Derzeit schauen Firmen zur Absatzprognose vor allem auf die Zahlen vom Vorjahr. Wurden im vergangenen Jahr dreimal so viele LED-Fernseher verkauft wie Plasmabildschirme? Dann wird auch in diesem Jahr entsprechend viel produziert. Steigt ab März üblicherweise die Nachfrage nach Laufschuhen? Dann wird die Produktion rechtzeitig hochgefahren. Wird die Absatzmenge jedoch überschätzt, wird es für die Unternehmen teuer: Dann müssen sie die schlecht verkäuflichen Produkte im Schlussverkauf verscherbeln, entsorgen oder so lange im Lager behalten, bis die Nachfrage wieder steigt. Wird zu wenig produziert, ist das ebenfalls schlecht fürs Geschäft – weil Lieferengpässe drohen und potenzielle Kunden eher bei der Konkurrenz kaufen, als zu warten, bis ihr Wunschprodukt verfügbar ist.
Herkömmliche Prognosemodelle liegen häufig daneben, weil viele unvorhersehbare Effekte den Absatz beeinflussen. Nach einer erfolgreichen Werbekampagne steigt womöglich die Nachfrage nach einem bestimmten Fernsehgerät – ebenso wie die Nachfrage nach einem Schuh steigen kann, sobald ein Promi das Modell trägt. Schneidet eine Kaffeemaschine im Test unerwartet schlecht ab, sinkt die Nachfrage. All diese Effekte können die Hersteller nicht vorhersehen und deshalb auch nicht in die Absatzprognosen einfließen lassen.
Eine genauere Methode, um Absätze vorherzusagen, entwickeln Forscher am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH). Statt sich anzusehen, wie oft ein bestimmtes Produkt im Vorjahr verkauft wurde, schauen die Forscher, wie oft das Produkt in Suchmaschinen eingegeben wird. Mit dieser Methode ist eine genauere Prognose möglich, sind die Wissenschaftler überzeugt – zumal sich so der Absatz für ganz bestimmte Produktmodelle vorhersagen ließe. Unternehmen könnten also nicht nur grob abschätzen, ob die Nachfrage nach Laufschuhen generell steigt oder sinkt. Sie könnten auch vorhersagen, wie oft ein bestimmtes Modell in einer bestimmten Farbe nachgefragt werden wird.
Das Forschungsprojekt „Entwicklung eines Prognosemodells zur Bestimmung des kurz- und mittelfristigen Absatzes mittels Suchmaschinendaten (ProSuma)“ ist zum 1. Juni 2016 gestartet und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Das Forschungsvorhaben ist auf zwei Jahre angelegt. In dieser Zeit wollen die Wissenschaftler ein Modell entwickeln, mit dem sie Absatzprognosen auf Basis von Suchmaschinendaten treffen können – und anschließend überprüfen, ob ihr Modell tatsächlich bessere Ergebnisse liefert als herkömmliche Prognosemethoden.
Dafür suchen die Forscher noch Unternehmen, die an genaueren Absatzprognosen interessiert sind und bereit sind, dafür Verkaufszahlen zur Verfügung zu stellen. Die Forscher erstellen dann für ganz bestimmte Produkte eine Absatzprognose auf Basis von Suchmaschinendaten und vergleichen sie mit der herkömmlichen Prognose. Teilnehmen können Unternehmen, die Produkte für Endverbraucher herstellen und eine stabile Produktpalette aufweisen, damit sich die aktuellen Absatzdaten mit denen der Vorjahre vergleichen lassen. Interessenten melden sich bei Projektleiter Benjamin Fritzsch unter der Telefonnummer (0511) 279 76-451 oder per E-Mail an fritzsch@iph-hannover.de.