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Blick in die IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2023

Geschäftslage noch zufriedenstellend – Risiken hoch, fehlende Nachfrage und Fachkräfte sowie hohe Preise bremsen

(PresseBox) (Heidenheim, )
Im IHK-Bezirk Ostwürttemberg hat sich das konjunkturelle Stimmungsbild gegenüber den Vormonaten verschlechtert. 30 % der Unternehmen beschreiben ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut", 42 % mit „befriedigend“. Mehr als jedes vierte Unternehmen bewertet die aktuelle Lage mit „schlecht“. Ein Blick auf die Geschäftserwartung zeigt, dass sich diese im Vergleich zum Frühsommer 2023 zwar weiter verschlechtert hat. Dennoch gehen mehr als die Hälfte der Unternehmen von einer „gleich bleibenden“ Lage aus, 14 % von einer zukünftigen Besserung.

Die aktuelle Verunsicherung bei den Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungswirtschaft ist weiterhin hoch. Die schwache Inlandsnachfrage, die Energie- und Rohstoffpreise sowie der Fachkräftemangel sind die drei Top-Risiken aus Sicht der Wirtschaft. Der rückläufige Welthandel und die Finanzierungskosten belasten die Unternehmen zusätzlich. Dies führt zu Investitionszurückhaltung wie auch ersten Warnzeichen am Arbeitsmarkt. Trotz Fachkräftemangel sehen 30% der Betriebe die Notwendigkeit eines Personalabbaus. 15 % der Unternehmen gehen wie zu Jahresbeginn von steigenden Beschäftigtenzahlen aus. Eine Mehrheit von 55 % geht von gleich bleibenden Beschäftigtenzahlen aus. „Wir rechnen daher weiter mit einem stabilen Arbeitsmarkt in der Region, der Fachkräftemangel bleibt dauerhaft das Top-Thema“, so Thilo Rentschler, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostwürttemberg.

Aktuell können fast 49 % der Unternehmen offene Stellen nicht besetzen. Gesucht wird über alle Qualifizierungsniveaus vom Akademiker, dualen Fachkräften bis hin zu An- und Ungelernten. Die Folge, 60 % der Unternehmen erwarten eine Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft, gefolgt von steigenden Arbeitskosten (56 %) und einem Verlust von Wettbewerbsfähigkeit (43 %) bzw. Innovationsfähigkeit (16 %).  Die Unternehmen setzen verstärkt auf die Ausbildung von Nachwuchskräften und weiten Weiterbildungsangebote aus. Jedes fünfte Unternehmen in Ostwürttemberg will auf den Fachkräftemangel mit einer Einstellung ausländischer Arbeits- und Fachkräfte reagieren. Hier wünschen sich die Unternehmen bei der Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungs-gesetzes eine Vereinfachung wie auch eine Beschleunigung der Verwaltungsverfahren. Auch das Thema ausreichender und bezahlbarer Wohnraum in Betriebsnähe wird wichtiger.

Ergebnisse im Überblick

Im Vergleich zum Frühsommer 2023 ist sowohl der Geschäftslageindikator als auch der Geschäftserwartungsindikator gefallen. Der Geschäftslageindikator verbleibt aber im positiven Bereich mit einem Wert von 2,7. In der Region beschreiben 30 % der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut", 42 % mit „befriedigend“.

Der Geschäftserwartungsindikator ist dagegen um 23,6 Punkte gefallen und weist wie zu Jahresbeginn 2023 einen negativen Wert (-21,4) auf. Die Verschiebung hin zu einer pessimistischen Erwartungshaltung im Vergleich zum Frühjahr ist auffällig: Nur 14 % der Betriebe gehen von einer Verbesserung der Geschäfte aus, während sich der Anteil der Betriebe, die eine Verschlechterung angeben, mehr als verdoppelt hat (36 %). Die Hälfte der Betriebe geht von gleichbleibenden Geschäften aus.

Bei rund 40 % der Betriebe Ostwürttembergs sind die Umsätze gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal gefallen. Bei jedem Fünften sind keine Änderungen zu verzeichnen. 40 % geben an, dass die Umsätze gestiegen sind. Der Blick in die Zukunft fällt vorsichtig aus. Mehr als die Hälfte der Unternehmen im Landkreis Heidenheim und ein Drittel der Unternehmen im Ostalbkreis gehen von gleich bleibenden Umsätzen aus. In Ostwürttemberg erwarten ein Viertel der Unternehmen steigende Umsätze. Umsatzrückgänge gaben 36 % an.

Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Risiken kommt es im Ranking zu einer Verschiebung: Die seit Herbst 2021 als Hauptrisiko angegebenen Energie- und Rohstoffpreise werden im Herbst 2023 abgelöst durch die Inlandsnachfrage. An dritter Stelle folgt der Fachkräftemangel. Der seit Frühjahr 2022 gestiegene Druck auf die Unternehmen durch Energie- sowie Rohstoffpreise, Arbeitskosten und Lieferengpässe hat etwas abgenommen, dennoch ist die Situation hier weiter fragil.
Von einer Zunahme der Inlandsinvestitionen in den nächsten 12 Monaten gehen 13 % der befragten Unternehmen aus, gleich bleibende erwarten 26 %, während 43 % von abnehmenden Inlandsinvestitionen ausgehen. 18 % werden keine Investitionen tätigen. Positiv zu beurteilen ist, dass sich Unternehmen in Ostwürttemberg weiter der Herausforderung der Digitalisierung stellen. Diese ist im Herbst 2023 das Hauptmotiv für Inlandsinvestitionen (60 %). Alle anderen Hauptmotive wie Innovationen oder Kapazitätserweiterungen weisen jedoch abnehmende Anteile auf.

„Die Ergebnisse der Herbstbefragung sollten alle Verantwortlichen als Weckruf verstehen, aber wir dürfen auch nicht kollektiv  Krisenszenarien herbeireden“, so Thilo Rentschler. Aus Sicht der IHK gilt es die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht weiter zu gefährden.  Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen. In der Digitalisierung stecken enorme Potenziale, um auch die Bürokratiebelastung abzubauen und die Effektivität zu steigern.  Die Erwartung weiter fallender Inflationsraten sowie der Aussicht auf stabile Zinsen im Euroraum geben dabei Hoffnung. Inwieweit der Krieg in Nahost die Unternehmen in Ostwürttemberg beeinflussen wird, bleibt abzuwarten“, so Thilo Rentschler.  

Blick in die Branchen

Die Lageeinschätzung in der Industrie hat sich im Vergleich zur vergangenen Konjunkturumfrage weiter verschlechtert. Der Anteil der Unternehmen, die die aktuelle Lage mit „schlecht" bewerten, verzeichnet Zuwächse gegenüber dem Frühjahr und liegt bei 36 %. Immer noch gut ein Drittel bewertet die aktuelle Geschäftslage mit „gut“, das andere Drittel mit „befriedigend“. Bei den Geschäftsaussichten überwiegen nun nicht mehr die Optimisten: Pessimistische Erwartungen haben ein Drittel der Unternehmen (34 %), während im Frühjahr lediglich jedes zehnte Unternehmen von einer Verschlechterung gesprochen hat. Von einer Verbesserung geht nicht einmal jedes vierte Unternehmen aus (18 %). Im Frühjahr war es noch jedes vierte. Die Drosselung der Produktion setzt sich auch im Herbst weiter fort: Die Kapazitätsauslastung geht weiter leicht zurück von 79,7 % im Frühjahr auf nun 77,7 % im Herbst 2023. Die Top 3-Risiken der Industrie sind die Inlandsnachfrage, die Energie- und Rohstoffpreise und der Fachkräftemangel.

Erstmals seit der Finanzkrise 2008/2009 bewertet das Baugewerbe die Geschäftslage lediglich mit „befriedigend“ (63 %) und schlecht (37 %). Die Geschäftserwartungen im Frühjahr haben diese Entwicklung bereits vorweggenommen: Hier gingen mehr als die Hälfte der Unternehmen von „gleich bleibenden“ Geschäften aus. Im Herbst 2023 sieht das Baugewerbe seine Lage in den nächsten zwölf Monaten noch pessimistischer: Drei von vier Unternehmen rechnen mit einer Verschlechterung. Weiterhin weisen die Auftragseingänge als Frühindikatoren auf eine Verschlechterung der konjunkturellen Lage hin: 83,3 % der befragten Unternehmen gehen von fallenden Auftragseingängen aus. Die Befragungsergebnisse spiegeln zwar die allgemeine Situation in der Bauwirtschaft wider – müssen jedoch über einen mittel- bzw. langfristigen Zeitraum betrachtet werden: Die ausgeprägte „Sonderkonjunktur“ im öffentlichen und privaten Baubereich ist ausgelaufen. Gestiegene Baukosten und Bauzinsen sowie Materialmangel bremsen die Branche aus. Noch ist die Auslastung aber in vielen Bereichen auf hohem Niveau. Auch die Baubranche kämpft mit Fachkräftemangel. Inwieweit es zu einem dauerhaften Beschäftigungsabbau kommt, bleibt abzuwarten.  Mehr als 60 % der Betriebe rechnen aktuell mit einer abnehmenden Beschäftigtenzahl.

Die Geschäftslage der Dienstleister ist im Vergleich zu den anderen Sektoren stabil. 38 % der befragten Unternehmen beurteilen die aktuelle Lage als „gut“, 49 % als „befriedigend“ und 13 % als „schlecht“. Diese Einschätzungen entsprechen der Situation zu Jahresbeginn. Die Mehrheit der Dienstleister geht auch weiterhin von gleich bleibenden Geschäfts- und Umsatzerwartungen aus (64 %). Eine Verbesserung der Geschäfte geben 16 % der Betriebe an. Ein Fünftel gibt eine Verschlechterung an (20 %). Größtes wirtschaftliches Risiko in diesem vorwiegend arbeitsintensiven Sektor stellt der Fachkräftemangel dar, gefolgt von den Arbeitskosten und den Energie- und Rohstoffpreisen.

Die Lageeinschätzung der Handelsunternehmen hat sich relativ zum Frühjahr 2023 nicht verändert. 22 % der Befragten beurteilen ihre Geschäftslage mit „gut“, 52 % mit „befriedigend“ und 26 % mit „schlecht. Jedoch fallen die Geschäftserwartungen pessimistischer aus: Nur knapp 5 % der befragten Unternehmen gehen von einer Verbesserung, 39 % von einer gleich bleibenden und 56 % von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus. Positiv zu beurteilen ist, dass bei 44 % der Unternehmen der Umsatz gestiegen ist (vgl. Frühjahr 2023: 36,1 %). Das Kaufverhalten der Kunden wird erstmals seit Jahresbeginn 2021 wieder lediglich mit saisonüblich (27 %) oder zurückhaltend (73 %) beurteilt. Größtes wirtschaftliches Risiko stellt die Inlandsnachfrage dar, dicht gefolgt vom Fachkräftemangel und den Energie- und Rohstoffpreisen.

Erstmals seit Jahresbeginn 2021 bewerten die befragten Verkehrsunternehmen ihre aktuelle Geschäftslage lediglich mit „befriedigend“ (63 %) oder mit „schlecht“ (37 %). Diese beiden Kategorien beschreiben auch die Geschäftserwartungen, wobei lediglich 7 % der Unternehmen von einer Verschlechterung und 93 % von keiner Veränderung ihrer Geschäftslage ausgehen. Die Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahresquartal bei 25 % der Befragten gestiegen. „Gleich gebliebene Umsätze" geben 13 % der Unternehmen an. 62 % der Verkehrsunternehmen verzeichnen gefallene Umsätze. Trotz negativer Tendenzen, steigt im Herbst 2023 die Auslastung der Fracht- und Beförderungskapazitäten auf 84 %. Als größtes wirtschaftliches Risiko wird sowohl der Fachkräftemangel als auch die LKW-Maut gesehen, gefolgt von den Arbeitskosten und den Energie- und Rohstoffpreisen.

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