Heilbronn müsse auch in Zukunft seinen Aufgaben als Oberzentrum der Region Heilbronn-Franken gerecht werden können. Hier-für sei aber ein leistungsfähiges Hauptstraßennetz, das vom Wirtschaftsverkehr uneingeschränkt genutzt werden könne, unabdingbar. Die drohenden Fahrverbote in der Umweltzone würden die Heilbronner Wirtschaft in vielerlei Hinsicht treffen. „Viele Bauunternehmen und Handwerksbetriebe können mit ihrem Fahrzeugbestand innerhalb der Umweltzone keine Aufträge mehr ausführen“, erklärte HWK-Geschäftsführer Toni Gmyrek bei Vorstellung des Gutachtens gegenüber der Presse. IHK-Hauptgeschäftsführer Heinrich Metzger ergänzte: „Gleichzeitig müsse vor allem der städtische Einzelhandel mit dem Abwandern von Kunden rechnen.“ Absurd werde es, wenn man sich vorstelle, dass etwa Geschäftsleute aus dem benachbarten Ausland ihr Auto an der Stadtgrenze abstellen müssen, weil ihr Fahrzeug keine Feinstaubplakette besitzt.
Arbeitnehmer oder Studenten und Berufsschüler, alle stünden vor demselben Problem. Wie mit dem Auto zum Arbeitsplatz oder nach Hause kommen, wenn man sich kein neues Fahrzeug oder die Nachrüstung des alten leisten könne?
Beide Wirtschaftskammern verkennen nicht, dass es sicher – allerdings bürokratieträchtige – Ausnahmegenehmigungen geben werde. „Für den Fall einer im Sinne der Wirtschaft zu großzügigen Ausnahmeregelungspraxis steht zu befürchten, dass sie zügig unterbunden wird“, zeigt sich Metzger überzeugt. Bemerkenswerterweise hätte sich die öffentliche Hand selbst großzügige und pauschale Ausnahmeregelungen für ihre Spezialfahrzeuge von der Feuerwehr bis zur Straßenreinigung verordnet, von denen selbstverständlich auch aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Militärfahrzeuge noch profitierten. „Dass der Staat den Unternehmen zumutet, was er für sich selbst als unzumutbar erachtet, dürfte nicht gerade zur Akzeptanz der drohenden Fahrverbote beitragen“, stellt er fest.
Bei aller Kritik sei den Heilbronner Wirtschaftskammern bewusst, dass die grundsätzliche Verantwortung für die Luftqualitätsrichtlinien und deren Umsetzung bei der Europäischen Union und der Bundesregierung zu suchen sei.
„Wir erwarten aber von der mit der konkreten Umsetzung vor Ort beauftragten Landes- und Stadtverwaltung, dass massive und die Wirtschaft beeinträchtigende Maßnahmen wie Fahrverbote und die Einrichtung von Umweltzonen nicht getroffen werden, wenn deren Wirksamkeit für die Verbesserung der örtlichen Luftqualität gar nicht erwiesen ist“, so Gmyrek. Wenn solche massiven Maßnahmen im endgültigen Aktionsplan wider besseren Wissens festgelegt werden sollten, sei dies nichts anderes als purer Aktionismus. Denn nach allen Expertenmeinungen wird die reguläre Erneuerung des Fahrzeugbestandes Umweltzonen schon in wenigen Jahren in der ganzen Bundesrepublik ohnehin entbehrlich werden lassen.
Von einem Fahrverbot wären laut Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes von den derzeit im Stadtkreis Heilbronn zugelassenen 67.126 PKWs 3.133 Fahrzeuge (4,7 Prozent) betroffen. Von den 4.743 zugelassenen Nutzfahrzeugen dürften 1.224 bei diesem Fahrverbot nicht fahren. Dies entspricht einem Anteil von 25,8 Prozent aller zugelassenen Nutzfahrzeuge. Insgesamt sind damit von den Fahrverboten 6,1 Prozent aller in Heilbronn zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen.
Die Fahrverbote für diese Fahrzeuge könnten die Immissionen von Feinstaub nach dem Gutachten des Stuttgarter Anwalts und ehemaligen Ministerialdirektors des Umweltministeriums, Dr. Armin Wirsing, insgesamt um gerade einmal 0,81 Prozent senken und besitzen damit eine äußerst geringe immissionsmindernde Wirkung. Mit Verweis auf das Gutachten eines Ingenieurbüros in einem ähnlichen Fall zur Stadt Ludwigsburg aus dem Jahr 2006 sieht Wirsing auch beim Luftschadstoff Stickstoffdioxid keine Verbesserungspotenziale durch die Fahrverbote. Allein durch die reguläre Erneuerung der Fahrzeugflotte aber sei im Jahr 2012 von einer Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen in der Größenordnung von 10 bis 12 Prozent auszugehen.
Für die Heranziehung von Emittenten bzw. Emittentengruppen zur Durchführung von Maßnahmen eines Luftreinhalteplans bzw. eines Aktionsplans sei aber deren Immissionsbeitrag entscheidend. Es sei allerdings nicht rechtens, wie im Falle Heilbronns, Emittentengruppen, deren Immissionsbeitrag unter der vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen Irrelevanzschwelle von 1 Prozent liege, für die Durchführung von Maßnahmen heranzuziehen. Damit sei die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nicht gewahrt; auch lägen keine Wirkungsprognosen für die einzelnen Maßnahmen des geplanten Luftreinhalteplans vor. Damit verstießen die geplanten Fahrverbote nach derzeitigem Sach- und Kenntnisstand – da ungeeignet – gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Umsetzung der Fahrverbote sei daher aus heutiger Sicht sogar rechtswidrig.
Die beiden Wirtschaftskammern weisen deshalb in ihrer Stellungnahme das Regierungspräsidium darauf hin, dass die derzeitige Planung im Falle ihrer Umsetzung einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nicht standhalten werde.
„Im Gesamtinteresse der uns allein im Stadtkreis Heilbronn zugehörigen 8.800 gewerblichen Unternehmen fordern und erwarten wir vom Regierungspräsidium Stuttgart als höherer Verwaltungsbehörde den das Verwaltungsrecht prägenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und davon abzusehen, in weiten Teilen des Stadtgebietes von Heilbronn eine Umweltzone mit ganzjährigen Fahrverboten einzuführen“, so die Kammern.
Noch bis 16. Mai können gegenüber dem Regierungspräsidium Stellungnahmen zu den geplanten Luftreinhalteaktionsplänen gemacht werden. Der endgültige Luftreinhalte- und Aktionsplan für Heilbronn soll dann im Sommer fertiggestellt und in Kraft gesetzt werden.
Diese Medien-Info kann auch per Internet unter www.heilbronn.ihk.de/... sowie unter www.hwk-heilbronn.de/Presse abgerufen werden.