Prof. Dr. Roman Dumitrescu (Geschäftsführer it‘s OWL Clustermanagement GmbH) erläutert: „Künstliche Intelligenz ist ein Themenschwerpunkt für unser Technologie-Netzwerk. Gemeinsam entwickeln wir neue Basistechnologien und Anwendungen für unsere Unternehmen. Dabei geht es beispielsweise um das Retrofitting von Maschinen, automatisierte Objekterkennung, digitale Plattformen und Assistenzsysteme. Unsere Forschungseinrichtungen sind dabei wichtige Innovationspartner für die mittelständische Industrie.“
Bestandsmaschinen digitalisieren und automatisierte Objekterkennung
Das Fraunhofer IOSB-INA und das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der Hochschule Ostwestfalen-Lippe fokussieren das Retrofitting. An einer fast 30 Jahre alten Standbohrmaschine demonstrieren die Forscher, wie künstliche Intelligenz für die Zustandsüberwachung eingesetzt werden kann. Datenerfassungssysteme und Algorithmen können hier das Systemverhalten lernen und Anomalien, beispielsweise fehlerhaftes Nutzer- oder Maschinenverhalten erkennen und lokalisieren. Der Anwendungsfall zeigt, wie Bestandsmaschinen Anschluss an die digitale Welt bekommen: An der Bohrmaschine kann beispielsweise in Echtzeit geprüft werden, ob der Bohrer im vorgesehenen Drehzahlbereich arbeitet, ob er zu heiß wird bzw. verschlissen. Diese und weitere Kennzahlen werden digital nutzbar und erhöhen die Qualität, Effizienz und (Ausfall-)Sicherheit. Die branchenunabhängige Lösung hierfür auf der Sensorikseite heißt „INA-sense“ und passt in einen transportablen Koffer.
Die automatische Erkennung von Objekten wird in zahlreichen Branchen benötigt: von der Automobilindustrie bis zur Logistik. Bevor technische Systeme ein Objekt erkennen können, müssen sie deren Merkmale „kennen“. Das Exzellenzcluster CITEC der Universität Bielefeld hat das mobile und kostengünstige System „TeachME“ entwickelt, das neue Objekte und ihre Eigenschaften in Sekundenschnelle erlernt. Das System macht auf Knopfdruck eine Aufnahme des zu erlernenden Objekts und verarbeitet es mit künstlichen neuronalen Netzen, die vortrainierte Modelle von Objekten enthalten. Auf einem Display zeigt das System Eigenschaften und weitere Objektdaten an. Kleine Unternehmen verfügen oft nicht über große Rechnerkapazitäten, auch fehlt mitunter die Expertise für Maschinelles Lernen. Das neue System ist ressourcenschonend, kann sogar mit Akku betrieben werden, und ist intuitiv bedienbar.
Mit Smart Services neue Kundenzugänge erschließen
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen produzierende Unternehmen ihre Produkte immer stärker mit Services verzahnen. Durch digitale Plattformen können sie vom Auftragseingang über Produktion bis zur Logistik eine durchgehende Lösung für den Kunden anbieten. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist ADAMOS. Ziel der Plattform ist es, das Know-how aus Maschinenbau, Produktion und Informationstechnik zu bündeln, Lösungen für die digitale Produktion zu entwickeln, neue Geschäftsmodelle voranzutreiben und einen Standard für die Industrie zu setzen. Das ADAMOS Partner Netzwerk vereint Maschinenbauer, Lösungsanbieter und Experten aus der IT für die Entwicklung und den Betrieb digitaler Lösungen auf Basis der ADAMOS IIoT-Plattform.
Auch die DENIOS AG setzt beim Thema Gefahrstoffmanagement der Zukunft auf Smart Services. Da der Betrieb und die Instandhaltung eines Gefahrstofflagers einer umfassenden Gesetzgebung unterliegen, will das Unternehmen Kunden mit datenbasierten Services beim ordnungsgemäßen und effizienten Betrieb unterstützen. Die App „DENIOS connect“ soll den Zugang zu unterschiedlichen Smart Services ermöglichen. Durch die Module „Maintenance“ und „Condition Monitoring“ wird der Aufwand für Betrieb und Instandhaltung reduziert und eine Früherkennung von Prozessrisiken sowie ein gezieltes Störfallmanagement zur Vermeidung von Stillstandszeiten ermöglicht. Online können Kunden zudem auf umfassende Dokumentationen zugreifen. Das Modul „Warehouse Management“ wird dazu beitragen, durch die Sicherheit bei der Lagerung zu erhöhen.
Assistenzsysteme entlasten die Beschäftigten
Durch die Bündelung von großen Datenmengen (Informationsfusion) können Assistenzsysteme den Menschen passgenau unterstützten, beispielsweise durch eine automatisierte Fehlerkontrolle oder nutzerzentrierte Hilfestellungen. Das inIT der Hochschule OWL und Fraunhofer IOSB-INA demonstrieren am Assistenzsystem XTEND den Messebesuchern eine situationsbezogene Augmented Reality (AR)-Unterstützung durch Tiefensensoren in der Kamera. Der Nutzer kann hier die jeweils für ihn passende Ein- bzw. Ausgabemodalität wie ein Tablet, eine Projektion oder eine Datenbrille am Arbeitsplatz selbst wählen. Das XTEND-System lässt sich aber nicht nur von Werker einsetzen, ebenso können Wartungs- oder Umrüstungsanweisungen mit AR auf eine beliebige andere Anlage projiziert oder auf dem Smartphone dargestellt werden.
Aus der Zusammenarbeit im Netzwerk entstehen neue Geschäftsideen. Auf dem OWL-Gemeinschaftsstand präsentieren zehn Start-ups ihre Konzepte für Künstliche Intelligenz, Robotik, additive Fertigung, Lagerverwaltung und den Einsatz von Drohnen. Ziel des Paderborner Start-ups Unchained Robotics ist es dank intuitiver und intelligenter Steuerung bestehende Automatisierungslösungen zu revolutionieren. Die Kunden profitieren von einer Systemlösung aus Kamera, Software und kollaborativen Robotern (Cobots). Dadurch werden die Fertigungskosten in der manuellen Bestückung von Platinen in der Leistungselektronik reduziert.
Mit Vertical Farming ressourcenschonend die Bevölkerung ernähren
Die Fachhochschule Bielefeld zeigt neue Ansätze aus Projekten des Instituts für Technische Energie-Systeme (ITES). In dem Projekt ‚Vertical Farming‘ wird die Nutzung von textilen Substraten für eine ökologische vertikale Landwirt¬schaft erforscht. Um die Bedürfnisse einer stetig wachsenden Bevölkerung zu decken, nimmt die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen zu. Mit vertikalen Systemen können der Flächen- und Wasserbedarf gesenkt und gleichzeitig die Erträge gesteigert werden. So kann ein wichtiger Beitrag für eine innovative, effiziente und gleichzeitig ressourcenschonende Landwirtschaft geleistet werden. Wie „Vertical Farming“ funktioniert, können Messebesucher an einem Exponat erleben. Als Substrat für die Nutzpflanzen werden Textilien verwendet, die durch ihre Material- und Formenvielfalt eine umweltbewusste und optimal an die jeweiligen Pflanzen angepasste Kultivierung ermöglichen.