Zur weiteren Versachlichung der Diskussion um die Umweltzone möchte die IHK auf folgende Punkte hinweisen:
Vorgaben der EG-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa
Die EG-Richtlinie 96/62/EG mitsamt ihrer Tochterrichtlinien bzw. nun die Nachfolge-Richtlinie 2008/50/EG aus dem Jahr 2008 legen fest, welche Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid gelten. Demnach darf der Jahresmittelwert Feinstaub den Grenzwert von 40 µg/m³ nicht übersteigen. Der Tagesmittelwert von 50 µg/m³ darf zudem nicht mehr als an 35 Tagen überschritten werden.
Bei Stickstoffdioxid besteht ein jährlicher Grenzwert von 40 µg/m³ sowie ein Stundengrenzwert von 200 µg/m³, der nicht mehr als 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden darf (1) Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, zur Einhaltung dieser Grenzwerte Luftreinhaltepläne und Aktionspläne aufzustellen.
Keine Verpflichtung zur Einrichtung einer Umweltzone
Umweltzonen sind demnach unter bestimmten Voraussetzungen neben einer Vielzahl anderer Maßnahmen ein zulässiges Instrument, es besteht aber keine Verpflichtung zur Einführung. Dies wird auch klar, wenn man die Maßnahmenpakete anderer EU-Staaten betrachtet. Fahrverbotszonen dergestalt wie sie in Deutschland eingerichtet werden sollen, kennt man in anderen EU-Staaten nicht.
Welche Fahrzeuge wären betroffen?
Würden in der ersten Stufe nur diejenigen Fahrzeuge, die keine Plakette entsprechend der Kennzeichnungsverordnung des Bundes erhalten, mit einem Fahrverbot belegt, so wären davon lediglich ca. 2.700 PKW und ca. 1.000 LKW betroffen. Betroffen wären insbesondere solche Nutzfahrzeuge, die wenig genutzt werden bzw. eine geringe Laufleistung aufweisen. Dieses ist zum Beispiel der Fall bei Fahrzeugen im Zulieferverkehr, Fahrzeuge mit Spezialaufbauten oder Fahrzeuge, die nicht so häufig benötigt werden. Diese Fahrzeuge halten entsprechend länger, tragen aber gleichzeitig in deutlich geringerem Maß zu den in Bonn erbrachten Fahrleistungen bei. Würden von Fahrverboten auch Fahrzeuge mit roter Plakette erfasst, so träfe dies zusätzlich ca. 3.300 PKW und ca. 1.300 LKW. Ein noch strengeres Fahrverbot zusätzlich für Fahrzeuge mit gelber Plakette (hier in den meisten Fällen aber Nachrüstmöglichkeiten), würde noch einmal ca. 11.00 PKW und ca. 3.500 LKW erfassen (Gesamtbestand PKW: 148.599 PKW und 13.698 LKW in Bonn).
Wirkung von Umweltzonen auf die Luftreinhaltung
Nach den beispielsweise im Ruhrgebiet nach Einführung von Umweltzonen durchgeführten Untersuchungen sind die durch den Straßenverkehr eingebrachten Emissionen nur zu einem sehr geringen Anteil an der Gesamtbelastung beteiligt. Das bedeutet, dass die dort eingerichtete Umweltzone die Belastungssituation nur marginal, kaum nachweisbar verändert haben. Ähnliche Erfahrungswerte liegen aus der Nachbarstadt Köln vor. Zusätzlich verzerrend kommt die Gesamt-Emissionsentwicklung hinzu. So ist nach Angaben des Umweltbundesamtes davon auszugehen, dass je nach Partikelgröße bis zum Jahr 2020 eine Reduktion um 40 Prozent erfolgen wird.(2) Im Bereich des Straßenverkehrs bedeutet dieses, dass bereits vor dem Jahr 2010 die auspuffbedingten Emissionen in deutlich geringerem Maße zur Belastung in unseren Städten beitragen, als die durch Abrieb verursachte Feinstaubbelastung.(3) Durch die Einrichtung einer Umweltzone wird aber lediglich auf die emissionsbedingten Belastungen Einfluss genommen, da unterstellt werden muss, dass das Mobilitätsbedürfnis konstant bleibt.
Fazit
Die Einführung einer Umweltzone als großräumige, permanente Fahrverbotszone ist nicht verhältnismäßig und nicht zielführend. Sie schränkt die individuelle Mobilität der Gewerbebetreibenden und der Bürger deutlich ein und führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Deswegen sollten gleichrangig alle übrigen in der Luftreinhalteplanung aufgeführten Maßnahmen in Angriff genommen werden und laufend in ihrer Wirksamkeit beobachtet werden.
(1)EG-Richtlinie zur Luftreinhaltung 2008/50/EG – Anhang XI
(2)vgl. Bundesumweltamt Text 38/07
(3)vgl. Bundesumweltamt Text 38/07