Angesichts der schnellen Verstädterung und einer rapide wachsenden Mittelschicht gelten weite Teile des afrikanischen Kontinents als ein potenzialstarker und dynamischer Markt. Davon profitieren insbesondere internationale Brauereien, deren Absatzmärkte in Europa und Nordamerika stagnieren oder sich rückläufig entwickeln und die hier neue Chancen sehen. Der Konsum steigt jedes Jahr um fünf Prozent, und Experten der Deutschen Bank gingen schon 2015 davon aus, dass bis 2025 mehr als ein Drittel des Zuwachses im weltweiten Bierverkauf in Subsahara-Afrika zu verzeichnen sein wird.
Dieser Trend gilt auch für Kamerun, dessen Bruttoinlandsprodukt sich in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt hat. Allerdings sind es hier nicht allein die internationalen Konzerne, die den wachsenden Durst der Bevölkerung löschen. Auch ein heimischer Anbieter spielt in der ersten Reihe mit: Die in der Hafenstadt Douala ansässige Union Camerounaise de Brasseries (UCB) behauptet sich zwischen zwei global tätigen Großbrauereien auf Rang zwei im zentralafrikanischen Markt. Mit seiner Traditionsmarke King Beer und den Marken Kadji Beer sowie K44 ist UCB in Kamerun besonders beliebt. Zugleich gilt das Unternehmen als Vorreiter: Seit 2016 wurde erheblich in neue Technik investiert: Dazu zählen beispielsweise zwei neue Mehrweg-Glaslinien, zu denen KHS 2019 und 2020 jeweils den kompletten Trockenteil beisteuerte. Im Mai 2021 wurde für das vergleichsweise junge Segment Limonaden und Wasser außerdem eine PET-Linie von KHS in Betrieb genommen – die erste überhaupt für UCB. Sie verfügt über eine Kapazität von bis zu 20.000 Flaschen pro Stunde und umfasst Streckblas-Füllblock, Etikettierer, Verpackungsmaschine und Palettierung. Derzeit prüft UCB die Getränkeabfüllung in Dosen und wäre damit – seiner Vorreiterrolle entsprechend – die erste Brauerei in Kamerun, die selbst in diesen Behälter abfüllt.
Innerhalb des Zeitplans
Aufgrund der Corona-Pandemie entstanden insbesondere im Jahr 2020 Verzögerungen bei den vorgelagerten Gewerken, die dadurch weitgehend aufgefangen werden konnten, dass sowohl die Trockenteile der zweiten Glaslinie, als auch die neue PET-Linie fast vollständig durch die nigerianische KHS-Niederlassung realisiert wurden. So konnten die Installation und Inbetriebnahme innerhalb des geplanten Zeitrahmens abgeschlossen werden.
Viele weitere Projekte, die KHS aktuell in Kamerun bearbeitet, unterstreichen, dass das Land boomt und sich zunehmend für den Dortmunder Systemanbieter zu einem attraktiven Markt entwickelt. In der Vergangenheit haben insbesondere die französischsprachigen Länder Afrikas sehr viel an Getränken importiert. Immer mehr lokale Händler und Abfüller fragen sich jedoch inzwischen, warum sie Getränke aus Europa einführen sollten, wenn sie diese vor Ort selbst abfüllen können.
Im Interview gibt Whalen Kadji, Projektmanager bei der Kadji Group und einer der Enkel des Brauereigründers, Einblicke in Philosophie und Nachhaltigkeitsstrategie seines Unternehmens sowie in die Zusammenarbeit mit KHS.
Wie würden Sie die Philosophie von UCB beschreiben?
Unser Unternehmen ist von der tiefen Verwurzelung in der kamerunischen Kultur ebenso geprägt wie von unserem Anspruch, immer besser zu werden. 1972 gegründet, haben wir stets Qualität vor Quantität gesetzt und konnten so unser Know-how und unsere Individualität bewahren. Als stolze Kameruner stehen wir heute noch für perfektes Brauhandwerk und die Verwendung bester Rohstoffe.
Qualität scheint demnach ein wichtiger Wert für Ihre Brauerei zu sein. Was unternehmen Sie, um hohe Qualitätsstandards zu etablieren und zu halten?
Unsere zentralen Werte sind Kreativität, Integrität und Mut. Daneben nimmt Qualität in der Tat eine zentrale Rolle ein – in unseren Prozessen ebenso wie im Austausch mit unseren Partnern innerhalb Kameruns sowie im Ausland. Mit Hilfe eines dedizierten Qualitätsmanagementsystems und dank exakter Planung sowie strikten Messverfahren erzielen wir möglichst an jedem Punkt der Wertschöpfungskette Spitzenleistungen.
Was waren in den fast 50 Jahren Ihrer Unternehmensgeschichte die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
Schon immer waren Menschen für uns der Schlüssel zum Erfolg. Joseph Kadji Defosso, unserem Gründer, schwebte ein Unternehmen vor, das sich als eines der besten in seinem Bereich etablieren sollte. Neben dieser Vision verfügte er über den Durchsetzungswillen, dieses Ziel zu verwirklichen. Unter der Leitung seiner Tochter Nicole Kadji Defosso suchen wir heute kontinuierlich nach erstklassigen Mitarbeitern, deren professionelle Haltung und Qualifikation höchste Standards erfüllen und die in den großen Fußstapfen Joseph Kadjis wandeln können.
Wenn wir an die Abfüllung Ihrer Produkte denken, welche Behältersegmente sind in Kamerun am wichtigsten? Und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Thema Nachhaltigkeit?
In unserem heimischen Biermarkt dominiert ganz klar die Mehrweg-Glasflasche. Darin lässt sich Bier pasteurisieren, wodurch es länger haltbar bleibt. Zudem wirkt Glas als CO2-Diffusionssperre und sorgt somit für dauerhafte Qualität in den Verkaufsregalen. Die Barbesitzer und Inhaber kleiner Läden betrachten es wiederum als großen Vorteil, dass das Leergut bei ihnen abgeholt wird. Wir selbst schließlich beziehen unsere Flaschen aus einer lokalen Glasmanufaktur, die Glas zusätzlich recyceln kann. Insofern ist dieses Material ein in jeder Hinsicht bewährter und nachhaltiger Rohstoff für die Behälterproduktion.
Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie in Bezug auf Getränkeverpackungen in Kamerun?
Für karbonisierte Softdrinks und Wasser ist PET schon seit einiger Zeit stark im Kommen. Leider gibt es bei uns jedoch bisher keinen Flasche-zu-Flasche-Wertstoffkreislauf. Bis dato werden Plastikflaschen nur gepresst, geschreddert und dann an PET-Rohstoffhersteller geschickt. Angesichts der schnell steigenden Nutzung und der damit einhergehenden wachsenden Menge an Plastikmüll muss sich der PET-Recyclingprozess bei uns noch durchsetzen. Eine Alternative zu diesem Material könnten Dosen und Kegs aus Aluminium sein – im Moment noch ein sehr kleines, aber wachsendes Segment. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass diese Behälter lokal hergestellt werden. Hier hat Kamerun noch Nachholbedarf.
Ist Plastikmüll in Ihrem Land ein großes Thema? Was unternehmen Staat und Wirtschaft dagegen?
Tatsächlich stellen Plastik- und insbesondere PET-Abfälle ein großes Problem dar. Es gibt zwar einige staatliche Richtlinien und Abgaben, aber deren Wirkung ist eher gering. Ein wichtiger Grund dafür ist zum Beispiel, dass geleerte PET-Flaschen häufig für ganz andere Zwecke wiederverwendet werden, obwohl davor immer wieder gewarnt wird. Für die Kadji Group, zu der UCB gehört, hat der Schutz der Umwelt hohe Priorität. Deshalb sind wir Partnerschaften mit Start-ups eingegangen, die in PET-Recycling investieren. Dazu zählen zum Beispiel ein Unternehmen, das Schultaschen und -mäppchen aus recyceltem PET herstellt, oder ein anderes, das die zurückgegebenen Flaschen presst, bündelt und an Recycler in Europa verschickt. Außerdem planen wir, in naher Zukunft unsere eigene Recyclinganlage zu bauen. PET ist eine riesige Chance für den afrikanischen Markt – schließlich wollen wir alle nachhaltig handeln.
Warum war die jüngste Investition in Ihre Produktionstechnologie notwendig?
Mit unseren bisherigen, sehr alten Linien konnten wir weder die gewachsene Nachfrage decken noch entsprachen sie den Produktionsstandards. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und unsere Kunden zufriedenzustellen, mussten wir in neue Anlagen investieren. Wir haben nach robuster und zuverlässiger Technologie gesucht, die uns die richtige Produktqualität zur richtigen Zeit liefert. Mit der Entscheidung für KHS haben wir eine sehr gute Wahl getroffen.
Was waren Ihre besonderen Herausforderungen im Hinblick auf ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit und welche Ergebnisse haben Sie erzielt?
Wer wettbewerbsfähig bleiben und seine Kosten senken möchte, muss den Ressourcenverbrauch optimieren und lernen, wie man intelligenter und nachhaltiger produziert. KHS hat uns aufgezeigt, welche Ursachen unsere Produktionskosten in der Vergangenheit in die Höhe getrieben haben – entsprechend war die Maschinenverfügbarkeit eines der Schlüsselkriterien für die Entscheidung zugunsten des Dortmunder Unternehmens. Nach der Installation der neuen Glaslinie haben wir unsere Leistung um 50 Prozent erhöht und gleichzeitig unseren CO2-Verbrauch um fast 40 Prozent gesenkt. Den Produktverlust konnten wir sogar um die Hälfte reduzieren.
Wie würden Sie die Beziehung zwischen UCB und KHS beschreiben?
Seit unserer Gründung vor fast 50 Jahren sind wir mit KHS und seinen Vorgängerfirmen partnerschaftlich verbunden. Obwohl wir damals ein kleines Unternehmen waren, wurden unsere Anliegen immer mit größter Aufmerksamkeit bearbeitet. Historisch betrachtet besteht zwischen uns also eine sehr starke Beziehung. Während wir früher meist mit den KHS-Ansprechpartnern in Frankreich oder Südafrika zu tun hatten, verfügt KHS heutzutage in Lagos, Nigeria, über ein junges, dynamisches und flexibles Team mit gut ausgebildeten Technikern und Ingenieuren. Für uns sind die jüngsten Investitionen der Beweis dafür, dass Maschinen zwar die eine Sache sind, aber eine vertrauensvolle Beziehung mit umfassender technischer Unterstützung mindestens genauso wichtig ist.
Welche Rolle spielt das Thema After Sales für Ihr Unternehmen?
Ein technischer Support mit zuverlässiger Wartung und Instandhaltung ist für uns unerlässlich. KHS hat uns schon vor vielen Jahren mit qualitativ hochwertigem Service versorgt. Und auch heute können wir uns darauf verlassen, dass wir zu jeder Tages- und Nachtzeit uneingeschränkt unterstützt werden. Eine besondere Herausforderung ist die Ersatzteilverfügbarkeit: Hier kann KHS in jeder Hinsicht mit seinem westafrikanischen Service-Hub in Lagos, Nigeria, punkten.
Wie hat sich die Coronakrise auf die Installation und Inbetriebnahme Ihrer neuen Linien ausgewirkt?
Die Steuerung von Projekten während der Pandemie war eine große Herausforderung. Während des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr war die Sorge vieler, zur Arbeit zu kommen oder zu reisen, groß. Auch wir selbst hatten anfangs Bedenken, Techniker aus Europa kommen zu lassen, das viel stärker betroffen war als weite Teile Afrikas. Hinzu kam, dass PCR-Tests nicht ohne weiteres verfügbar waren: Es gab nur ein Testzentrum in der Hauptstadt Yaoundé, rund vier Stunden von uns entfernt. Und wer es schaffte sich testen zu lassen, musste trotzdem für zwei Wochen in Quarantäne. Wir beschlossen daher, die gesamte Installation der Glaslinien auf Ende 2020 zu verschieben.
Was sind die zukünftigen strategischen Ziele für Ihr Unternehmen?
Seit fast einem halben Jahrhundert sind wir in der Getränkeindustrie in Kamerun und Zentralafrika tätig. Auch in Zukunft werden wir qualitativ hochwertige Produkte liefern und nachhaltig handeln. Indem wir die Beziehung zu unseren Geschäftspartnern pflegen und intensivieren, werden wir weiter wachsen und zugleich die negativen Auswirkungen unseres Geschäfts auf die Umwelt reduzieren. Der Umgang mit COVID-19 hat unseren Blick für die Möglichkeiten geschärft, die uns auf dem gesamten Kontinent künftig offen stehen.
Familienimperium: Die Kadji Group
Um seine vielfältigen unternehmerischen Aktivitäten zu bündeln, gründete Joseph Kadji Defosso bereits im Jahr 1960 die Kadji Group. Zu dem heute rund 1.500 Mitarbeiter zählenden Verbund, der sich immer noch in Familienbesitz befindet, zählen Firmen der verschiedensten Wirtschaftszweige. Neben der Brauerei UCB ist zum Beispiel der Kunststoffhersteller Polyplast Teil der Gruppe – außerdem eine Mehlmühle (SCC) im Hafen von Douala. Die Kadji Group ist mit Assurances Générales du Cameroun auch im Versicherungswesen tätig und betreibt eine Immobilienfirma, die neben mehreren Hochhäusern das bekannte Einkaufszentrum Kadji Square entwickelt hat und unterhält. Darüber hinaus ist die Gruppe in den Bereichen Logistik, Transport, Hotellerie und Gastronomie aktiv. Die Kadji-Defosso-Stiftung schließlich ist ein wichtiger Pfeiler der Gruppe für Wohltätigkeit und soziales Handeln in der Region.