Eine bewegte Geschichte prägt Milwaukee, die Welthauptstadt des Bieres am Lake Michigan. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts explodierte die Bevölkerung der einstigen Kleinstadt förmlich von nur 20.000 auf fast 300.000 Einwohner. Rund 70 Prozent davon waren deutsche Einwanderer und ihre Familien, für die Milwaukee sich zu einem besonderen Anziehungspunkt im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten entwickelt hatte. Viele von ihnen brachten es in der neuen Heimat schnell zu Geld und Ruhm, etwa Frederick Pabst, Frederick Miller und Joseph Schlitz, die hier die drei größten Brauereien der Welt aufbauten.
Noch heute wird kaum irgendwo in den USA mehr Bier gebraut als hier. Allerdings hat sich die Bierkultur in Milwaukee in den letzten 30 Jahren rasant verändert, gilt die Stadt doch auch als die Wiege der Craftbeer-Bewegung. Diese hat sich ganz der handwerklichen Braukunst verschrieben und stellt individuellen Geschmack und hohe Qualität vor schiere Masse. Einer ihrer Pioniere ist Jim McCabe, der wie viele Craft-Brauer jedoch erst auf Umwegen zur Herstellung von Bier fand. Schon während seines Studiums zum Elektroingenieur hatte er Feuer gefangen: „Milwaukee war eine Bierstadt mit Leib und Seele – man konnte sich dem Thema gar nicht entziehen“, erinnert er sich. „Es gab schon damals einen gewissen Trend zum Brauen im kleinen Maßstab, und man konnte spüren, dass die Stadt bereit war für mehr Abwechslung. Es gab permanent irgendwelche Bierfestivals, und ich habe an zig Brauereiführungen teilgenommen. Als Ingenieur war ich schließlich auch vom Prozess der Bierherstellung selbst fasziniert.“
Vom Unternehmensberater zum Craft-Brauer
Für einige Jahre führt seine Karriere McCabe nach Oregon, wo er bei einer großen Beratungsfirma beschäftigt ist. Hier an der Westküste ist das Brauen im kleinen Maßstab schon viel weiter fortgeschritten als in Wisconsin und McCabe ist fasziniert von der Vielfalt an Aromen und Bierstilen. Auch geschäftlich hat er mit der Brauindustrie zu tun, allerdings eher mit den Branchenriesen, die er genauso berät wie deren Zulieferer. In dieser Zeit entsteht eine enge Beziehung zur amerikanischen KHS, die in Waukesha beheimatet ist, unmittelbar vor den Toren Milwaukees – auch der Maschinenbauer gehört zu den Unternehmen, deren Entwicklung er in seinem Job begleitet. Von KHS-Hightech kann er die nächsten Jahre jedoch erst einmal nur träumen: In seiner Freizeit beginnt er im heimischen Keller zu experimentieren und sein eigenes Bier zu brauen. Schnell merkt er, dass für ihn mehr dahintersteckt als nur eine Freizeitbeschäftigung. McCabe beginnt darüber nachzudenken, wie er sein Hobby zum Beruf machen kann und eröffnet nach mehrjähriger Planung schließlich 1997 sein eigenes Brauhaus, das Milwaukee Ale House. „Das war ein guter Weg, erst mal die Fühler auszustrecken“, betont McCabe. „Damals gab es im Einzelhandel keinen Platz für individuell gebrautes Bier – weder im Regal noch in den Köpfen der Händler. Außerdem wurde in den Neunzigern zunächst noch viel schlechtes Craft Beer gebraut, sodass viele Konsumenten lieber bei ihrem Einheitsbier blieben.“ Mit der Zeit und dank wachsender Importe seien die Leute jedoch auf den Geschmack gekommen. Das habe den Craft-Brauern Anfang der 2000er-Jahre Schub verliehen und die Gelegenheit gegeben, an der Qualität ihrer Produkte zu schrauben.
Von Anfang an haben McCabe und sein Team großen Wert auf beste Brauergebnisse gelegt. Als Techniker überlässt er nichts dem Zufall: „Wir hatten schon immer ein Labor, in dem wir unsere Experimente durchgeführt haben und professionell mit den verschiedenen Zutaten und Aromen spielen konnten. Für unsere Größe war das sehr ungewöhnlich. Und wir haben alles dokumentiert, um eine konstante Qualität zu ermöglichen.“ Ein weiterer Aspekt war gleich zu Beginn die Technologie: Was man sich neu nicht leisten konnte, wurde eben gebraucht angeschafft, musste aber immer den hohen Ansprüchen des Ingenieurs genügen.
Innerhalb von wenigen Jahren hat McCabe es geschafft: Sein Brew Pub ist in aller Munde und gilt in Milwaukee als der Ort schlechthin, um in den Genuss von gutem Bier zu kommen. Die Nachfrage wächst und zunehmend wollen Kunden die Produkte auch außerhalb des Milwaukee Ale Houses trinken. Es folgt eine Zeit verschiedener Versuche der Fassabfüllung in der Gaststätte und von Kooperationen mit externen Partnern. McCabe ist mit den Ergebnissen nicht sehr glücklich, möchte aber bei Haltbarkeit und Qualität keine Abstriche machen. Schnell ist klar, dass es nicht im kleinen Maßstab weitergehen kann und so wird 2007 mit dem Bau einer reinen Brauerei die nächste Stufe gezündet.
Wachstumswunder
Die Biere von MKE sind einerseits erfrischend unkompliziert, punkten andererseits aber auch mit dem Mut zu ungewöhnlichen Zutaten: Außer dem Flaggschiff, einem Amber Ale mit reichem Malzgeschmack und einem hopfenbetonten Abgang, gibt es verschiedene IPAs, von denen einige mit asiatischen Tees zart aromatisiert werden. Zum Sortiment gehören auch ein besonders cremiges Nitro Stout oder Ales, die durch Lagerung in alten Bourbonfässern eine leichte Whiskynote erhalten, sowie eine Vielzahl an saisonalen Spezialitäten, die im Jahresverlauf gebraut werden.
Nach zehn Jahren fortgesetzten Wachstums ist auch die neue Brauerei längst viel zu klein geworden. 2017 bietet sich die einmalige Gelegenheit, auf dem Gelände der ehemaligen Pabst-Brauerei in ein riesiges, ehemaliges Lagergebäude zu expandieren. Mithilfe eines Investors greift die MKE Brewing Company zu und verschafft sich auf einen Schlag Raum für eine Vervierfachung ihrer bisherigen Kapazität auf insgesamt bis zu 85.000 Hektoliter pro Jahr. Außer der 4.500 Quadratmeter großen Brauerei beherbergt die Halle auch Gastronomie, Eventräume, eine riesige Dachterrasse sowie fast 6.000 Quadratmeter Bürofläche.
McCabe selbst investiert rund 6,5 Millionen Euro – auch in die Technik. Neu angeschafft werden sollen drei Maschinen für die Abfüllung von Flaschen, Dosen und Kegs. Bei der Bieterauswahl erinnert sich der Firmeninhaber an KHS: Deren zukunftsweisende Technologie hat er schließlich vor Jahren schon häufig in Aktion gesehen und mit Bob Pease, Product Group Director bei KHS USA, steht er schon länger in Verbindung. „Natürlich ist es für uns praktisch, unsere Maschinen sozusagen vor unserer Haustür aufzustellen und hautnah mitzuerleben, wie sie sich im Alltag bewähren“, betont Pease. „Das macht es leicht, sich auszutauschen. Wenn die Technik einigermaßen vergleichbar erscheint, ist es der menschliche Kontakt, der den Unterschied macht.“ Die enge Beziehung bestätigt auch McCabe: „Es würde sich komisch anfühlen, wenn wir zwei nicht mindestens einmal im Monat miteinander sprechen würden.“ Ausschlaggebend für die Investitionsentscheidung zugunsten von KHS ist für ihn vor allem das Thema After Sales: „Gegenüber dem Wettbewerb ist der Service von KHS weit überlegen. Hier spüren wir ein viel höheres Maß an Engagement und genau die Reaktionsgeschwindigkeit, die wir brauchen.“
Gläserne Brauerei
Im Sommer 2018 ist es soweit: MKE Brewing zieht in die neuen Räume. Damit befreit sich das Unternehmen jedoch nicht nur aus der drangvollen Enge, die Besucher der beliebten Brauereiführungen bisher dazu genötigt hat, sich zwischen Stapeln von Fässern, mit Dosen gefüllten Paletten und Malzsäcken förmlich hindurchzuzwängen. „In unserer alten Brauerei mussten wir für unsere Gäste freitagsnachmittags immer erst mal einen Weg frei räumen, den sie gefahrlos nutzen konnten. Das war schon verrückt“, erklärt McCabe. Das geräumige, helle und transparente Gebäude an der Ninth Street macht zwar deutlich, dass hier Bier produziert wird, ist aber gleichzeitig eine gastfreundliche Einladung an die Öffentlichkeit. Gästen im Schankraum gewährt MKE tiefe Einblicke in seine Herstellungs- und Abfüllprozesse: Sudhaus und Fülltechnik sind selbst bei laufender Produktion vom Schankraum aus durch raumhohe Glasscheiben gut zu sehen. Fast wie in einer Vitrine präsentieren sich auch die drei neuen KHS-Maschinen: der Flaschenfüller Innofill Glass Micro DPG, ein Dosenfüller Innofill Can C sowie die Innokeg CombiKeg für die Fassabfüllung. „Speziell mit Blick auf die Lohnabfüllung ist Hightech für uns ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal“, erklärt der Brauer. „Nicht viele Unternehmen unserer Größe leisten sich Maschinen dieses Kalibers. Wir halten gerade das aber für unerlässlich, um sicherzustellen, dass unser Bier die Verbraucher genau in der Qualität erreicht, in der wir es gebraut haben.“
Seinem Traum, die neuen Kapazitäten mittelfristig auszulasten, ist Jim McCabe Ende 2019 einen großen Schritt nähergekommen – als Lohnabfüller für die in Boston basierte Marke SUP. Dabei handelt es sich um das erste Bioprodukt in einer neuen und in den USA bereits erfolgreichen Getränkekategorie Hard Seltzer. Angesichts eines Liefervertrags von jährlich 60.000 Hektolitern ist MKE bis auf weiteres ‚ausverkauft‘. Und das ist auch gut so, findet Jim McCabe: „Der besondere Geist dieses Ortes ist für uns Motivation und Mahnung zugleich“, resümiert er. „Auf der einen Seite verbinden sich mit dem Namen Pabst natürlich Qualität und Tradition. Das ist für uns ein großer Ansporn. Auf der anderen Seite spüren wir hier aber auch die Verantwortung – und sind uns der Gefahr eines möglichen Scheiterns stets bewusst.“ Angesichts der bisherigen, beispiellosen Erfolgsgeschichte der MKE Brewing Company scheint jedoch nichts ferner zu liegen als das.