Einwegkunststoffe haben in Frankreich aktuell einen schweren Stand. Die französische Regierung hat das Ziel ausgegeben, bis 2040 weitgehend auf Einwegkunststoff zu verzichten. Seit Anfang 2022 ist beispielsweise der Verkauf von vielen Obst- und Gemüsesorten in Kunststoffverpackungen untersagt. Ziel ist es, Mehrwegsysteme und damit geschlossene Wertstoffkreisläufe für Kunststoffprodukte gezielt zu fördern und auszubauen. Die konsequente Linie trifft auf große Zustimmung in der Bevölkerung. Die Zahl umweltbewusster Verbraucherinnen und Verbraucher ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. In der Folge wächst der Druck auf heimische Unternehmen. Die Marschrichtung scheint daher klar definiert.
Reduzierung des Verpackungsmaterials ohne Kompromisse beim Flaschendesign
Die französische Einzelhandelskette E.Leclerc geht als gutes Vorbild voran und beschloss bereits vor Inkrafttreten der staatlichen Regulierung, den Einsatz von Verpackungsmaterial – insbesondere aus Kunststoff – bei ihren Eigenmarken schrittweise zu senken. Diese Entscheidung für mehr Umweltschutz ist Teil einer ehrgeizigen Nachhaltigkeitsstrategie, die sämtliche Bereiche des Konzerns vom Energiemanagement über Transportsysteme bis hin zum Ressourcenverbrauch betrifft. Gleiches gilt für die zahlreichen Tochterunternehmen, zu denen auch die Wassermarke Aquamark zählt.
Der Getränkeproduzent aus der Gemeinde Laqueuille, gut 40 Kilometer westlich von Clermont-Ferrand gelegen, ist auf die Abfüllung von stillem und kohlensäurehaltigem Wasser in PET-Flaschen spezialisiert. Viele Jahre setzte Aquamark bei seinen 0,33-, 0,5-, 0,75-, 1- und 1,5-Liter-Behältern auf die klassische Schrumpffolie. „Die Folienverpackung hat für die Verbraucherinnen und Verbraucher klare Vorteile. Die Packs lassen sich einfach und sicher transportieren sowie mit wenig Aufwand auspacken“, erklärt Hubert Decroix, General Manager von Aquamark. „Doch hinsichtlich Nachhaltigkeit und Umweltschutz schneidet die konventionelle Sekundärverpackung nicht besonders gut ab.“ Der Einsatz war ein offensichtlicher Widerspruch zur Nachhaltigkeitsstrategie des Abfüllers, der seit einigen Jahren auf besonders leichte PET-Flaschen aus 100 Prozent Rezyklat setzt und dadurch erhebliche Mengen an Kunststoff einsparen konnte. Folgerichtig entschied sich der Konzern im Jahr 2019 dazu, die Folie durch eine ressourcen- und umweltschonende Alternative zu ersetzen – bei einer jährlichen Abfüllmenge von rund 350 Millionen Liter Wasser ein ambitioniertes Unterfangen.
Dabei hatten Hubert Decroix und sein Team von Anfang an ein festes Ziel vor Augen: „Wir waren auf der Suche nach einer zukunftsweisenden Maschine, die besonders ressourcenschonend ist und möglichst ohne Kunststoff auskommt“, erläutert der General Manager. „Beim Behälterdesign wollten wir allerdings keine Kompromisse eingehen, denn unsere Lightweight-Flaschen werden unseren hohen Anforderungen an Umwelt- und Ressourcenschutz bereits gerecht.“
Eine Entscheidung für mehr Umweltschutz
Auf der Suche nach einer passenden Alternative erinnerte sich Hubert Decroix an einen Artikel im Kundenmagazin der KHS Gruppe, der die Entwicklung des „Snap Pack“ beleuchtete. In Zusammenarbeit mit KHS hatte die Carlsberg Gruppe die Lösung 2018 auf den Markt gebracht. Das Snap Pack beruht auf dem umweltschonenden Verpackungssystem Nature Multipack des Dortmunder Komplettanbieters, das Getränkedosen oder PET-Flaschen mithilfe von Klebepunkten verbindet. „Diese Lösung ganz ohne Umverpackung war in der Theorie genau die Antwort, die wir für unsere PET-Flaschen gesucht haben“, meint Hubert Decroix. Er wandte sich an seinen französischen KHS-Ansprechpartner, Thierry Tanezie, mit dem er bereits seit vielen Jahren eine enge Beziehung pflegt.
Es folgte eine intensive Phase des Austauschs, in der sich beide Parteien gegenseitig förderten und forderten, wie Thierry Tanezie betont: „Aquamark hat hohe Anforderungen hinsichtlich Produktqualität, Maschineneffizienz sowie Ressourcenverbrauch an uns gestellt.“ Eine große Herausforderung zu Beginn des Projekts bestand im geringen Gewicht der zu verarbeitenden Flaschen. „Lightweight-Behälter spielten im Rahmen unserer Nature-MultiPack-Entwicklung zuvor keine bedeutende Rolle. Da Aquamark verständlicherweise keine Änderungen am Flaschendesign wünschte, haben wir das Verpackungssystem so weiterentwickelt, das Lightweight-Gebinde nun problemlos verarbeitet werden können“, erläutert der Sales Manager für Frankreich bei KHS.
Eine entscheidende Rolle bei der optimalen Umsetzung der Kundenwünsche spielte der Kleber, mit dem die Behälter zusammengehalten werden. So konnte dessen Gewicht bei der 1-Liter-Flasche von 1,8 auf 1,0 Gramm reduziert werden. „Der Einsatz der KHS-Experten war wirklich eindrucksvoll. Sie haben unsere vielfältigen Anforderungen perfekt verstanden und umgesetzt. Das ist nicht selbstverständlich, sondern das Ergebnis eines großartigen Wissenstransfers, von dem beide Parteien nachhaltig profitieren“, lobt Hubert Decroix.
Effizient und wirtschaftlich
Die zahlreichen Weiterentwicklungen und die partnerschaftliche Zusammenarbeit überzeugten den Getränkeabfüller 2020 schließlich, für seine 1-Liter-Flasche in die ressourcenschonende KHS-Lösung zu investieren. Im Mai 2021 wurde die erste Innopack-Nature-MultiPack-Maschine mit einer Leistung von bis zu 25.000 Flaschen/h erfolgreich in Betrieb genommen. Seit September vergangenen Jahres werden die neuen Sechser-Träger in den rund 750 Supermärkten von E.Leclerc landesweit vertrieben – mit überragendem Erfolg: Der Umsatz ist seit Markteinführung um 15 Prozent gestiegen. „Die neue Verpackungsart kommt bei unseren Kundinnen und Kunden sehr gut an. Sie verstehen, dass wir mit dem Nature MultiPack einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz leisten“, erklärt Hubert Decroix. Durch den Folienverzicht spart Aquamark aktuell rund 25.000 Tonnen Kunststoff jährlich ein.
Darüber hinaus überzeugt die Neuanschaffung im Vergleich zum zuvor genutzten Schrumpfpacker durch einen geringeren Energieverbrauch, da der Heiztunnel wegfällt. Dank dieser Einsparung und der Reduzierung der Klebstoffmenge konnten die Kosten pro Pack erheblich gesenkt werden. Hubert Decroix schätzt die Amortisierungszeit der Investition auf zwei Jahre. „Zu Beginn des Projekts haben wir natürlich sämtliche Lösungen im Markt begutachtet. Keine konnte mit den Vorzügen der KHS-Technologie hinsichtlich Nachhaltigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit mithalten“, betont der General Manager. „Der Nature-Multi-Packer hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Er arbeitet mit einer Effizienz von 98 Prozent – ein großartiges Ergebnis.“
Die hohe Produktivität wirkt sich ebenso positiv auf die Arbeit der Bediener aus. Beim alten Schrumpfpacker mussten häufig Routinearbeiten durchgeführt werden. Hierzu gehörte unter anderem der regelmäßige Wechsel der Folienrolle, die einen vorübergehenden Stillstand bedeuteten. „Die KHS-Lösung ist dagegen so konzipiert, dass sie komplett automatisiert arbeitet. Die Bediener werden dadurch erheblich entlastet“, erklärt Thierry Tanezie.
Vorzeigeprojekt für den französischen Markt
Die ausgezeichneten Resultate machten Aquamark die Entscheidung für eine zweite Innopack-Nature-MultiPack-Maschine leicht. Die Inbetriebnahme der Neuinvestition, die bis zu 32.000 1,5-Liter-Flaschen/h verarbeiten soll, ist für September 2022 geplant. Das Unternehmen erwartet, dass es dank der Umstellung zusätzliche 250.000 Tonnen an Kunststoff pro Jahr einsparen kann, denn die 1,5-Liter-Flasche macht rund 50 Prozent des Verkaufsvolumens der Wassermarke aus. Hubert Decroix sieht der Markteinführung im Oktober 2022 positiv entgegen: „Ich rechne fest damit, dass wir auch bei der 1,5-Liter-Flasche gute Wachstumszahlen erzielen werden. Sollte dies der Fall sein, werden wir die Zusammenarbeit mit KHS unter anderem für andere Behältergrößen kontinuierlich weiter ausbauen.“
Der große Erfolg des Nature MultiPacks bei Aquamark hat sich in der französischen Getränkebranche bereits herumgesprochen. „Unser Projekt hat das Interesse vieler Abfüller geweckt. Wir haben zahlreiche Anfragen für unsere umweltschonende Lösung erhalten“, sagt KHS-Sales-Manager Thierry Tanezie. Es kann also gut sein, dass dieses Projekt erst der Anfang eines größeren Wandels im heimischen Markt ist.