Die Wirtschaftskrise der vergangen Jahre scheint überwunden, die Eurozone befindet sich auf dem Weg einer moderaten Konjunkturerholung. Dank der Geldpolitik der EZB oder spielen doch ganz andere Faktoren eine Rolle? In seinem Vortrag ließ es sich Heise nicht nehmen, einen kritischen Blick auf die geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zu werfen. Vor allem mit deren Niedrigzinspolitik ging er scharf in die Kritik. Diese berge erhebliche Risiken für die Finanzsystemstabilität und biete Finanzinstituten zusätzliche Anreize, sich kurzfristig günstig bei der Zentralbank zu finanzieren. Lücken in der Altersvorsorge und negative Auswirkungen auf Innovationen und Produktivität sind nur einige Aspekte, die Heise in seinem Vortrag „Konjunkturbelebung unter großen Risiken – die Eurozone und die EZB in 2016/2017“ mit den rund 100 Gästen diskutierte.
Trotz allem, der von der Süddeutschen Zeitung 2015 wiederholt zum Prognostiker des Jahres gewählte Volkswirt blickt gelassen auf die Entwicklung der Weltwirtschaft. Für die USA und die Europäische Währungsunion prognostiziert er ein stabiles, wenn auch moderates Wachstum für das Jahr 2017. Und auch für Lateinamerika sieht es bedingt durch politische Änderungen und die Stabilisierung der Rohstoffmärkte keinen Grund zur Sorge. Allein in Asien wird sich 2017 das Wachstum durch die zunehmende Verschuldung von staatseigenen Unternehmen, vor allem in der Schwerindustrie, verlangsamen. Die Geldpolitik habe dabei laut Heise kaum eine Wirkung auf die Konjunktur. Von der EZB erhofft er sich nach der Krise vor allem eine flexiblere Definition der Preisstabilität – die bisherige eindimensionale Inflationssteuerung verzerre seiner Meinung nach die Realität. „Dr. Michael Heise hat eine brillante Einschätzung der weltweiten konjukturpolitischen Lage getroffen“, erklärt ISM-Präsident Prof. Dr. Ingo Böckenholt. „Wir freuen uns, zum Abschluss des Sommersemesters einen der renommiertesten Ökonomen Deutschlands für einen solch hochkarätigen Vortrag gewonnen zu haben.“