„Klar ist, dass die Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft ein groß angelegtes Konzept zur Aus- und Weiterbildung der Menschen in den Betrieben erfordert“, sagt Thilo Rentschler, IHK-Hauptgeschäftsführer. „Unser Ziel ist, möglichst viele Beschäftigte, egal auf welcher Qualifikationsstufe, mit den Fähigkeiten auszustatten, die für die Arbeit in der nahen und ferneren Zukunft von maßgeblicher Relevanz sind.“
Agentur für Arbeit: Keine Herbstbelebung, strukturelle Probleme bleiben
Die konjunkturelle Eintrübung stellt auch die Agentur für Arbeit Aalen fest: Im Herbst 2024 kann von einer Belebung auf dem Arbeitsmarkt keine Rede sein. Eine verhaltene Einstellungsbereitschaft der Unternehmen ist zu erkennen. Der Wille, die Belegschaft zu halten, lässt die Zahl neuer Anzeigen zur Kurzarbeit steigen. Zudem müssen die strukturellen Herausforderungen bewältigt werden: die Demografie-Entwicklung, die hohe Betroffenheit beim Thema Transformation aufgrund der Industriestruktur und das damit einhergehende hohe Substituierbarkeitspotenzial, d. h. die Möglichkeit einzelne Tätigkeiten durch computergesteuerte Maschinen zu ersetzen. Zudem entspricht die regionale Arbeitslosenstruktur nicht den Bedarfen der Unternehmen, sodass weiterhin Fachkräfte gesucht werden.
Sonderbefragung der IHK-Unternehmen
Diese Entwicklungen geben auch die Ergebnisse der Sonderbefragung der IHK Ostwürttemberg wieder. Bei der Konjunkturumfrage wurden die Unternehmen zum Thema Stellenbesetzung befragt. Jeder zweite Betrieb in Ostwürttemberg kann seine offenen Stellen nicht besetzen, weil die passenden Fachkräfte fehlen. Groß ist die Not im Verkehrs- und Transportgewerbe (76 Prozent), am geringsten im Bau (29 Prozent). Jedes zehnte Unternehmen meldet keine Probleme bei der Besetzung, jedes vierte meldet derzeit keinen Personalbedarf.
Am häufigsten und über alle Branchen hinweg fehlen beruflich Qualifizierte mit dualer Ausbildung: 74 Prozent der Unternehmen, die nach Beschäftigten suchen, würden gerne dual ausgebildete Praktikerinnen und Praktiker einstellen. Im Vorjahr suchte jedes fünfte Unternehmen Arbeitskräfte ohne abgeschlossene Berufsausbildung, nun ist es jedes vierte. Das zeigt, dass zunehmend auch Arbeitskräfte mit geringer Qualifikation in den Betrieben gesucht werden. Lediglich 17 Prozent haben derzeit Probleme bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen. Vier von zehn Unternehmen suchen weiterhin vergeblich nach (Fach-)Hochschulabschlussabsolventen, die für die weitere Transformation der Wirtschaft eine erhebliche Rolle spielen.
„Die Sonderbefragung unserer IHK-Mitgliedsunternehmen zeigt, dass gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten berufliche Qualifizierung enorm wichtig ist, um die Herausforderungen, die aus der Transformation resultieren, gemeistert werden können“, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler.
Die Befragung zeigt auch eindrücklich, dass ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen den konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken kann. Auf das nach wie vor sinkende Erwerbspersonenpotenzial muss – laut der befragten Unternehmen – weiterhin mit Erleichterungen bei der Zuwanderung (30 Prozent) und dem Ausschöpfen des inländischen Potenzials reagiert werden. Zentral dabei ist die Förderung des Wiedereinstiegs von Frauen in das Erwerbsleben, die Weiterbeschäftigung von „Babyboomern“ und die Erhöhung der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung.
Auf die Frage, welche Maßnahmen bei der Fachkräftesicherung am meisten helfen können, antworteten zwei von drei Unternehmen mit „Bürokratie abbauen“, vier von zehn wünschen sich eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten, jedes fünfte eine Ausweitung der Arbeitszeiten und jedes vierte einen Abbau der Anreize zum vorzeitigen Renteneintritt. Den Ausbau von Angeboten für Beschäftigte mit Kindern oder Pflegepersonen sehen 23 Prozent als hilfreich an. Zentral für eine erfolgreiche Bewältigung des Strukturwandels ist die Stärkung der beruflichen Bildung (35 Prozent) und die Qualifizierung von Arbeitslosen (29 Prozent) sowie die Verbesserungen der Rahmenbedingungen bei „Digitalisierung und KI-Einsatz“ (22 Prozent).
An diesen Maßnahmen arbeiten die über 20 Partner aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft in der Offensive „Zukunft Ostwürttemberg“ gemeinsam, Hand in Hand sowie ziel- und lösungsorientiert. „Das regionale Transformationsnetzwerk und die Partner der Fachkräfteallianz Ostwürttemberg helfen Unternehmen und Beschäftigten beim Aufbau von Future Skills. Qualifizierungsprogramme müssen präventiv ausgerichtet und verlässlich finanziert sein, um Arbeitslosigkeit im Transformationsprozess zu vermeiden,“ so Thilo Rentschler.
Die Fachkräfteallianz Ostwürttemberg bietet dabei auch Austauschformate an. Der nächste PersonalerTREFF digital findet statt am 4. Dezember 2024, 15 bis 16:30 Uhr. Thema ist diesmal die Weiterbildung. Dabei werden auch ausführlich mögliche Förder- und Qualifizierungsprogramme für Unternehmen vorgestellt. Weitere Informationen und Anmeldung unter: https://event-ihk.de/personalertreff_weiterbildung
Der Konjunkturbericht mit Dashboards und Analysen einzelner Sektoren, einem Blick in die Landkreise sowie weitere Erläuterungen zur Konjunktur sind abrufbar unter: https://www.ihk.de/ostwuerttemberg/produktmarken/standortpolitik/konjunktur oder Seitennummer 3291754.