Die Bedingungen bedeuten insbesondere für Mikrohaus- bzw. Tiny House-Hersteller zusätzliche Anstrengungen, da diese bereits systembedingt nur dünne Wände ermöglichen, sollen dicke Wände nicht die knappe Wohnfläche noch weiter verringern.
Daher werden regelmäßig neue Versuche unternommen die umwelttechnischen Vorgaben zu umgehen oder auszuhebeln. Der Bundesverband Mikrohaus e.V. nimmt daher zu aktuellen Vermutungen in den sozialen Medien Stellung.
Schon vor einigen Jahren verbreitete sich die falsche Behauptung, dass umwelttechnische Anforderungen für Mikrohäuer unter 50 qm nicht gelten würden. Dabei wird z.B. Bezug auf § 104 Gebäudeenergiegesetz genommen, nach dem Gebäude unter 50 qm lediglich grundlegende dämmtechnische Anforderungen an die Gebäudehülle erfüllen sollen und ohne einen expliziten Wärmeschutznachweis zu benötigen. Dabei stellt der Wärmeschutznachweis konkrete Anforderungen an die Nutzung von erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffen; besonders wirkt sich dies bei der Heizung und Warmwasseraufbereitung sowie an das Raumklimatisierung aus. Damit sollen bei Wohnhäusern – wie auch bei Tiny Häusern, die zum Wohnen genutzt werden sollen - deutliche Energie- und Kosteneinsparungen realisiert werden. Diese Anforderungen stellen insbesondere Hersteller von Mikrohäusern vor Hürden, die sie mit ihren Angeboten nicht mehr erfüllt können – außer sie entwickeln ihr Tiny House-Angebot zu regelrechten High-Tec-Gebäuden weiter.
So wundert es auch nicht, dass sich seit Herbst 2022 eine spürbare Marktbereinigung im Mikrohaus-Sektor vollzieht und (neue) Versuche zur Umgehung bestehender Gesetze gesucht werden.
Der Bezug auf § 104 GEG ist dafür allerdings nicht geeignet. Dieser Artikel Ist lediglich auf ein Gebäude „… anzuwenden, das für eine Nutzungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmt und aus Raumzellen von jeweils bis zu 50 Quadratmetern Nutzfläche zusammengesetzt ist.“
Entscheidend dabei ist das Wörtchen „und“, womit es nur für eine temporäre Nutzung und auch nicht einmal für Einzelgebäude sondern nur für Raumzellen - also zusammengesetzte Gebäude - mit jeweils bis zu 50 Quadratmetern gilt.
Hiervon unabhängig wird das Bauaufsichtsamt bei der Genehmigung eins Bauantrages einen expliziten Wärmeschutznachweis verlangen. Wer also versucht, ein Mikrohaus ohne amtlichen Wärmeschutznachweis genehmigt zu bekommen, kann bereits an dieser individuellen Forderung des Amtes scheitern.
Daher ist es nicht sinnvoll, jede Einzelposition eines Bauantragsverfahrens isoliert von der Gesamt-Komplexität zu betrachten.
Gerade bei Mikrohäusern wird häufig besonderer Wert auf die Möglichkeit gelegt, das Gebäude auf ein anderes Grundstück zu verlegen. Bei einer solchen „Umsetzung“ bedeutet dies zwingend, dass ein bereits baugenehmigtes Mikro-Wohnhaus erst mit einer Abrissverfügung oder zumindest einer Abrissanzeige vom alten Grundstück entfernt werden darf. Beim neuen Grundstück muss dann ein neuer Bauantrag nach dann geltendem Recht gestellt und genehmigt werden. Mit anderen Worten: Nach aktueller Rechtslage aller Landesbauordnungen gilt ein Mikrohaus auf einem neuen Grundstück jedoch wieder als Neubau und muss dort die dann gültigen baurechtlichen Bestimmungen erfüllen. Sollten diese Voraussetzungen für Neubauten zwischenzeitlich verschärft worden sein, läuft der Besitzer (= als „Bauherr“) Gefahr, dass seine ehemals legale Bestandsimmobilie auf dem neuen Grundstück nicht mehr genehmigt wird.
Der Bundesverband Mikrohaus setzt sich deshalb auf Landes- und Bundesebene dafür ein, dass „ortsveränderliche Gebäude“ künftig auch bei Verlegung als Bestandsimmobilie klassifiziert werden.
Der niedersächsische Landtag hatte dazu bereits im Frühjahr 2021 einen entsprechenden Antrag zur Novellierung des Niedersächsischen Bauordnung NBO über alle Landtagsfraktionen hinweg beschlossen. Aktuell steht der Bundesverband mit der Bundesregierung im Gespräch, um diesen Punkt in die bundeseinheitliche Muster-Bauordnung einbringen zu können.
Für Mikrohäuser, die ihre erste Baugenehmigung mit gültigem Wärmeschutznachweis erteilt bekommen haben, besteht weiterhin Rechtssicherheit - auch wenn sich die umwelttechnischen Anforderungen zwischenzeitlich verschärft haben sollten.
Daher rät der Bundesverband Mikrohaus dringend davon ab, vermeintliche Gesetzeslücken zu suchen und zu nutzen. Der Verband empfiehlt daher ausdrücklich, die Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit nicht allein nur im Sinne eines günstigeren Energiebedarfs sondern insbesondere zugunsten der Werthaltigkeit des Mikrohauses einzuhalten.