Der Materialfluss wurde immer langsamer
Zu den Hintergründen: Das Familienunternehmen TFA Dostmann mit dem Slogan „Schönes Wetter!? TFA“ ist Experte für Wetter- und Messgeräte und zählt zu Europas führenden Anbietern von meteorologischen Instrumenten. Darunter fallen Thermometer, Hygrometer oder auch Wetterstationen mit dazugehörigen Smartphone-Apps, um nur wenige Beispiele zu nennen. Immer neue Produktideen mit innovativen Designs satteln auf dem bewährten Portfolio auf, weshalb das TFA-Sortiment mittlerweile mehr als 1.000 Artikel umfasst. Traditionell in Reicholzheim beheimatet, konnte die dort installierte Logistik mit dem Wachstum des Unternehmens bald nicht mehr Schritt halten. „Alles war voll und der Materialfluss wurde immer langsamer“, legt Axel Dostmann die Situation Anfang der 2010er Jahre dar. Diese zwang das Management dazu, „in der Spitze“ fünf zusätzliche Außenläger zu unterhalten – eine auf Dauer nicht tragbare Konstellation, die mit unnötigen Transporten und mühevollem Planungsaufwand verbunden war.
Forderung nach Schnelligkeit, Individualisierung und Ressourcenschonung
„Wir mussten effektiver, effizienter werden und wollten den Anforderungen unserer Kunden nach mehr Individualisierung, Ressourcenschonung und noch kürzeren Lieferzeiten bereits proaktiv begegnen“, unterstreicht Geschäftsführer Dostmann das logistische Ziel. Dessen Erreichung gab den unternehmerischen Weg vor: eine Zentralisierung an nur einem Standort unter Aufgabe sämtlicher Außenläger. „Unsere Bestandslogistik gab keine sinnvolle Erweiterung mehr her“, sagt Dostmann, „deshalb entschieden wir uns für einen Neubau in einem Gewerbegebiet, das nur knapp zehn Kilometer von unserem Verwaltungshauptsitz und unserer alten Logistik entfernt liegt.“ TFA fand hier den Gestaltungsspielraum, den es suchte. Auf einer Grundfläche von 4300 Quadratmetern entstand ein Lager- und Distributionszentrum, in dem – ein TFA-Novum – erstmals auch automatisierte Intralogistiktechnologien zum Zuge kamen.
Durchsatzstarkes, flexibles Shuttle-System
„Auf der Fachmesse Logimat im Jahr 2012 lernte ich erstmals die Funktion und Vorzüge eines Shuttle-Lagers kennen, und schätzen“, erläutert Axel Dostmann, der sich drei Jahre später, nach eingehendem Vergleich der Lösungen verschiedener Anbieter, schließlich für das „Dematic Multishuttle 2“ entschied. Die Geschwindigkeit, Genauigkeit und der Durchsatz, der bis zu zehn Mal höher ist als bei einem konventionellen Regalbediengerät, hat den Unternehmer überzeugt. Auch die hohe Lagerdichte, die kontinuierliche Auslastung der Pick- bzw. Kommissionierarbeitsplätze, die Möglichkeit der exakten Sequenzierung sowie die einfache Skalierbarkeit mittels weiterer Shuttles, Ebenen und Gassen warfen ihr Pfund in die Waagschale. TFA Dostmann nutzt die „Flex-Variante“ des Shuttle-Systems für verschiedene Lasttypen und -größen wie das Handling von kleineren und größeren Kartons und Behältern.
Je nach Ausmaß der Gebinde und Ladungsträger nimmt das Lager zwischen 18.000 und 30.000 Lagerpositionen auf – doppeltief oder dreifachtief im Regal. Zwei Lifte und ein Stetigförderer für große Förderleistungen ergänzen das System, das über Rollenfördertechnik an vier Kommissionier- und vier Packplätze angeschlossen ist. Der Durchsatz des Shuttle-Systems beträgt 1.200 Behälter pro Stunde. Jeder Lift befördert im gleichen Zeitraum durchschnittlich 500 Behälter. TFA führt pro Tag 5.000 Picks mit vier Mitarbeitern im Einschichtbetrieb à acht Stunden aus. Die Software-Architektur beinhaltet einen Materialflussrechner von Dematic, ein übergeordnetes Lagerverwaltungssystem von KBU Logistik sowie eine Oracle-Datenbank im Hintergrund.
Besondere Ansprüche an die Software
„Über die Hardware, die eigentliche Intralogistiktechnologie, hinaus, hatten wir besondere Ansprüche an die Software“, erörtert Axel Dostmann: „Um diesen zu entsprechen, hat uns KBU Logistik von Anfang an sehr gut beraten und während der Projektrealisierung kontinuierlich begleitet – selbst an Wochenenden und Feiertagen,“ führt der Geschäftsführer anerkennend fort: „Heute noch, mehr als ein Jahr nach der Inbetriebnahme, ist KBU an unserer Seite, wenn es um Nachjustierungen, Erweiterungen oder Verbesserungen geht, die es vor allem auch unseren Mitarbeitern noch leichter machen, mit dem neuen Intralogistiksystem zu arbeiten.“
Neben der ganzheitlichen Steuerung und Überwachung der Anlage sollte die neue TFA-Intralogistik unter anderem folgende Spezialfunktionen erfüllen: eine exakte Packstückberechnung, eine permanente Inventur und automatische kundenindividuelle Auszeichnung (Etikettierung) der Ware. Lückenloses „Track and Trace“ und die Vorbereitung eines Drop-Shipments „für unsere Kunden“ kamen hinzu. Das System sollte fraglos störungsfrei und zügig arbeiten, um das kurz- bis mittelfristige Ziel TFAs einer „Lieferung am gleichen Tag“ einer Bestellung zu erreichen. KBU Logistik entsprach diesem Anforderungsprofil mit seiner Lagerverwaltungssoftware „KBU-LVS“.
Rationelle Standards mit individuellen Bausteinen
Michael Ahnemann, Vertriebsleiter des Bremer Unternehmens, erläutert das sowohl rationelle als auch maßgeschneiderte Prinzip: „Unsere Vorgehensweise bestand zunächst darin, eine Vielzahl unserer bereits ausgereiften Standardmodule einzusetzen.“ Diese Standards kombinierte KBU-Logistik mit flexiblen, individuellen Bausteinen und erreichte in Summe ein skalierbares, atmendes Gefüge, das sich stetig wechselnden Erfordernissen heute und in Zukunft anpasst.
Packstückberechnung verbessert Paketnutzung
Tatsächlich beinhaltet der KBU-LVS-Standard in seinem Ursprung viele Funktionen wie eine Mehrmandantenfähigkeit, eine dynamisch-chaotische Lagerhaltung, Pick-und-Pack-Kommissionierung direkt in den Versandbehälter, Chargen- und Stücklistenverwaltung sowie eine Lagervisualisierung, um nur einige zu nennen. Diese deckten bereits einen Großteil des TFA-Forderungskatalogs ab und konnten, dank Vorkonfiguration, zu einem vergleichsweise günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis installiert werden. Bei der Packstückberechnung hingegen hat KBU Logistik das vorgefertigte Modul auf Kundenwunsch erweitert und einen kundenindividuellen Algorithmus entwickelt. Dieser optimiert die Stauraumnutzung, unter Berücksichtigung der Minimierung der Artikelverteilung auf die einzelnen Zielkartons, bei der manuellen Kartonkommissionierung.. Die Software zeigt dabei jedem Lagermitarbeiter sowohl den richtigen Kartontyp als auch die optimierte Reihenfolge des Packens auf einem Monitor an. „Wir haben hierzu eine 3D-Visualisierung programmiert, die dem Kommissionierer anschauliche Hilfestellung leistet und den Füllstand eines Kartons genau anzeigt“, beschreibt Ahnemann. Die Packstückberechnung beschleunigt den Kommissionierprozess und spart Verpackungsmaterial.
Permanente Inventur und Drop-Shipment
Die Software-Funktion der permanenten Inventur, bei der jeder Zugang ins Shuttle-Lager und jede Entnahme fortlaufend und automatisch aufgezeichnet werden, erleichtert TFA Dostmann vor allem das Saison-Geschäft rund um die Jahreswende. Der Geschäftsführer erinnert sich an die Doppelbelastung seiner Mitarbeiter zum Ende des Kalender- und zugleich Geschäftsjahres: „Als wir noch rein manuell arbeiteten, hatten wir nicht nur ein hektisches Tagesgeschäft, wir mussten uns auch noch um die händische Bestandsaufnahme kümmern.“ Diese Situation wurde mit Einsatz des modernen Lagerverwaltungssystems aufgelöst. Mit Hilfe von KBU Logistik will TFA-Dostmann auch seine Zukunftsvision des Drop-Shipments verwirklichen. Bisher liefert das Unternehmen seine Ware ausschließlich an den Handel. Ziel ist es, schon im Jahr 2019 die Direktbelieferung des Endverbrauchers anzubieten und damit die logistischen und administrativen Strukturen seiner Kunden zu entlasten. Die jetzige Logistikanlage ist auf die Abwicklung von Kleinstaufträgen bis zur Losgröße eins vorbereitet.
Ziel in expansionsfähiger Gesamtlogistik erreicht
Alles in allem besteht die Intralogistik der TFA Dostmann GmbH & Co. KG in Reicholzheim neben den genannten Komponenten des automatisierten Shuttle-Lagers sowie der Kommissionier- und Packplätze aus einem zusätzlichen manuellen Palettenhochregallager mit 5.300 Stellplätzen sowie einem teilautomatisiertem Warenein- und -ausgang. Daran angeschlossen sind fünf LKW-Schleusen. „Wir haben unser Ziel, mit dem Neubau schneller und effektiver zu arbeiten und damit unsere Kunden noch besser zu bedienen, erreicht“, resümiert Axel Dostmann: „Unsere Kapazitäten sind jetzt nicht nur gebündelt und damit wirtschaftlicher nutzbar, wir haben unser Leistungsspektrum auch vergrößert und langfristig zukunftstauglich gemacht.“
Weitere Expansionen sind bei Bedarf möglich – sowohl durch Verdichtung in der bestehenden Gebäudehülle als auch durch Anbau auf dem umliegenden Grundstück. Die Zusammenarbeit mit KBU Logistik setzt das Unternehmen in Form eines kontinuierlichen Software-Services fort. Dazu Axel Dostmann abschließend: „Die Betreuung durch KBU ist sehr gut, im Hinblick auf die fachliche Expertise, das persönliche Engagement und die schnelle Erreichbarkeit, wenn es um die Beantwortung von Fragen oder die Lösung von Problemen geht.“ Dies sei keine Selbstverständlichkeit und erzeuge eine angenehme Arbeitsatmosphäre auf Augenhöhe: „Von Mittelstand zu Mittelstand.“