Ungefähr 28.000 Windräder drehen sich unter dem deutschen Himmel – ein Großteil davon schon seit Ende der neunziger Jahre. Aktuell steht die Windbranche vor großen Herausforderungen: Mit dem Auslaufen des Förderanspruchs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für 20 Jahre alte Windenergieanlagen muss entschieden werden, ob diese Alt-Anlagen stillgelegt, zurückgebaut, erneuert oder in bisherigem Umfang weiterbetrieben werden können. Nach heutigem Stand werden davon bundesweit rund vier Gigawatt Anlagenleistung betroffen sein. Künftig fallen pro Jahr im Schnitt weitere 2,4 Gigawatt aus der EEG-Förderung.
Nicht in jedem Fall können die Betreiber Bestandsanlagen durch modernere und leistungsfähigere Anlagen ersetzen (Repowering). Häufig sprechen baurechtliche Gründe dagegen und auch die Wirtschaftlichkeit muss bei jedem Projekt neu geprüft werden. Entscheiden sich die Betreiber dazu, Anlagen stillzulegen, stellt sich die Frage, wie die Unternehmen der Windindustrie den Ressourcenkreislauf professionell schließen wollen. Hier bietet sich die Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft als Partner an, um den Lebenszyklus von Windenergieanlagen zu optimieren und die professionelle Verwertung und Entsorgung von ganzen Windenergieanlagen zu organisieren.
Im Fokus stehen dabei die Fragen, wie Standards zum umweltverträglichen Recycling von Windenergieanlagen aussehen sollten, welchen stofflichen Verwertungsanteil modernes Verbundstoff-Recycling anstreben muss und welche Verfahren zur stofflichen Verwertung der Anlagenkomponenten kostendeckend betrieben werden können. Denn nicht selten wird noch in Wildwest-Manier demontiert, geschreddert und entsorgt.
„Dabei ist wichtig, effiziente Nachnutzungs- und Recyclingstrategien für die Windenergieanlage und ihre Komponenten zu erforschen, denn die Rückbauwelle rollt auf uns zu, mit bis zu 4500 Anlagen die allein im Jahre 2020 aus der EEG Förderung fallen und aus wirtschaftlichen Gründen zurückgebaut werden müssen“, sagt Martin Westbomke, Projektingenieur am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH.
Wie neue Strategien für den Rückbau von Windenergieanlagen aussehen können erforscht das IPH im Projekt „DemoNetXXL – Demontagenetzwerke für XXL-Produkte“ und entwickelt konkrete Handlungsempfehlungen für den Rückbauprozess. Die Forscher gehen unter anderem der Frage nach, wie weit die Windkraftanlagen bereits vor Ort in ihre Einzelteile zerlegt werden müssen und welche Schritte im Demontagezentrum erledigt werden können. Hier suchen die Forscher nach dem goldenen Mittelweg.
Windenergieanlagenrecycling könnte daher ein bedeutender Beitrag zur Rückgewinnung wertvoller Ressourcen und damit zur Ressourceneffizienz sein – nicht nur in Deutschland, sondern auch auf europäischer Ebene. „Auch der Gesetzgeber wird auf die Repowering- und Rückbauwelle reagieren müssen, damit bessere Steuerungs- und Kontrollinstrumente anstelle der reinen Kostenoptimierung treten“, weiß Dr. Markus Binding, Geschäftsführer vom Veolia Umweltservice in der Region West, und ergänzt: „Mit konsequentem Recycling können wir die Energiewende in Deutschland noch ökologischer gestalten und der Windenergiebranche dabei helfen, ihre Reputation zu steigern.“
Am 15. Mai veranstaltet Veolia Deutschland auf der IFAT – Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, die vom 14. bis 18. Mai in München stattfindet, ein Symposium unter dem Motto „Kreislaufwirtschaft meets Energiewirtschaft“ zum Thema Windenergierecycling.
Es diskutieren unter anderem:
- Markus Binding, Geschäftsführer von Veolia Umweltservice West GmbH,
- Martin Westbomke, Projektingenieur, Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH,
- Marie-Luise Pörtner, Geschäftsführerin der BayWa r.e. Wind, sowie
- Bernd Wust, LL.M., Mitglied des Juristischen Beirats des Bundesverbandes WindEnergie e.V. Stellvertretender Landesvorsitzender im BWE (Bayern), Fachanwalt