In einem GVZ werden unterschiedliche Verkehrsträger (z.B. Straße, Schiene) und Akteure wie Speditionen, Lagerbetreiber, Dienstleistungsbetriebe und logistikintensive Industrie- und Handelsbetriebe zusammengeführt und vernetzt. Bei einem Schadenseintritt innerhalb eines GVZ kann es regional, national und sogar international zu Produktionsausfällen und zu Versorgungsengpässen für die Industrie, den Handel und die Bevölkerung kommen.
Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen von PreparedNET am Beispiel der beiden GVZ Bremen und Dresden ein Notfallkonzept erarbeitet, dass auf der sogenannten agentenbasierten Modellierung und Simulation aus dem Bereich der (verteilten) künstlichen Intelligenz basiert. In dem Simulationsmodell werden den Akteuren eines GVZ spezifische Eigenschaften und Rollen für den Regel- und Notbetrieb zugewiesen. Zudem werden automatisiert relevante Hintergrundinformationen ausgewertet, wie beispielsweise Kapazitäten und Kapazitätsauslastungen von Verkehrsträgern, Lägern und Umschlagsanlagen. Käme es durch eine Störung zum Beispiel zu einer Beeinträchtigung des Verkehrsträgers Schiene oder etwa einer KV-Umschlagsanlage, ändern sich entsprechend die Zustandsgrößen des GVZ. Im Anschluss erfolgt automatisiert eine flexible Koordination zwischen betroffenen GVZ-Akteuren im Sinne einer gemeinsamen Planung und Steuerung schadensspezifisch verbleibendender Transport- und Umschlagskapazitäten. Diese dynamische Reaktion zur Überwindung derartiger Störfälle kann von derzeitigen starren, oft unzureichenden GVZ-Notfallplänen nicht geleistet werden.
Basierend auf den Simulationsergebnissen wird ein Softwaresystem zur automatisierten Entscheidungsunterstützung exemplarisch als Demonstrator konfiguriert und in beiden GVZ durch Praxisakteure getestet. Zudem werden im Vorhaben neben einem Notfall- auch ein Schulungskonzept für GVZ-Akteure sowie eine DIN Spezifikation als auch die rechtliche Perspektive zur harmonischen Integration des Notfallkonzeptes in bestehende gesetzliche Rahmenwerke auf Landes- und Bundesebene erarbeitet.
Um die aufgezeigten Ziele zu erreichen, wurde bisher insbesondere ein GVZ-Modell mit Referenzcharakter bestehend aus den relevanten Lieferketten, Akteuren, Organisationsstrukturen, Informationsflüssen und Prozessen einschließlich relevanter quantitativer akteursspezifischer Warenstromanalysen und Tagesganglinien am Beispiel der GVZ Bremen, Dresden sowie weiterer GVZ Standorte erarbeitet. Das Modell wurde bereits durch Praktiker aus den GVZ bestätigt.
Dieses Ergebnis und die bereits erfolgte Identifikation und Risikobewertung potenzieller Schadensszenarien ermöglichten darauf aufbauend eine erste Konzeption und softwaretechnische Erarbeitung des agentenbasierten Modells. Das Modell wird bis Ende des Jahres fertiggestellt sein. In diesem Modell werden derzeit szenarienspezifisch die Eigenschaften der GVZ-Akteure, deren dynamisch anzupassende Organisationsstrukturen, Problemlösungsstrategien und damit das zielführende Entscheidungsverhalten der GVZ-Akteure nach und während der Schadenereignisse konfiguriert.
Eine erste softwaretechnische Simulation, die bereits jetzt die Schnittstellenkommunikation zwischen der Software Plant Simulation und dem agentenbasierten Software-Modell mit einschließt, war vielversprechend. Zum einen konnte hierdurch gezeigt werden, dass nur durch die Wahl der agentenbasierten Modellierung als Methodik die dynamische Wirklichkeit im Fall eines Störfallereignisses beherrscht werden kann. Zum anderen zeigte gerade die gewählte Vorgehensweise hinsichtlich der verteilten Simulation, also das Simulieren mit Hilfe zweier miteinander vernetzter Softwaresysteme, das sich hier das Agentenmodell mit seiner Flexibilität und Dynamik hinsichtlich einer automatisierten Entscheidungsfindung hervorragend ergänzt mit Plant Simulation als dahinterliegendes Simulations- und Visulalisierungssystem.
Das Projekt PreparedNET hat eine Laufzeit von Juni 2010 bis Mai 2013. Neben dem ISL wirken am Projekt das Deutsche Institut für Normung, die Emons Spedition GmbH, die LUB Consulting GmbH sowie die Hochschule Furtwangen mit. Weitere Projektpartner sind die GVZ Entwicklungsgesellschaften Bremen und Dresden. Durch die Einbindung der Feuerwehr Bremen, der Deutschen GVZ Gesellschaft und verschiedener GVZ-Akteure als Endnutzer werden die Berücksichtigung der Anwenderanforderungen sowie eine realitätsnahe Ausrichtung der Forschungsarbeiten als auch eine breitenwirksame Ergebnisvermittlung gewährleistet.