Carola Schaar, Präsidentin der IHK Halle-Dessau, betonte: "Die gute Konjunktur führt offenbar die Politik in Versuchung. Gegenwärtig ist zu viel von Umverteilung die Rede und zu wenig davon, wie wir die aktuelle Stärke nutzen können, um das Erreichte zu sichern und weiter auszubauen. Die Quelle unseres Wohlstands sind Unternehmen. Wenn diese Quelle weiter sprudeln soll, dann sind wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen das Gebot der Stunde." Befragt nach den größten Risiken, nannten mit 57 Prozent die meisten Unternehmen steigende Energie- und Rohstoffpreise. "Die völlig aus dem Ruder gelaufene Energiewende bedroht die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen. Hier muss entschlossen gehandelt werden", so Schaar. Als zweitwichtigstes konkretes Risiko wurde der Arbeitsmarkt genannt: Je 41 Prozent der Unternehmen fürchten den Fachkräftemangel bzw. steigende Arbeitskosten. "Arbeitslosigkeit bei Geringqualifizierten und zugleich Fachkräftemangel bei speziellen Qualifikationen, das ist unser Doppelproblem. Und dagegen helfen nur mehr und bessere Bildung und Ausbildung, nicht aber staatliche Lohndiktate und Frühverrentungsprogramme", so Schaar.
Empfehlungen gab es auch an die Adresse der Landespolitik. "Manche Erfolgsmeldung aus der Politik steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Realität in den Betrieben", konstatierte der Präsident der IHK Magdeburg, Klaus Olbricht. Als Beispiel nannte er die vor wenigen Tagen vom Wirtschaftsministerium vorgelegte Bilanz zur Wirtschaftsförderung im Jahr 2013, laut der trotz geringerer Investitionsförderung deutlich mehr Arbeitsplätze gefördert worden seien. "Bei aller berechtigten Anerkennung sind auch deutlich weniger Firmen gefördert worden als noch vor einigen Jahren", bilanzierte der Präsident. Eine Ursache für die rückläufigen Anträge seien die komplizierten Förderbedingungen. Deshalb solle das umständliche Bonussystem durch möglichst wenige, einfache und klare Regeln ersetzt werden. Die Maßgabe, den Fokus auf die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze zu verengen, sei nicht mehr zeitgemäß. Angesichts demografischer Engpässe und Fachkräftemangel drohe manchen Unternehmen dadurch ein faktischer Ausschluss von der Förderung. "Wir würden uns wünschen, dass auch bei geringerem Beschäftigungsaufbau oder Erhalt des Status Quo sinnvolle Erweiterungsinvestitionen grundsätzlich förderfähig sind", erklärte der Präsident. Korrekturbedarf sehen die Industrie- und Handelskammern auch bei der neuen Regionalen Innovationsstrategie (RIS) des Landes, die auf fünf sogenannte "Leitmärkte" abstellt. "Es ist nicht zielführend, innovative Ansätze von der Förderung auszuschließen, nur weil sie in einer Branche stattfinden, die nicht zuvor mit dem Etikett 'Leitmarkt' versehen wurde", so Olbricht.
Ausdrücklich begrüßt wird von den Kammern die geplante Bundesratsinitiative der sächsischen Landesregierung zur Rücknahme der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge. "Wir möchten unsere Landesregierung ermuntern, den Vorstoß der sächsischen Kollegen im Bundesrat zu unterstützen. Denn so könnte die einmalige Zusatzbelastung der Betriebe rückgängig gemacht und die überflüssige Bürokratie beseitigt werden, die mit der Vorabschätzung und nachträglichen Korrektur der Beiträge verbunden ist", erklärten Präsidentin Schaar und Präsident Olbricht.
Hintergrund: Die Landesarbeitsgemeinschaft der beiden Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt (LAG) besteht seit 1997 und vertritt die Interessen von über 100.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die Landesarbeitsgemeinschaft führt Umfragen unter ihren Mitgliedsunternehmen durch, erarbeitet fachliche Stellungnahmen und vertritt das Gesamtinteresse der Unternehmen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit.