„Im Tagesgeschäft verbleibt häufig zu wenig Zeit, um sich um Strategie, Unternehmensentwick- lung und insbesondere um Entwicklung im Digitalbereich zu kümmern.“ Weite Teile des kleineren, inhabergeführten Mittelstands verfügten nicht über die nötige Widerstandsfähigkeit („Resilienz“), um einer längeren Krise standzuhalten. Auch wenn der Abschwung selbst bekanntlich vor allem durch eine Vielzahl externer Faktoren begründet ist (Brexit, Handelskonflikte, Diesel-Diskussion etc.), ist das „eigentliche Problem der Unternehmen doch im Wesentlichen hausgemacht“, konsta- tiert Reinhard Stadler.
Er und seine Kolleginnen und Kollegen stellen beispielsweise immer wieder fest, dass die Selbst- einschätzung an der Unternehmensspitze oft nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein- stimmt. Banken haben den „Stresstest“ und bei Konzernen steht das Thema Risikoanalyse weit oben auf der Agenda. Bei KMU sei das eher die Ausnahme. Selbst die laufende Buchhaltung sei nach betriebswirtschaftlichen Kriterien oft unvollständig, werde lediglich zur Abgabe der Umsatz- steuer-Voranmeldung genutzt - verschenktes Informations-Potenzial.
„Bei Unternehmen mit 20 bis 50 Beschäftigten gibt es meist nur eine einzige Chefin oder einen Chef“, sagt Reinhard Stadler. Die Geschäftsführung bekommt ihr Tun nicht ausreichend „gespie- gelt“. Potenziell wirksame Kontrollinstanzen wie Aufsichts- und Beiräte seien nicht vorhanden. „Die jährliche Gesellschafterversammlung, die bei nur einem Gesellschafter aus dem formellen Akt der Genehmigung des Jahresabschlusses besteht, kann das nicht leisten.“ Auf dieser Grundlage seien „einsame Entscheidungen“ sozusagen an der Tagesordnung. Externe Beratung im Sinne einer zweiten Meinung werde oft als wenig zielführend und zu teuer wahrgenommen. „Dabei kann der nüchterne Experten-Blick von außen enorm hilfreich sein.“
Für das rechtzeitige Gegensteuern bei Fehlentwicklungen im Unternehmen, ist ein frühzeitiges Ge- spräch mit einem qualifizierten Unternehmensberater ratsam. Doch häufig ist die Realität eine an- dere: Wenn denn Profis von außen eingeschaltet werden, müssen sie nicht selten bereits einen „Feuerwehr-Job“ übernehmen. „Dieses Krisenmanagement wird aller Voraussicht nach in den kommenden Monaten zunehmen“, schätzt Reinhard Stadler. Nicht zuletzt deswegen, weil die Kre- ditwirtschaft bei Anfragen aus dem gewerblichen Bereich viel zurückhaltender agiert als früher. „Die Zeiten, in denen ein Unternehmer in Begleitung seines Steuerberaters mal eben zur Haus- bank geht, um sich finanziellen Puffer fürs kommende Jahr zu holen, sind definitiv vorbei.“
Die hervorragende Auftragslage in den vergangenen Jahren hat nach Ansicht des Experten des Bundesverbands viele betriebsinterne Baustellen verdeckt, die nun nach und nach offen zutage treten.