwendung, beispielsweise in den Bereichen Consumer Electronics oder der Automobilbranche verbinden und als Leitmotiv verwenden. Auch die dmexco sollte diesen Ansatz prüfen und die zahlreichen Hallen der koelnmesse zu Themenbereichen umfunktionieren."