Die rheinische Wirtschaft bewertet sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch ihre Erwartungen für die kommenden Monate positiver als im Herbst 2013. "Wenn sich die Erwartungen der Unternehmen erfüllen, kann für dieses Jahr wieder mit einem deutlichen Wachstum in der Region gerechnet werden", führte Dr. Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg, aus: "Die Unternehmen erwarten auch einen Anstieg der Exporte unter der Voraussetzung, dass sich die Lage im europäischen Ausland weiter stabilisiert und die Schwellenländer wieder zu einem stärkeren Wachstum zurückkehren." Sorge bereite dagegen die aktuelle Krise in der Ukraine.
Während die Investitionspläne der Unternehmen leicht zulegen, besteht noch Zurückhaltung bei den Beschäftigungsplänen. "Die Unternehmen sind nach wie vor verunsichert, wie es weltwirtschaftlich weitergeht und was sie aus Berlin zu erwarten haben. Das schlägt sich auch in den Beschäftigungsplänen nieder", erklärt dazu Dr. Udo Siepmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf: "Reformen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) oder der Rente sowie die Debatte um den Mindestlohn können einen längerfristigen Aufschwung gefährden."
Aktuell schätzen 38 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut ein (Herbst 2013: 33 Prozent) und nur zwölf Prozent (Herbst 2013: 15) als schlecht. Getragen wird diese Aufhellung insbesondere durch die Dienstleister und den Großhandel. Bei den Erwartungen legt der Saldo zum dritten Mal in Folge zu und liegt jetzt bei 24 Punkten. 35 Prozent der Unternehmen gehen von einer weiteren Verbesserung aus, nur jedes neunte rechnet mit einer Verschlechterung. "Eine ähnlich positive Erwartungshaltung herrschte im Rheinland zuletzt zum Jahresbeginn 2011. Insbesondere der Großhandel und die Industrie sind optimistisch", so Hille. Der Konjunkturklimaindex stieg zum dritten Mal in Folge von 116,5 im Herbst 2013 auf jetzt 124,9 Punkte und liegt damit weit über der neutralen 100-Punkte-Grenze und dem langjährigen Durchschnitt von 112 Punkten.
Der insgesamt freundliche Konjunkturhimmel ist aus Sicht der Unternehmen im Rheinland allerdings nicht völlig wolkenlos. Hille: "Neben der Inlandsnachfrage werden auch die hohen Energie- und Rohstoffpreise als ein besonderes konjunkturelles Risiko bewertet." Dieses Risiko würden 48 Prozent aller Unternehmen sehen, in der Industrie seien es sogar 63 Prozent. Hierbei spiele auch die anhaltende Diskussion um eine Reform des EEG und die drohende Abschaffung der besonderen Ausgleichsregelung für energieintensive Unternehmen eine zentrale Rolle. Weitere Risiken seien die Arbeitskosten und der Fachkräftemangel. Insbesondere die Dienstleistungsbranche sehe sich hiervon überdurchschnittlich oft betroffen. "Diesen Befürchtungen konnten die ersten Schritte der Großen Koalition nicht den Wind aus den Segeln nehmen. Ganz im Gegenteil verstärken unter anderem die geplante Neuregelung der Rente und die geplante Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen die Verunsicherung", so Hille.
Aber nicht nur bundespolitische, sondern auch landespolitische Themen bewegen die Unternehmen im Rheinland. "Die Verkehrsinfrastruktur wurde in der Vergangenheit stark vernachlässigt und führt jetzt immer öfter zu gravierenden Behinderungen, Staus und Verspätungen. Zudem wird aktuell der neue Landesentwicklungsplan erstellt. Hier muss aus Sicht der Wirtschaft beim Thema Gewerbe- und Siedlungsflächen nachgebessert und eine Metropolregion Rheinland festgeschrieben werden", sagt Hille. Auch die geplante Hochschulgesetzesnovelle gefährde den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen. Die Hochschulfreiheit steigere die Wettbewerbsfähigkeit des Innovationsstandorts NRW, schaffe und sichere Arbeitsplätze. Wenn an die Stelle von Freiheit nun Rechtsverordnungen, Rahmenvorgaben und Verträge treten sollten, könne das auch für den Wirtschaftsstandort NRW und das Rheinland negative Folgen haben.
Siepmann: "Nicht zuletzt können auch internationale Entwicklungen wie aktuell in der Ukraine den wirtschaftlichen Aufschwung gefährden. Die Börsen haben schon mit deutlichen Rückgängen reagiert. Wirtschaftssanktionen könnten insbesondere die Energiepreise steigen lassen."