Insgesamt ist die Automobilwirtschaft in Ostwürttemberg für rund 1,8 Milliarden Euro Bruttowertschöpfungverantwortlich. Damit hat sie einen Anteil von 10,8 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung der Region. 21.500 Erwerbstätige (9,0 Prozent aller Erwerbstätigen) sind in dieser Branche beschäftigt. Im produktionsnahen Bereich, der besonders vom automobilen Wandel betroffen ist, arbeiten rund 10.350 Beschäftigte. Von der traditionellen Antriebstechnik (Verbrenner-Technologie) sind nur etwas mehr als 1.600 Beschäftigte betroffen. Das sind 0,9 Prozent der Beschäftigten. Damit liegt die Region leicht über dem Bundesdurchschnitt von 0,8 Prozent. Im Ostalbkreis liegt der Anteil bei 1,2 Prozent und in Heidenheim bei nur 0,2 Prozent. In den drei Chancenfeldern der Elektrifizierung des Antriebsstrangs, der Automatisierung von Fahrzeugen (Stichwort: autonomes Fahren) und der Vernetzung von Fahrzeugen sind in der Region Ostwürttemberg etwa 365 der 10.350 Personen beschäftigt. Das ist ein Anteil von 0,2 Prozent aller Beschäftigten. Damit liegt Region Ostwürttemberg unter dem Bundesdurchschnitt von 0,4 Prozent.
Transformation aktiv mitgestalten
Diese Fakten zeigen, dass es extrem wichtig ist, dass der automobile Wandel in der Region aktiv mitgestaltet werden muss. Dabei hilft der Region die Förderung des Transformationsnetzwerkes Ostwürttemberg durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Das Netzwerk ist dabei eng in die Offensive „Zukunft Ostwürttemberg“ eingebunden.
Wachstumspotenziale vorhanden
Im Zuge von Elektrifizierung und Digitalisierung werden sich auch „sonstige Systeme“ wie Karosserie, Licht, oder Interieur verändern. In der Region Ostwürttemberg sind in diesem Bereich relativ viele Unternehmen ansässig. Von den 10.350 Beschäftigten lassen sich 81 Prozent den sonstigen Systemen zuordnen. Bundesweit liegt dieser Anteil lediglich bei 68 Prozent. Die Studie von IW Consult hebt hervor, dass diese Komponenten große Chancen für die Realisierung von Wachstumspotenzialen im Rahmen des automobilen Wandels bieten, da sich u.a. die automobile Architektur verändert, indem bspw. neue Anforderungen an das Fahrwerk oder an das Lichtkonzept im Auto bei autonomem Fahren gestellt werden. Darüber hinaus haben viele Automobilzulieferer Kompetenzen, welche die Chance bieten, in Non-Automotive-Branchen neue Märkte zu erschließen. Ein Schwerpunkt des Transformationsnetzwerkes Ostwürttemberg ist daher auch die Initiierung von Unternehmens- und Forschungsverbünden. Parallel müssen neue Mobilitätstrends genau im Blick behalten und Geschäftsmodelle laufend evaluiert und ggf. angepasst werden. In den nächsten Monaten wird gemeinsam mit den Partnern und interessierten Unternehmen eine regionale Transformationsstrategie erarbeitet.
Standortfaktoren verbessern – Stärken ausbauen
Für die Zukunft der Region Ostwürttemberg sind Fachkräfte und gute Rahmenbedingungen wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit der Region Die Studie im Auftrag des Transformationsnetzwerkes Ostwürttemberg verdeutlicht, dass zu den Standortvorteilen die starken Hochschulen und die aktuell hohe Steuerkraft gehören. Die Region punktet zudem mit ihrem hohen Anteil an naturnäheren Flächen sowie durch eine große Anzahl an Baugenehmigungen und einer hohen Bauaktivität, da 30-50 jährige in die Region ziehen. Zudem profitieren beide Landkreise von ihrer räumlichen Nähe zu Stuttgart. Potenziale hat die Region in der Anhebung der Akademikerquote, die im Vergleich zum baden-württembergischen Durchschnitt gering ist. Zudem gibt es Nachholbedarfe im Bereich der digitalen Infrastruktur: Nur 73 Prozent der Haushalte haben Zugang zu 200 Mbit/s oder mehr (vgl. Baden-Württemberg: 81 Prozent). Lediglich jedes zweite Unternehmen ist mit der Leistungsfähigkeit der leitungsgebundenen Netze zufrieden. Hierauf sollte ein besonderes Augenmerk gelegt werden, weil digitale Prozesse und Geschäftsmodelle, die eine hochleistungsfähige digitale Infrastruktur benötigen, immer stärker in der Automobilindustrie an Bedeutung gewinnen.
Durch den technologischen Wandel ergeben sich neue Möglichkeiten für die Gestaltung einer bedarfsgerechten kommunalen Infrastruktur. Die Transformation der Kommunen ist ebenfalls wichtiges Handlungsfeld für das Transformationsnetzwerk Ostwürttemberg für das die WiRO verantwortlich zeichnet. Als Klammer zwischen Wirtschaft und Kommunen sollen im Rahmen von Transformationswerkstätten Bedarfe auf beiden Seiten ermitteln und Konzepte zur Verbesserung der Standortbedingungen in Ostwürttemberg geschaffen werden. Hier findet auch eine enge Verknüpfung zur strategischen Neuausrichtung des Standortmarketing im Rahmen der Offensive Zukunft Ostwürttemberg statt.
Im Bereich der Fachkräftesicherung hebt IW Consult die Bedeutung von regionalen Initiativen hervor. Mit der Offensive Zukunft Ostwürttemberg und dem Querschnittsziel „Beschäftigung und Qualifizierung“ verfügt die Region bereits über ein starkes Bündnis, das konkrete Maßnahmen und Projekte für Unternehmen umsetzt, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Digitalisierung – Forschung - Qualifizierung
Die Unternehmen der Region liegen im Bereich der „Industrie 4.0 Readiness“ (Cloudcomputing, 3D-Druck, extended reality) im baden-württembergischen Durchschnitt. Aufgrund der industriellen Prägung Ostwürttembergs muss dort gezielt angesetzt werden. Hinzu kommt, dass mehr als ein Drittel der automotive-geprägten Unternehmen die größte Chance im automobilen Wandel darin begründet sehen, dass interne Prozesse digitalisiert werden. Das Transformationsnetzwerk Ostwürttemberg hilft gezielt bei der Vermittlung von Förderprogrammen wie z.B. dem Beratungsgutschein „Transformation Automobilwirtschaft“, mit dem KMU einen niederschwelligen Zugang zu strategischen Beratungsangeboten erhalten. Auch das Digitalisierungszentrum Ostwürttemberg steht Unternehmen mit einem breiten Angebot zur Seite.
Beide Landkreise profitieren zudem von vielen familiengeführten, großen mittelständischen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten. Diese Unternehmen stabilisieren die Region, weil sie oftmals resilient und zukunftsorientiert wirtschaften, relativ hohe Eigenkapitalquoten haben, Auszubildende an die Region binden und eng in die bestehenden Akteursnetzwerke vor Ort eingebunden sind.
Gut stehen Unternehmen der Region ebenfalls im Bereich Forschung und Entwicklung dar – ein wichtiger Faktor, der dabei hilft, einzuschätzen, wie innovativ die Unternehmen einer Region arbeiten. Die 36,5 Patentanmeldungen je 10.000 Beschäftigte spiegeln die hohe Forschungs- und Entwicklungsintensität in der Region wider.
Um die Zukunftsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu erhalten, liegt ein Schwerpunkt des Transformationsnetzwerkes auf der Qualifizierung von Beschäftigten. Nur mit gut qualifiziertem Personal können Unternehmen die Herausforderungen der Transformation in Chancen verwandeln. Der Schwerpunkt des Bildungswerkes der baden-württembergischen Wirtschaft e.V. liegt deshalb auf der Ermittlung von Qualifizierungsbedarfen und dem Erstellen und Vermitteln von kostenlosen Qualifizierungsangeboten für Beschäftigte.
Wirtschaftswachstum wird durch Netzwerk- und Clusteraktivitäten unterstützt, da durch das Zusammenkommen der Akteure neue Innovationsimpulse gesetzt werden können. IW Consult hebt unter anderem das Innovationscluster für optische Technologien in Aalen, diverse EurA-Netzwerke in den Bereichen Mobilität und Maschinenbau, die Offensive Zukunft Ostwürttemberg oder den Technologietransfer über die örtlichen Hochschulen hervor. Damit auch in Unternehmen weiter neue Synergien und Kooperationsprojekte entstehen können, fokussiert sich die IG Metall im Rahmen des Transformationsnetzwerkes u.a. auf die regionalen Betriebsräte und unterstützt diese durch gezielte Impulse im Zuge der Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretungen. Denn nur wenn die Menschen beteiligt werden, kann die Transformation im Unternehmen gelingen.
Handlungsfelder für die Zukunft
IW Consult rät den Verantwortlichen die digitale Transformation weiter zu forcieren. So ermöglicht der Einsatz digitaler Technologien in der Produktion Effizienzgewinne, Produktivitätssprünge und neue datenbasierte Geschäftsmodelle. Enorme Potenziale bietet auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz. Chancen liegen für viele Unternehmen im Segment der „Sonstigen Systeme“. Die Veränderung der automobilen Architektur verändert beispielsweise die Anforderungen ans Fahrwerk oder an das Lichtkonzept im Auto. Dabei sollte Ostwürttemberg die Chancen neuer Kooperationen nutzen. Hier bieten sich aufgrund der regionalen Nähe die leistungsstarken Innovationsökosysteme der Region Stuttgart an. Ebenso gilt es die Diversifizierung in andere Branchen zu unterstützen. Hier wird das Transformationsnetzwerk Ostwürttemberg Formate für einen branchenübergreifenden Austausch aufbauen. Dazu gehört auch der Transformations- und Zukunftskongress der Region als hochkarätiges Vernetzungsformat. Wichtiges Handlungsfeld sind die infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Diese reichen von der kabelgebundenen und mobilen Dateninfrastruktur, über die Schul- und Kita-Betreuungsqualität bis hin zu guten Straßen und Schienenanbindungen. Initiativen zur Fachkräftesicherung, die es in der Region bereits gibt, gilt es weiter auszubauen.
Das Transformationsnetzwerk Ostwürttemberg wird durch die IHK Ostwürttemberg, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Ostwürttemberg, dass Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V. und der IG Metall Aalen, Heidenheim und Schwäbisch Gmünd getragen. Interessierte Betriebe oder auch Betriebsräte/-innen können sich jederzeit individuell beraten lassen. Alle Infos unter: www.transform.ow.de