Die „Mobilitätsstudie geräuscharme Logistik“ des Fraunhofer-Instituts, die vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wird, soll Standards für die Messung von Geräuschemissionen u.a. in Verbindung mit Fahrt- und Rangierbewegungen erarbeiten, um eine Genehmigungsgrundlage für urbane Logistik durch die Nutzung von LKW mit alternativen Antrieben zu ermöglichen. KEYOU war mit seinem Prototypen-Truck an der Studie beteiligt, die federführend vom Fraunhofer IML durchgeführt wird. Die Ergebnisse überraschen in ihrer Deutlichkeit.
Fraunhofer-Institut bestätigt: KEYOU-LKW halb so laut wie ein Diesel-LKW
„Die Messungen ergaben für den LKW mit Wasserstoffmotor einen um rund 11 dB geringeren Pegel für die gleichmäßige Vorbeifahrt bei 20 km/h, verglichen mit dem typischen Ansatz aus der Literatur. Im Bezug auf die gleichmäßige Vorbeifahrt bei 30 km/h ergibt sich bei gemessenen 50,8 dB ein um ca. 10 dB niedrigerer Pegel, bei der beschleunigten Anfahrt beträgt der Pegelunterschied 7,5 dB. Der KEYOU-Truck ist damit vom Höreindruck nur etwa halb so laut wie ein klassischer Diesel-LKW, erläutert Michael Wirtz, Projektleiter der Messungen bei der Peutz Consult GmbH. Um die Lautstärkeentwicklung des LKW mit „KEYOU-inside“-Wasserstoffmotor noch besser einordnen zu können, zieht Wirtz einen Vergleich mit konventionell angetriebenen Pkw: „Mit einem Schallleistungspegel von ca. 49 dB(A)/m bei 20 km/h ist der Wasserstofftruck nur 1dB ‚lauter‘ als der Pkw mit 48 dB(A)/m.“
Thomas Korn, CEO und Co-Founder von KEYOU, zeigt sich äußerst zufrieden mit den Messergebnissen: „Unser Ziel bei KEYOU war es von Anfang an, einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten und unseren Kunden ein wettbewerbsfähiges CO2-freies Fahrzeug anzubieten. Denn eine emissionsfreie Alternative wird nur dann vom Markt angenommen, wenn diese kosteneffizient und zugleich auch alltagstauglich ist. Dass unsere LKW auch dazu beitragen können, die Lärmemissionen in den Städten erheblich zu verringern und so die Lebensqualität zusätzlich zu verbessern, war uns klar, allerdings nicht in dieser Deutlichkeit.“
Die Überraschung: Geräuschkulisse von Wasserstoff-LKW vergleichbar mit eTruck
Neben dem KEYOU-Prototyp wurden verschiedene andere Lkw mit alternativen Antrieben untersucht. Ein erster Vergleich der Ergebnisse zeigt: Der Wasserstofftruck steht einem Elektro-Lkw auch in Sachen Geräuschemissionen in nichts nach: „Insbesondere bei der gleichmäßigen Vorbeifahrt im niedrigen Geschwindigkeitsbereich von bis zu 30 km/h ergaben unsere Messungen kaum Unterschiede zwischen Wasserstoff- und Elektro-Lkw“, erklärt Wirtz. Vor dem Hintergrund, dass Elektrofahrzeuge gegenüber herkömmlichen Verbrennungsmotoren insbesondere bei niedrigen Geschwindigkeiten von bis zu 35 km/h mit deutlich weniger Fahrgeräuschen punkten, ein beeindruckendes Ergebnis.
„Das erhöht die Flexibilität und Einsatzmöglichkeiten, die sich für unsere Kunden dadurch ergeben, natürlich enorm - beispielsweise indem sie die Lkw auch in den Tagesrandzeiten zur Belieferung in Wohngegenden einsetzen können, sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden“, so Korn.
Studiensetup und Messmethoden
Die finale Studie erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2024, die Ergebnisse mit den KEYOU-Messdaten sind jedoch bereits einsehbar. Diese wurden bei einer Messreihe auf der Teststrecke der Universität der Bundeswehr in Neubiberg erhoben. Dabei haben Experten den 18t-Prototypen-Truck von KEYOU auf die Strecke geschickt und dessen Lärmpegel gemessen. Mitarbeiter der akkreditierten Messstelle Peutz Consult GmbH führten die Messungen im Auftrag des Fraunhofer IML durch. Rechts und links der Fahrbahn stellten sie in je 7,5 Meter Abstand geeichte Handschallpegelmesser auf.
Verschiedene Szenarien wurden auf der Teststrecke simuliert und deren Lärmimmissionen gemessen: Zum einen Fahrten bei 20 km/h sowie bei 30 km/h sowie beim Rückwärtsfahren mit an- und abgeschaltetem Rückfahrwarner. Zudem wurden Daten zur beschleunigten Anfahrt sowie für den Abbrems- und Abstellvorgang erhoben. Jede Messung wurde mindestens zehnmal durchgeführt.
Hintergrund und Zielsetzung der Studie
Betrachtet man die Anforderungen an Lärm- und Schallschutz bei vielen Genehmigungsverfahren, zeigt sich die Notwendigkeit der Studie: "In Deutschland gibt es derzeit keine Marktübersicht oder standardisierte Angaben zu Lärmemissionen von alternativ angetriebenen Nutzfahrzeugen im logistischen Einsatz“, erklärt Daniela Kirsch, Projektleiterin am Fraunhofer IML. „Deshalb benötigen wir eine Lösung, an der sich Unternehmen orientieren können. Ein Positivbeispiel von unseren europäischen Nachbarn ist unter anderem das niederländische PIEK-Zertifikat, welches in dieser Form allerdings nicht auf Deutschland übertragbar ist." Um die Zertifizierung, beispielsweise für Nachtzustellungen, zu erhalten, müssen Lastkraftwagen und Transportausrüstung in den Niederlanden einer akustischen Prüfung unterzogen werden. Dabei dürfen sie die vorgeschriebenen Dezibel-Grenzwerte in einem Abstand von 7,5 Metern nicht überschreiten. Mit der Studie will das Fraunhofer IML an der Entwicklung einer einheitlichen Regelung beitragen: „Durch die Erstellung eines Handbuchs zur Bewertung von Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen mit alternativen Antrieben bei städtischen Anlieferungen möchten wir die Arbeit von Kommunen und Genehmigungsbehörden in Zukunft erleichtern“, so Kirsch.