Fahrerlose Transportsysteme machen die Produktion effizienter: Sie bringen Bauteile vollautomatisch vom Lager in die Montage oder transportieren halbfertige Produkte von einer Arbeitsstation zur nächsten. Bisher können sich jedoch vor allem Großkonzerne die Technologie leisten – für kleine und mittlere Unternehmen sind die Investitionskosten meist zu hoch. Denn um fahrerlose Transportssysteme (FTS) einzurichten, müssen zunächst sogenannte Wegenetze geplant werden: Routen, auf denen sich die Transportfahrzeuge durch die Fabrik bewegen können. Und das ist äußerst aufwändig: Ein erfahrener Planer benötigt ein bis zwei Wochen, um ein einziges Wegenetz auszulegen. Entsprechend hoch sind die Kosten.
Das IPH hat im Projekt „FTS-Wegenetz“ eine Software entwickelt, die solche Wegenetze vollautomatisch auslegt und dafür lediglich Minuten benötigt. Dadurch sinken nicht nur die Kosten enorm – die Software erzielt sogar bessere Ergebnisse als menschliche Planer. „Die automatisch ausgelegten Wegenetze sind deutlich effizienter“, sagt IPH-Mitarbeiterin Sarah Uttendorf. „Die Fahrzeuge kommen schneller ans Ziel, weil die Routen direkter und kürzer sind. Außerdem blockieren sich die Fahrzeuge seltener gegenseitig, es kommt zu weniger Staus. Dadurch schaffen sie in derselben Zeit mehr Transportaufträge.“
Dank der Software sinken die Kosten für die Planung von fahrerlosen Transportsystemen enorm. Auch kleine und mittlere Unternehmen können sich die Technologie künftig leisten – und damit einen ersten Schritt in Richtung Industrie 4.0 gehen, also in Richtung der automatisierten und vernetzten Fabrik. Sie können ihre Produktion effizienter gestalten und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit im Kampf gegen internationale Konzerne sichern.
Auch Anbieter von fahrerlosen Transportsystemen profitieren von den Forschungsergebnissen: Zum einen gewinnen sie neue Kunden aus dem Mittelstand, zum anderen können sie Kundenaufträge schneller bearbeiten. Die Planer müssen nicht mehr Wochen investieren, um ein Wegenetz für einen einzigen Kunden auszulegen – sondern sie können direkt vor Ort die Routen planen und mit dem Kunden besprechen. Am Forschungsprojekt „FTS-Wegenetz“ haben sich deshalb Anbieter von Fahrerlosen Transportfahrzeugen aus ganz Deutschland beteiligt, darunter die E&K AUTOMATION GmbH aus Rosengarten bei Hamburg, die MLR System GmbH aus dem Ludwigsburg in Baden- Württemberg und die Götting KG, ein kleines Unternehmen aus dem niedersächsischen Lehrte. Wissenschaft und Industrie haben im Forschungsprojekt „FTS-Wegenetz“ also eng zusammengearbeitet – ganz im Sinne der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF).
Für das IGF-Projekt des Jahres werden jene Projekte nominiert, die den größten praktischen Nutzen für kleine und mittlere Unternehmen bieten. Professor Dr. Ludger Overmeyer und Sarah Uttendorf vom IPH sind mit ihrem Forschungsprojekt „FTS-Wegenetz“ unter den drei Finalisten. Die AiF – Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. würdigt das IGF-Projekt des Jahres mit dem Otto von Guericke-Preis, der mit 10.000 Euro dotiert ist.
Die Preisverleihung findet am Donnerstag, 15. Dezember 2016, ab 18 Uhr im Humboldt Carré in Berlin statt. Zu Gast ist auch der Nobelpreisträger Professor Dr. Thomas Südhof von der Stanford University in Kalifornien – er wird nach der Preisverleihung einen Vortrag halten. Interessierte Unternehmen, die an der Veranstaltung teilnehmen möchten, können sich an Sarah Uttendorf wenden: Zu erreichen ist sie unter der E-Mail-Adresse uttendorf@iph-hannover.de sowie unter der Telefonnummer (0511) 279 76-227.
Weitere Informationen zum nominierten Forschungsprojekt erhalten Sie unter www.fts-wegenetz.de. Informationen zum Otto von Guericke-Preis sind unter www.aif.de/aif/otto-von-guericke-preis.html zu finden.