„Die Chancen auf eine vordere Platzierung bei der diesjährigen Weltmeisterschaft schätze ich eher gering ein“, sagt Mühlbäck. „Das Niveau wird wesentlich höher sein als bei Olympia 2018, da viele Profispieler der National Hockey League aus Nordamerika und der russischen Kontinentalen Hockey Liga vertreten sein werden.“ Auch wenn die Erfolgsaussichten besser wären, würde der Hype um den Puck-Sport nur kurz andauern, ist sich der Experte sicher. „Die Katze beißt sich selbst in den Schwanz. Die Sponsorengelder fließen dahin, wofür sich die Zuschauer interessieren. Und diese interessieren sich vor allem für Sportarten, die ausgiebig in den großen Medien kommuniziert werden – es ist ein Teufelskreis“, weiß Mühlbäck. „90 bis 95 Prozent der Gelder kommen dem deutschen Fußball zugute. Eishockey, Handball und Basketball sowie die Formel 1 erhalten ungefähr sechs Prozent der Fernseh- und Sponsorengelder. Sind also nicht ausreichend finanzielle Mittel vorhanden, wird auch nur wenig darüber berichtet.“
Neben der fehlenden Medienpräsenz hat Eishockey einen entscheidenden Nachteil gegenüber dem Fußballsport. „Fußball hat mit seinen Strukturen ganz andere Möglichkeiten. Eishockey kann beispielsweise nicht überall ausgeübt werden und die Ausrüstung ist wesentlich teurer. Zudem gibt es weniger Nachwuchsstützpunkte“, so der ISM-Professor. „Ein weiteres Problem ist der fehlende Auf- und Abstieg in der Deutschen Eishockey Liga, sodass der Wettbewerbsgedanke verloren geht und damit auch das Zuschauerinteresse schwindet. Nicht zu unterschätzen ist auch die emotionale Nähe. Im Fußball bieten ein Toni Kroos oder ein Manuel Neuer ein großes Identifikationspotenzial. Eishockey wird hingegen von erstklassigen Spielern aus dem Ausland dominiert. Dies ist zwar in gewisser Weise attraktiv für den Zuschauer, aber schränkt die lokale Bindung extrem ein.“
Trotz schwacher Berichterstattung und Mängeln in den Strukturen sieht der Eishockey-Experte Chancen für die Randsportart. „Medienpräsenz, internationaler Erfolg und Nachwuchsgenerierung sind entscheidend, um einen langfristigen Hype im Eishockey zu schaffen. An einen dieser Punkte müssen Verbände und Vereine ansetzen, um eine Positivspirale in Gang zu kriegen. In den letzten zwölf Monaten gab es dazu die einmalige Gelegenheit – zum Beispiel durch Olympiasilber oder das Champions-League-Finale des EHC Red Bull München. Diese Möglichkeiten wurden meines Erachtens aber nicht ausreichend genutzt. In den Jahren 2010 und 2011 passierte dieser Fehler schon einmal, nämlich als bei der WM zwei Jahre hintereinander sehr gute Ergebnisse erzielt wurden, aber kein langfristiger Effekt entstand“, erklärt Mühlbäck. „Eishockey hat auf jeden Fall das Zeug zur Massensportart. In Nordamerika, Osteuropa und Skandinavien funktioniert es schließlich auch. Was die deutsche Mannschaft braucht, sind noch mehr Erfolge und gesteigerte Medienpräsenz.“