„Für die Jugendlichen, die bisher noch keine Lehrstelle gefunden haben, sind die Chancen auf eine Ausbildung weiterhin gut“, so Giersch. „Zahlreiche Unternehmen beginnen erst nach den Sommerferien mit der Ausbildung. Viele Lehrstellen werden deshalb erst in den nächsten Tagen besetzt“. Es seien noch viele interessante Stellen im Angebot. Allein in der IHK-Ausbildungsplatzbörse fänden sich noch mehr als 230 offene Lehrstellen in rund 60 Berufen, die sofort zu besetzen seien. „Wir werden unser Versprechen halten,“ so Giersch, „jedem Jugendlichen, der ausbildungswillig und –fähig ist, bis Ende des Jahres eine Chance auf Ausbildung anzubieten.“
4.500 Betriebsbesuche
Die IHK engagiert sich in diesem Jahr mit besonders viel Zeit und Einsatz dafür, Unternehmen für die Ausbildung zu gewinnen, die bisher nicht ausbilden. „Bis jetzt haben wir schon 3.000 Betriebe besucht und dort in persönlichen Gesprächen für mehr Ausbildung geworben“ so Giersch. „Auf diese Weise konnten wir bereits mehr als 200 Unternehmen dafür gewinnen, erstmals oder nach längerer Pause wieder einen oder mehrere Ausbildungsplätze anzubieten. Bis Ende des Jahres werden weitere rund 1.500 Betriebsbesuche folgen.“
Viele Bewerber sind nur bedingt ausbildungsfähig
Das größte Ausbildungshemmnis ist nach wie vor die mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen. Die mangelnde Ausbildungsreife ist besonders in jenen Branchen ein Problem, in denen es nicht genügend Bewerbungen von leistungsstärkeren Schulabgängern gibt. So klagen nahezu zwei Drittel aller Unternehmen aus dem Gastgewerbe, zunehmend aber auch aus dem Handel, über die Bewerberqualität. Nach Einschätzung der IHK ist jeder siebte Jugendliche heute nicht in der Lage, eine berufliche Ausbildung erfolgreich abzuschließen, in der letzten PISA-Studie war sogar von jedem vierten die Rede.
Mittlerweile häufen sich die Stimmen vor allem bei Großbetrieben, obwohl diese im allgemeinen auch für viele leistungsstärkere Jugendliche attraktiv sind. 63 Prozent dieser Betriebe nennen die mangelnde Ausbildungsreife als Ausbildungshemmnis. Bei den Kleinbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten sind es dagegen 37 Prozent, bei den Unternehmen mit zehn bis zwanzig Beschäftigten 47 Prozent. Giersch: „Die Qualitätsoffensive an unseren Schulen muss daher forciert fortgesetzt werden. Die Stichworte heißen: Drittes Kindergartenjahr zum Vorschuljahr entwickeln, frühere Einschulung, mehr Unterrichtsstunden in der Grundschule, Schüler durch mehr Ganztagsangebote stärker fördern und fordern, mehr Freiraum für die Schulen, mehr Wettbewerb zwischen ihnen. Nur dadurch wird es uns gelingen, mittelfristig die Jugendlichen besser für ihre Aufgaben im Berufsleben vorzubereiten.“
Höhere Flexibilität bei Lehrlingsvergütungen
Eine höhere Flexibilität bei den Lehrlingsvergütungen und eine effizientere Ausbildungsgestaltung könnten nach Ansicht der IHK zusätzlich dazu beitragen, die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe weiter zu erhöhen. „Bei unseren Besuchen,“ so Giersch „wird neben dem Wust an gesetzlichen Vorschriften häufig die relativ hohe Ausbildungsvergütung als Hemmnis genannt – vor allem von Unternehmen, die sich in einer schwierigen Wirtschafts- und Ertragslage befinden.“ Die Tarifparteien seien gefordert, den tarifrechtlichen Rahmen so zu ändern, dass ein deutlich höheres Maß an Flexibilität und Differenzierung erreicht werde. „Viele Unternehmen“, so Giersch, „wären dann wohl bereit und in der Lage, zusätzlich auszubilden.