Der Transformatorbrand im Atomkraftwerk Krümmel östlich von Hamburg am 28. Juni hatte größere Störungen verursacht, als vom Betreiber Vattenfall zunächst zugegeben. Betroffen war nach einem Bericht des für die Reaktorsicherheit zuständigen Sozialministeriums in Kiel auch das Reaktorgebäude. Erst jetzt hat Vattenfall in einem Zwischenbericht Kommunikationsprobleme beim Kraftwerkspersonal eingeräumt. Laut der jüngsten Zusammenstellung für die Atomaufsicht gab es Missverständnisse zwischen dem Schichtleiter und dem Reaktorfahrer. Demnach seien beim Bedienen der Ventile, um den Druck im Reaktorbehälter zu senken, Fehler unterlaufen. Der Reaktorfahrer habe zwei Ventile geöffnet und minutenlang offen gelassen, anstatt sie abwechselnd zu öffnen und zu schließen, wie dies notwendig gewesen sei.
"Allein schon die Tatsache, dass ein menschliches Eingreifen notwendig war, zeigt, dass unsere angeblich so sicheren Atomkraftwerke nach einem solchen Störfall nicht einmal vollautomatisch in einen kontrollierbaren Zustand versetzt werden können", sagt Harald Armbrust vom Umwelt-Infodienst in Kaiserslautern.
Wegen Ausfalls der Eigenstromversorgung schaltete sich der Reaktor ab. Eine der Wasserpumpen des Reaktors fiel aus. Den Schilderungen des Betreibers Vattenfall zufolge fiel der Pegel im Reaktor-Druckbehälter in zehn Minuten deutlich. Dieses Wasser kühlt unter anderem die Brennstäbe. Der Pegel stand zwischenzeitlich bei weniger als 12 Metern und musste wieder auf etwa knapp 14 Meter angehoben werden. Ventile wurden geöffnet, erst automatisch, dann von Hand. Dieses Öffnen führte zu einem Druckabfall im Reaktorbehälter um über zwei Drittel von 65 Bar auf 20 Bar.
Unterdessen haben Gutachter bei einer Begehung des Brandortes schwere Brandschäden an dem betroffenen Transformator festgestellt. Nach Angaben eines zuständigen Ministeriumssprechers untersuchten Fachleute inzwischen auch einen zweiten, vom Feuer nicht direkt betroffenen Transformator auf dessen Zustand. Es sei noch unklar, ob auch dieser Trafo möglicherweise beschädigt ist. Am vergangenen Freitag hatten sich Polizisten mit einem Durchsuchungsbeschluss Zutritt zu Leitstand und Büros der Anlage verschafft. Die Ermittler befragten den Reaktorfahrer des Unglückstags. Vattenfall hatte dessen Personalien zuvor noch mit Verweis auf Schutz der Person verweigert.
Am selben Tag des Sörfalls in Krümmel war der Reaktor im Atomkraftwerk Brunsbüttel nach einem Kurzschluss automatisch heruntergefahren worden. Anschließend löste tropfendes Öl einen Schwelbrand an einer Turbine aus.
"Brunsbüttel ist, ohne genaue Untersuchungsergebnisse abzuwarten, verfrüht wieder ans Netz gegangen. Auch der Schrottreaktor in Krümmel soll wieder ans Netz. Jetzt müssen a!le Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um dies zu verhindern. Das Spiel mit dem atomaren Feuer muss endlich beendet werden", fordert Armbrust.
Da Politik und Atomindustrie noch immer zaudern, den Atomausstieg zügig umzusetzen und sogar über Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken nachdenken, ist es nach Ansicht des Umwelt-Infodienstes um so wichtiger, dass möglichst viele Menschen zu einem Ökostromversorger wechseln. "Denn nur dann, wenn den Atomstromkonzernen die rote Karte gezeigt wird und die Kunden weglaufen, hat der dringend notwendige Atomausstieg eine reale Chance", so Armbrust.
Das Aktionsbündnis "Atomausstieg selbermachen" führender Umweltschutzverbände zeigt, wie einfach der Wechsel zu einem Ökostromversorger für jedermann möglich ist. Ein Link zum Bündnis sowie 2 Medienspots hat der Umwelt-Infodienst auf seiner Internetpräsenz zum Download bereitgestellt und bittet um möglichst großflächige Verbreitung.