Sowohl Tailored Tubes als auch Werkstoffverbunde (sogenannte Hybride) werden bereits verwendet, um Autos leichter zu machen - beides miteinander kombiniert hat allerdings noch niemand. Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) und das Laser Zentrum Hannover e. V. (LZH) wollen dies nun erstmals erproben. Die Forscher versprechen sich von dem neuen Ansatz eine Gewichtseinsparung von 10 bis 20 Prozent.
Tailored Tubes finden sich in den Karosserien der meisten modernen Autos. Die "maßgeschneiderten Rohre" sind deutlich leichter als massive Stahlträger, aber durch ihre Form ähnlich robust. Mittels eines speziellen Umformverfahrens, der sogenannten Innenhochdruckumformung, lassen sich die Rohre in nahezu jede erdenkliche Form bringen. So ist es möglich, die Geometrie und die Dicke der Bleche exakt an die Belastung an jeder Stelle anzupassen - eben maßgeschneidert. Auch Werkstoffverbunde sind ein verbreiteter Leichtbauansatz: Kombiniert man Stahl mit Aluminium zu einem Hybridblech (Hybrid Blank), erhält man ein leichtes, aber dennoch stabiles Bauteil.
Das IPH und das LZH verbinden jetzt erstmals beide Ansätze miteinander: Sie wollen hybride Tailored Tubes aus Stahl und Aluminium herstellen. Das Ziel: besonders leichte, maßgeschneiderte Hohlbauteile, die an genau jenen Stellen aus festem Stahl bestehen, wo sie große Belastungen aushalten müssen, während an weniger kritischen Stellen leichtes Aluminium zum Einsatz kommt.
Zunächst sollen mehrere Rohrabschnitte aus Stahl und Aluminium zu einem langen Hybridrohr (Hybrid Tube) zusammengefügt werden. Dieses Rohr soll anschließend durch Innnenhochdruck- umformen in Form gebracht werden. Dabei wird ein flüssiges Druckmedium in das Rohr gepresst, sodass das Hybrid Tube die Geometrie der außen anliegenden Form annimmt. Weil dabei ein extrem hoher Druck herrscht - mehr als 1000 bar - müssen die beiden Werkstoffe fest miteinander verbunden werden, damit sie sich gemeinsam umformen lassen. Das ist die erste große Herausforderung, vor der die Forscher stehen. Schweißen kommt nicht in Frage: Dabei entstünde eine spröde Naht, die beim Umformen reißt. Stattdessen setzen die Forscher auf das Laserlöten, um Stahl und Alu dauerhaft miteinander zu verbinden.
Das Lötverfahren wird am Laser Zentrum Hannover (LZH) entwickelt, das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) legt den Umformprozess aus. In vorangegangenen Forschungsprojekten haben sich die Wissenschaftler mit dem Innenhochdruckumformen bereits intensiv beschäftigt, Hybridwerkstoffe kamen dabei aber bisher nicht zum Einsatz. Die Kombination von zwei so unterschiedlichen Materialien wie Stahl und Aluminium stellt die Forscher vor eine weitere Herausforderung: "Aluminium ist weicher als Stahl und lässt sich deshalb leichter umformen", sagt Jonathan Ross, Projektleiter am IPH. "Das Problem wollen wir lösen, indem wir die Stahlteile vor dem Umformen leicht erwärmen. Dadurch passen wir sie dem Umformverhalten der Aluminiumteile an."
Für die Automobilindustrie birgt das Projekt großes Potenzial, denn so könnten künftig noch leichtere Fahrzeuge hergestellt werden, die weniger Kraftstoff verbrauchen und dadurch die Umwelt schonen. Etliche Fahrzeugteile ließen sich als innenhochdruckumgeformte Tailored Hybrid Tubes fertigen, beispielsweise Achsträger, Cockpitquerträger, Sitzquerträger oder Bauteile in Rücksitzlehnen oder als Aufprallschutz in Türen.
An dem Forschungsprojekt beteiligen sich daher gleich mehrere Automobilzulieferer - darunter die Johnson Controls GmbH und die Kirchhoff Automotive GmbH - sowie zwei große deutsche Automobilhersteller und einige Unternehmen aus der Lasertechnik-Branche. Gefördert wird das Projekt "Innenhochdruckumformen laserstrahlgelöteter Tailored Hybrid Tubes aus Stahl-Aluminium-Mischverbindungen für den automobilen Leichtbau (IHU-THT)" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.ihu-tht.de.