Erst seit 1994 in Argentinien ansässig, hat sich der chilenische Getränkehersteller Compañía Cervecerías Unidas (CCU) nach AB InBev zur zweitgrößten Brauerei des Landes entwickelt. Speziell seit 2008 ist das Unternehmen dabei extrem dynamisch gewachsen. Belief sich der Marktanteil damals noch auf rund zwölf Prozent, bedient CCU heute rund ein Drittel des Biermarktes. Für diesen Schub sind vor allem drei Faktoren verantwortlich: Da ist erstens die Lizenzvereinbarung mit Heineken, deren Produkte seit 2004 in Argentinien exklusiv von CCU gebraut und vertrieben werden – weitere Vereinbarungen beispielsweise mit Amstel, Warsteiner und Grolsch folgten. Zweitens wurde im Jahr 2008 die rund 75 Kilometer außerhalb von Buenos Aires gelegene Brauerei in Luján erworben, heute die größte von insgesamt drei Produktionsstätten im Land.
Umsatzbooster Dose
Den stärksten Effekt auf die Umsatzentwicklung hatte drittens die im Jahr 2016 getroffene Entscheidung, Bier in großem Umfang in Dosen abzufüllen. Mit nur fünf Prozent Anteil am argentinischen Gesamtmarkt ist das Aluminiumgefäß für Biere damals noch wenig präsent. Angesichts der hohen Logistikkosten für Transport und Sortierung – vor allem bei bisher verwendeten Mehrweg-Glasflaschen – will CCU den Sprung ins kalte Wasser dennoch wagen.
Bei der Wahl des technischen Partners entschied man sich für den Dortmunder Systemanbieter KHS. „Drei Jahre zuvor hatten wir im Werk Luján bereits einen Umbau der Glaslinie zusammen mit der Installation einer neuen Abfüllmaschine durchgeführt", erinnert sich Héctor Mungo, bis März 2020 CCU-Werksleiter in Luján. „Es hat uns beeindruckt, wie KHS sich mit einer lokalen Verkaufs- und Serviceorganisation in unserem Markt engagiert hat. Die Qualität und Effizienz der Glaslinie und die Zuverlässigkeit der Techniker vor Ort haben dazu geführt, dass sich ein echtes Vertrauensverhältnis entwickelt hat.“
Beim neuen Projekt ist der Zeitplan äußerst knapp und der Termin für die Premiere des neuen Behälters scheint mutig gewählt: Geplant war, das erste Bier in Dosen im November 2016 abzufüllen – mitten in der Hochsaison, die hier von Oktober bis Februar dauert. In dieser Zeit kann man sich keinen Stillstand leisten, ohne massive Umsatzeinbußen befürchten zu müssen.
Mit Applaus bedacht
Allen Befürchtungen zum Trotz gingen Anlieferung, Installation und Inbetriebnahme reibungslos und termingerecht über die Bühne: „Nur 45 Tage hat es damals von der Anlieferung der ersten Teile bis zum ersten fertigen Produkt gebraucht. Keiner von uns hätte für möglichgehalten, dass die neue Anlage wirklich so schnell und so zuverlässig produziert“, sagt Mungo, inzwischen Technical Project Manager, der für alle drei Werke in Argentinien zuständig ist. Mit der tadellosen Ausführung dieses Projekts habe sich KHS endgültig als zuverlässiger und wichtiger Partner etabliert. Besonders hebt er die enge Zusammenarbeit hervor und die Zielstrebigkeit bei der Bewältigung der im Projektverlauf auftretenden üblichen Herausforderungen. So angetan ist man in Luján von der Leistung der Techniker, dass sie am Ende des letzten Tags der Installation durch das CCU-Team mit Standing Ovations verabschiedet wurden.
Schon drei Monate nach der Premiere des neuen Behälters wurde deutlich, dass der Bierabsatz kontinuierlich in die Höhe klettert: Die Neueinführung war ein voller Erfolg. Füllte man zu Beginn noch eine Größe von 355 Milliliter ab, kam schon 2017 als nächstgrößeres Format die 473-Milliliter-Dose hinzu, ein Format, von dem die kleinere Schwester inzwischen vollständig kannibalisiert wurde.
Rasantes Wachstum
Auch mit einer weiteren Behältergröße bewies CCU den richtigen Riecher: Die in der Hochsaison 2017/2018 als Nischenprodukt eingeführte 710-Milliliter-Dose lief zunächst nur an ein bis zwei Tagen pro Monat vom Band. Anders als die bisherigen Single-Serve-Formate hat sie ein Volumen, das gerne von mehreren geteilt wird – eine Neuheit nicht nur für Argentinien, sondern in ganz Südamerika. So beliebt ist die neue Größe, dass sie heute an vier Tagen pro Woche in Doppelschichten abgefüllt wird und fast ein Viertel des Dosengeschäfts ausmacht.
Die rasante Entwicklung der Brauerei reflektiert gewissermaßen einen Kulturwandel: Eigentlich ist Argentinien mit seinen sieben Weinregionen und einer Anbaufläche von rund 220.000 Hektar traditionell ein Weinland – genaugenommen sogar das bedeutendste Südamerikas. Seit geraumer Zeit wenden sich zunehmend mehr Argentinier einem alternativen Getränk zu: Während der Weinverbrauch in den vergangenen 30 Jahren von mehr als 50 Liter pro Kopf und Jahr auf unter 20 Liter gesunken ist, hat sich der Bierkonsum im selben Zeitraum mehr als verdoppelt und beträgt heute rund 40 Liter pro Kopf und Jahr.
Bier im Aufwind
Für diese Entwicklung gebe es verschiedene Gründe, erklärt Darío Mollo, seit März 2020 neuer CCU-Werksleiter in Luján. Heute werde zum Beispiel eine erheblich größere Zahl an Premium-Bieren angeboten – große internationale Marken ebenso wie argentinische. Sei der Markt noch vor knapp 20 Jahren von nur zwei riesigen Brauereien dominiert worden, gebe es inzwischen rund 600. Anders als etwa in den USA handele es sich dabei – abgesehen von den beiden großen Konzernen AB In-Bev und CCU – um Mikrobrauereien, die jährlich weniger als 12.000 Hektoliter produzieren. Eine Ausnahme bildeten nur eine Handvoll Brauer, die einen Ausstoß zwischen 50.000 und 60.000 Hektoliter erzielen. „Verglichen mit den 7,6 Millionen Hektoliter, die CCU pro Jahr in Argentinien braut, fällt das natürlich kaum ins Gewicht“, sagt Mollo.
Parallel zum wachsenden Wettbewerb habe die Vielfalt der Bierstile zugenommen und mit diesen die Qualität der Produkte einen raschen Aufschwung erlebt. „Dadurch wurde Bier ein bei uns heute durchaus gesellschaftsfähiges und vor allem bei jungen Verbrauchern äußerst beliebtes Getränk“, erklärt Mollo. „Hat man früher gerne auf privaten Feiern an seinem Whiskyglas genippt, ist es jetzt viel cooler, ein Heineken aus der Dose zu trinken.“
Verglichen etwa mit Venezuela oder Brasilien, wo der Pro-Kopf-Verbrauch um 70 beziehungsweise 40 Prozent höher liegt, gibt es in Argentinien ein enormes Wachstumspotenzial, das gegenwärtig nur aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Situation des Landes noch nicht ausgeschöpft wird. Da ist es verständlich, dass CCU sich in Stellung bringt, um den künftig weiter ansteigenden Durst löschen zu können. In Luján wird die Kapazität derzeit von bisher drei auf sechs Millionen Hektoliter erhöht. Dafür hat man ein dreistufiges Investitionsprogramm aufgelegt, das 2023 abgeschlossen sein soll.
Neue Investitionen
Im Rahmen der ersten Stufe wurde Anfang 2020 bei KHS eine zweite Linie mit einer Kapazität von bis zu 72.000 Dosen pro Stunde für Luján beauftragt. Sie ist technisch nahezu identisch mit der vier Jahre zuvor gelieferten Anlage und umfasst wie diese einen Dosenfüller Innofill Can DVD mit Ferrum-Verschließer und einen Tunnelpasteur Innopas SX, der für die optimale mikrobiologische Sicherheit der Produkte sorgt. Im Trockenteil ist die Linie mit den Schrumpfpackern Innopack Kisters SP und PSP bestückt, die die Dosen zu Packs zusammenfügen. Diese werden mit der robotergesteuerten Palettiermaschine Innopal PB für den Transport zum Handel auf Paletten geladen.
Für die Installation und Inbetriebnahme der neuen Linie kehrte das KHS-Team von 2016 zurück und wurde empfangen wie alte Freunde, betonen Héctor Mungo und Leandro Resnicoff, Projekt Manager von CCU. „Wir haben hier ein Teamwork praktiziert, wie ich es bisher in noch keinem anderen Projekt erlebt habe. In der Zeit vor der Pandemie waren die KHS-Kollegen jeden Mittwochabend ein fester Bestandteil unserer Fußballspiele und wurden selbstverständlich zum anschließenden Barbecue eingeladen. Das war echte Kameradschaft.“ Grundlage für dieses Vertrauen seien ohne Zweifel die Fachkenntnis der Techniker sowie die hohe Qualität der Arbeit, die sie abliefern, findet Mungo.
Alles im Rahmen
Als Co-Manager der argentinischen KHS-Büros ist Jorge Bosch sehr stolz auf die Leistung seiner Kollegen. „Von der Anlieferung über die Installation bis hin zu Inbetriebnahme und Ramp-up haben wir trotz Corona alle Termine eingehalten und den Budgetrahmen sogar unterschritten. Das Resultat spricht für sich: Bei der Abnahme haben wir eine Gesamtanlageneffektivität von 96,7 Prozent erreicht.“
Dank der technischen Ausstattung, die seit 2016 beim Dortmunder Systemanbieter bezogen wurde, kann CCU Argentina auf KHS-Anlagen nun insgesamt rund 200.000 Dosen pro Stunde verarbeiten. Inzwischen fließt fast die Hälfte der Produktion in die Aluminiumbehälter. „So wie der Markt wächst, steigt auch die Zahl der Dosen weiter, wenn auch nicht mehr so überproportional wie bisher“, sagt Darío Mollo. „Ich erwarte, dass sich ihr Anteil bei 55 Prozent einpendeln wird.“ Damit hat sich die Dose als ebenbürtige Alternative zur bewährten Glasflasche etabliert. Das ist eine erstaunliche Wachstumsgeschichte, in der KHS so etwas wie ein Geburtshelfer gewesen ist.
Überblick: Hightech von KHS für CCU Argentina
- 2013: Luján – Mehrweg-Glaslinie mit bis zu 33.000 Flaschen pro Stunde
- 2016: Luján – Dosenlinie mit bis zu 72.000 Dosen pro Stunde
- 2017: Luján – Keg-Linie mit bis zu 80 Kegs pro Stunde
- 2019: Santa Fe – Dosenfüller mit bis zu 60.000 Dosen pro Stunde
- 2020: Luján – Dosenlinie mit bis zu 72.000 Dosen pro Stunde