Der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie hierzulande ist von großer Bedeutung, wird aber nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erfüllen. Denn Strom deckt derzeit lediglich rund ein Fünftel des Endenergiebedarfs in Deutschland ab. Den großen Rest tragen vor allem molekülbasierte Energieträger wie Öl und Gas bei. Diese Energieform wird auch künftig benötigt, selbst bei verstärkter Elektrifizierung. Das zeigt die Entwicklung in Ländern wie Schweden, aber auch die aktuelle Energiebilanz hierzulande: Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) zufolge ist Mineralöl weiterhin der wichtigste Energieträger in Deutschland und konnte seinen Anteil am Primärenergieverbrauch 2024 von 36,4 auf 36,6 Prozent sogar leicht erhöhen.
Küchen: „Das zeigt die Dringlichkeit von Alternativen zu fossilen Molekülen, zum Beispiel in der Schiff- und Luftfahrt oder als Rohstoff für die Chemie- und Bauindustrie. Auch für eine resiliente, krisensichere Versorgung brauchen wir gut speicherbare und flexibel einsetzbare Energieträger.“ Diese müssten jetzt, wie der Strom, nach und nach CO2-neutral werden. „Die Notwendigkeit einer solchen Molekülwende hat die Politik erkannt, doch ein ‚Weiter so‘ mit den bekannten Instrumenten wird nicht ausreichen. 2025 müssen die Weichen so gestellt werden, dass die Transformation auch hier endlich Fahrt aufnehmen kann.“
Weniger Bürokratie und klare Zuständigkeiten nötig
Viele Klimaschutz-Projekte rechneten sich derzeit einfach nicht. Neben den technologischen Risiken, die Investoren bei neuen Technologien immer tragen müssen, sind es vor allem die regulatorischen Unsicherheiten, die Investitionsentscheidungen für den Hochlauf klimaschonender Moleküle für die verschiedenen Anwendungen in der Mobilität, dem Wärmesektor und der Industrie häufig noch verhindern. „Jede Regulierung muss sich künftig daran messen lassen, ob sie die gewünschten privaten Investitionen in den Klimaschutz auslöst – bei Unternehmen wie in privaten Haushalten“, so Küchen. Dabei sollte keine Alternative von vornherein durch Verbote ausgeschlossen werden. „Wir brauchen weniger Bürokratie und einen Wettbewerb um die besten Lösungen. Wichtig ist, dass wir in neue Technologien einsteigen, bevor wir die alten verbieten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit am Ende auch die Kunden eine echte Wahl zwischen verschiedenen Optionen zum Klimaschutz haben.“
Für die künftige Bundesregierung gebe es somit viel zu tun. „Die heutige Mineralölbranche hat bereits gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einen konstruktiven Dialog gestartet, um die wichtigsten Felder zu identifizieren, die dringend angegangen werden müssen, damit die Transformation zu klimaschonenden Molekülen gelingen kann.“
Es habe sich gezeigt, dass es nicht ausreicht, die Vielzahl von relevanten Gesetzen und Verordnungen jeweils getrennt voneinander zu betrachten. Aus Sicht der Wirtschaft sei es enorm wichtig, für die Molekülwende und damit für die Transformation der Branche ein hauptverantwortliches Ministerium zu benennen, welches dann zumindest für die Koordination der zahlreichen Gesetzgebungsvorhaben und Aktivitäten verantwortlich wäre. Viele der wichtigen Regulierungen, wie die Verpflichtung zur Treibhausgasminderung durch erneuerbare Kraftstoffe oder der zukünftige Emissionshandel für den Wärme- und Verkehrssektor, haben ihren Ursprung auf EU-Ebene. „Gerade auf der europäischen Ebene müssen Regulierungen künftig so gestaltet werden, dass Geschäftsmodelle für nachhaltige Moleküle entstehen können“, so Küchen weiter.
Elektromobilität: „Schneller Ladesäulen-Hochlauf bleibt unser Ziel“
Wichtig sei auch, Molekülwende und Elektrifizierung nicht gegeneinander auszuspielen. „Wir brauchen beides, damit die Energiewende gelingt“, so Küchen. So seien die bisherigen Mineralölgesellschaften beim Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität bereits seit Jahren sehr aktiv. Dies betrifft nicht bloß Tankstellen, sondern auch Supermärkte, Parkhäuser und kommunale Flächen. Allein an Tankstellen investierte die Branche bisher mehr als 300 Millionen Euro in Maßnahmen zum Aufbau von Schnellladesäulen. „Damit der Aufbau des Ladesäulennetzes jetzt auf hohem Niveau anhält, brauchen wir mehr Pragmatismus und weniger Bürokratie. Das betrifft etwa lange behördliche Genehmigungszeiten. Wir benötigen außerdem bundesweit einheitliche Antragsverfahren und technische Standards sowie gleichberechtigte Zugänge zu Netzanschlüssen und Flächen“, so Küchen. „Hier sind Energieversorger, Kommunen und auch die neu zu wählende Bundesregierung gefragt.“