Prüfsteine zur Kommunalwahl 2009
BEREICH STANDORTPOLITIK
1. Wirtschaftspolitik
Ein weiteres Ansteigen der Gewerbesteuerhebesätze ist zu vermeiden.
Begründung:
Die finanzielle Belastung der Wirtschaft mit Steuern und Abgaben ist in der Bundesrepublik Deutschland überverhältnismäßig. Jeder weitere Anstieg sollte daher vermieden werden. Die IHK setzt sich für stabile, sichere und nachhaltige kommunale Finanzierung ein, allerdings sollte dies über andere Wege, die von der Wirtschaft bereits vorgezeichnet wurden, betrieben werden. Hier ist ein kommunales Umdenken erforderlich. Darüber hinaus stehen die Kommunen im Kammerbezirk Bonn/Rhein-Sieg im Steuerwettbewerb mit rheinland-pfälzischen Kommunen. Die dortigen Gewerbesteuerhebesätze sind deutlich niedriger.
2. Kommunalabgaben
Es sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die kommunalen Abgaben für Wasser, Abwasser u.ä. abzudecken. Hierfür sind auch Kooperationen mit Nachbar-Kommunen anzustreben.
Begründung:
Vor dem Hintergrund steigender Rohstoffpreise muss alles versucht werden, die Belastung der Wirtschaft durch Abgaben der Kommunen zu begrenzen. Soweit erforderlich, müssen daher auch aus Gründen der Versorgungssicherheit Kooperationen mit Nachbar-Kommunen geprüft werden. Einer engeren Kooperationen dürfen keine sachfremden Argumente entgegen gehalten werden. Es geht nicht um die Frage der Sympathie, es geht um die Frage der Überlebensfähigkeit der nachhaltigen Versorgung der eigenen Bevölkerung bzw. Unternehmen.
3. Zurückhaltung bei der Re-Kommunalisierung der Abfallentsorgung
Begründung:
Abfall wird in der öffentlichen Meinung als öffentliches Gut stilisiert. Strafbares und wettbewerbswidriges Verhalten Einzelner in der Vergangenheit darf nicht länger als Grund dafür herangezogen werden, dass die Abfallentsorgung zunehmend rekommunalisiert wird. Vielmehr gilt es, Wettbewerb in der Abfallwirtschaft zu fördern, um dann eine Privatisierung umzusetzen.
4. World Conference Center Bonn
Zur nachhaltigen Förderung des World Conference Centers Bonn gehört nicht nur ein entsprechendes Marketing. Hierzu zählt vor allem auch eine vernünftige Anbindung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Begründung:
Das World Conference Center ist für internationale Kongresse ausgelegt. Die internationalen Besucher kommen entweder per Flugzeug oder per Bahn in die Region. In beiden Fällen ist das World Conference Center nur mittels Umsteigen auf der Schiene zu erreichen. Dies muss geändert werden. Wir fordern daher eine zügige Planung der Anbindung des World Conference Centers an den Schienenverkehr.
5. Festspielhaus Beethoven
Kein kleinkarierter kommunalpolitischer Streit über das Festspielhaus Beethoven.
Begründung:
Bonn braucht Beethoven, Bonn braucht das Festspielhaus Beethoven, will es Beethoven richtig umsetzen und nutzen. Drei Unternehmen schenken Bonn ein Festspielhaus. Es wäre absurd, dieses Geschenk zu zerreden, anstatt konkrete seriöse Planungen darüber zu erarbeiten, wie dieses Festspielhaus bespielt und die dabei entstehenden Kosten finanziert werden können.
6. Entwicklung der Bonner Innenstadt und der Stadtbezirke fördern
Begründung:
Die Bonner innere Stadt braucht einen "Masterplan". Im regionalen Wettbewerb der Kommunen bedarf es der sorgfältigen Planung. Offene Planungsthemen, wie Bahnhofs-Vorbebauung und Stadtwerkehaus bedürfen einer schnellen Umsetzung. Die Planung der Sparkasse KölnBonn am Friedensplatz mag als Beispiel dienen. Über den Masterplan innere Stadt darf jedoch die Entwicklung der Stadtbezirke Bad Godesberg, Beuel und Duisdorf nicht außer Acht gelassen werden. Wiederbelebung der Bad Godesberger Innenstadt, der Duisdorfer Einkaufsmeile sowie des Konrad-Adenauer-Platzes in Beuel sind aktuell anstehend drängende Themen.
7. Revitalisierung kleiner Ortskerne fördern
Begründung:
Die Städte und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises erfahren ein "Ausbluten" der Ortskerne vieler kleiner Teilorte. Zur Erhaltung der Lebensqualität in den Teilorten sind alle Möglichkeiten der Ansiedlung ortsnaher Versorger - Einzelhandel, Gastronomie - auszuschöpfen.
8. Abbau hochwertiger Bodenschätze ermöglichen
Begründung:
Die Region verfügt über wertvolle abbauwürdige Bodenschätze - hochreiner Quarzkies. Der Abbau dieser Bodenschätze in angemessenem Umfang, selbstverständlich verbunden mit einer Renaturierungsverpflichtung, sollte ermöglicht und nicht verhindert werden.
9. Profil der Region
Das Profil der Region sollte gestärkt und weiterentwickelt werden.
Begründung:
Im Wettbewerb der Regionen ist die Profilbildung und Weiterentwicklung ein zentraler Aspekt. Bonn muss sein Alleinstellungsmerkmal als Bundesstadt, als Beethovenstadt und als UN-Stadt hervorheben. Die Region Bonn/Rhein-Sieg ist als Wirtschafts- und Wissenschaftsregion mit hohem Kultur- und Freizeitwert bekannt. Zur Stärkung des Gebiets gilt es, den Tourismus und das Kongresswesen zu stärken und die regionalen Besonderheiten hervorzuheben.
10. Schnelle Umsetzung des Konjunkturprogramms II der Bundesregierung
Begründung:
Das Konjunkturprogramm II der Bundesregierung soll vor allem der heimischen mittelständischen Wirtschaft nutzen und damit Chancen in der Wirtschaftskrise ermöglichen. Dafür muss das Programm schnell umgesetzt werden, die Räte müssen die erforderlichen Beschlüsse fassen, bei Ausschreibungen sind die vorgesehenen Möglichkeiten auszuschöpfen.
11. Breitbandversorgung in der Region komplettieren
Begründung:
Das Konjunkturprogramm II ermöglicht Investitionen auch in die Breitbandversorgung für schnelles DSL. Hieran fehlt es vor allem in kommunalen Randbereichen im ländlichen Raum.
12. Ein einheitlicher Ansprechpartner für die Region Bonn/Rhein-Sieg
Begründung:
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie fordert bis zum 31.12.2009 die Benennung sog. einheitlicher Ansprechpartner. Der nordrhein-westfälische Gesetzentwurf sieht die Möglichkeit für bis zu 18 einheitlichen Ansprechpartnern in Nordrhein-Westfalen vor. Allerdings müssen sich die Gebietskörperschaften (Kreise und Städte) darauf einigen, wer von ihnen als einheitlicher Ansprechpartner fungieren will. Die Region Bonn/Rhein-Sieg braucht einen einheitlichen Ansprechpartner. Die Bundesstadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis sollten sich daher auf einen einheitlichen Ansprechpartner einigen, dessen Aufgabe in erster Linie die Vermittlung eingehender Anfragen an die zuständigen Stellen ist.
13. Existenzgründungen aus dem Hochschulbereich fördern
Begründung:
Die Region verfügt über eine exzellente Wissenschaftslandschaft. Es gilt, Existenzgründungen aus den Wissenschaftseinrichtungen verstärkt zu fördern. Ein Gründer- und Technologiezentrum in Anbindung an eine Forschungseinrichtung (vgl. Ziff.18) kann hier Abhilfe schaffen. Die Kommunalpolitik ist gefordert, Existenzgründungen auch aus dem Hochschulbereich mit allen Mitteln zu unterstützen, um die Region zukunftsfest zu machen.
Bereich Verkehr
14. Verkehrsträger Straße
Die West- Ost- Achsen sind zu verstärken.
Begründung:
Die Stadt Bonn verfügt über keinen geschlossenen Autobahnring. Insbesondere im südlichen Bereich ergibt sich zwischen A 565, A 562 (Südbrücke) und A 3 eine Lücke. Linksrheinisch ist deshalb entweder eine direkte Verbindung von der A 565 zum ehemaligen Regierungsviertel bzw. zur A 562 oder eine Untertunnelung der Reuterstraße notwendig. Rechtsrheinisch ist der sog. Ennertaufstieg ein geeignetes Projekt oder andere Trassenführungen, die einen direkten Zugang zur A 3 ermöglichen. Im nördlichen Bereich Bonns stößt die A 565 an ihre Kapazitätsgrenzen. Notwendig ist hier eine Aufweitung von vier auf sechs Fahrspuren, und zwar von Bonn-Lengsdorf bis zur Nordbrücke.
Notwendig ist außerdem eine Aufweitung der B 56 zwischen Bonn-Beuel und Sankt Augustin-Hangelar von zwei auf vier Fahrspuren. Zur Reduzierung der Umweltbelastung sind weitere Maßnahmen erforderlich. Dazu zählt insbesondere das Bemühen, Berufspendler verstärkt zur Nutzung des ÖNV zu gewinnen. Die Einrichtung von Umweltzonen ist bereits wegen der negativen Kostennutzenbilanz abzulehnen.
15. Verkehrsträger Schiene
Eine Ausweitung des Angebotes auf der Schiene sowie eine Verstärkung der Lärmsanierungsmaßnahmen sind notwendig.
Begründung:
Rechtsrheinisch verfügt die Stadt Bonn bereits heute durch Regionalzüge über eine direkte Schienenverbindung zum Flughafen Köln/Bonn. Erforderlich ist zusätzlich eine Bahnverbindung vom linksrheinischen Teil Bonns, insbesondere dem ehemaligen Regierungsviertel zum Airport. Möglich ist dies durch eine entsprechende Verlängerung der S 13. Durch die weitere Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene entstehen im Rheintal Zielkonflikte zwischen einer Förderung umweltfreundlicher Transporte einerseits und dem weiteren Ausbau der Rheinregion zur touristischen Destination andererseits. Lärmsanierungsmaßnahmen sind deshalb dringend notwendig. Lärmminderungen sind technisch durch passiven Schallschutz, durch Modernisierung des Gleiskörperunterbaus sowie durch Modernisierung des sog. rollenden Guts möglich.
16. Verkehrsträger Binnenschifffahrt
Der Ausbau des Bonner Hafens und die Verdoppelung der Lager- bzw. Umschlagskapazitäten sind notwendige Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt.
Begründung:
Die überdurchschnittlich exportorientierte Wirtschaftsregion Bonn/Rhein-Sieg hat mit dem Bonner Hafen Graurheindorf ein leistungsstarkes Gate-Way zu den Überseehäfen Rotterdam und Antwerpen. Das starke Wachstum im Containerumschlag erfordert einen weiteren Ausbau des Bonner Hafens und eine Verdoppelung der Lager- bzw. Umschlagskapazitäten.
17. Verkehrsträger Luftfahrt
Am Flughafen Köln/Bonn muss der 24-Studen-Betrieb beibehalten werden.
Begründung:
Der Flughafen Köln/Bonn hat für den Wirtschaftsstandort Bonn/Rhein-Sieg sowohl als Passagier- als auch als Frachtflughafen eine hohe Bedeutung. Insbesondere das am Flughafen installierte Frachtdrehkreuz erfordert einen 24-Stunden-Betrieb. Nachtflug am Flughafen Köln/Bonn muss deshalb auch künftig gesichert sein.
BEREICH INDUSTRIE/ INNOVATION
18. Gründer- und Technologiezentrum Bonn (GTB)
Begründung:
Das einzige in Bonn vorhandene Gründerzentrum "Alter Schlachthof" wird, wie mehrjährige Erfahrungen zeigen, von technologieorientierten Gründern aus unterschiedlichen Gründen als Standort abgelehnt. Im Vordergrund stehen hierbei die wenig attraktive Lage, der Zustand der Räumlichkeiten sowie oftmals das Umfeld an Nachbarfirmen. Deshalb gehen viele für die Region wichtige Technologie-Gründer der Stadt Bonn verloren, z.B. an den Rhein-Sieg-Kreis und was schwerer wiegt, an Nachbarregionen, die ein entsprechendes Angebot vorhalten, wie beispielsweise Köln, Bergisch-Gladbach oder Aachen. Als Ergänzung zur Ausgründungsplattform bei caesar, die nur einem ausgewählten Kreis von High-Tech-Gründern zur Verfügung steht, sollte zur nachhaltigen Förderung von technologieorientierten Unternehmensgründungen (TOU) in Bonn ein Gründer- und Technologiezentrum (GTB) eingerichtet werden, das an eine der bestehenden Wissenschaftseinrichtungen angebunden ist und dadurch einen problemlosen Wissenstransfer ermöglicht. Es soll über eine adäquate Infrastruktur mit einem flexiblen Raumangebot an Werkstatt-, Büro- und insbesondere Laborflächen ausgestattet sein und auch über notwendige Servicedienste verfügen.
BEREICH AUS- UND WEITERBILDUNG
19. Übergangsmanagement in der Region Bonn/Rhein-Sieg
Regionales Portfolio zum Übergang von Kindergarten - Schule, Schule - Ausbildung - Erwerbsleben, Wiedereinstieg und älter werdender Gesellschaft muss geschaffen werden
Begründung:
Übergangsmanagement in der Region Bonn/Rhein-Sieg Beschäftigungsfähigkeit und qualifizierte Mitarbeiter sind der wichtigste Standortvorteil einer Region. Trotz eines verzögerten Beginns beim Rückgang der Schulabgänger ist bereits heute ein Mangel an Facharbeitern in der Region Bonn/Rhein-Sieg messbar.
Nur 30 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland nehmen an betrieblicher Weiterbildung teil. In Frankreich, Schweden, Spanien und Großbritannien sind es bereits 33 bis 46 Prozent. Wir brauchen daher Strukturen, die Beschäftigte und zukünftige Beschäftigte fit für künftige Aufgaben machen.
Die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis haben mit weiteren Partnern - so auch der IHK Bonn/Rhein-Sieg - eine gemeinsame Grundsatzvereinbarung zum Übergangsmanagement "Schule - Ausbildung - Erwerbsleben" getroffen. Dieser Ansatz muss weiter mit Inhalten gefüllt werden und zu einer messbaren Verminderung der Jugendlichen in sogenannten "Warteschleifen" führen. Auch die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze muss deutlich sinken.
Um bei diesen Übergängen Reibungsverluste für die Unternehmen und Individuen zu vermeiden, muss der drohende demografische Wandel die Antriebskraft der Modellentwicklung sein.
Wir sehen daher die Notwendigkeit eines einheitlichen regionalen Bildungscontrollings mit dem Ziel, die Übergänge:
- Kindergarten - Schule
- Schule - Ausbildung - Erwerbsleben
- Wiedereinstieg und
- älter werdende Gesellschaft zum Wohl der Region, der Wirtschaft und damit ihrer Bewohner zu verbessern.
Die zu entwickelnden Modelle sollen sowohl vorhandene zivilgesellschaftliche Elemente - wie z.B. den Verein LerNet Bonn/Rhein-Sieg - als auch staatliche Konzepte zum Lebenslangen Lernen in lokale formelle und informelle Strukturen bringen.
Wir erwarten daher die Schaffung und den Ausbau nachhaltiger Strukturen und ein regionales Portfolio für unterschiedliche Übergangsvarianten.