Seit 2001 besitzt das Werk Fulda die ECE-Homologation (ein überstaatliches System für die Zulassung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen) für den Service von Dako-Bremssteuerventilen und ist seit 2005 Servicecenter für die Aufarbeitung von Dako-Ventilen. Dank der knapp 150-jährigen Erfahrung bei der Instandhaltung von Bremskomponenten ist das Werk Fulda seit 2012 Kompetenzzentrum für die Instandsetzung und Aufarbeitung von Bremskomponenten von Schienenfahrzeugen. Aufträge zur Instandsetzung von Bremskomponenten werden sowohl von DB internen Unternehmen (z.B. DB Regio oder DB Fernverkehr) als auch von privaten Schienenfahrzeugbetreibern im Kompetenzcenter in Fulda bearbeitet. Zum weiteren Produktportfolio des Werkes Fulda zählen die Entwicklung, Herstellung und Instandsetzung von Bremsprüfgeräten, welche sich weltweitem Einsatz erfreuen.
Im Rahmen der Instandsetzung wird seitens der Werkleitung sehr hoher Wert auf eine ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze der rund 480 Mitarbeiter gelegt.
Der Instandhaltungsintervall von Bremscontainern erforderte die Einrichtung einer neuen Fertigungslinie. Hierbei war zu beachten, dass die einzelnen Module, die in jedem Bremscontainer verbaut sind, zur Instandsetzung ausgebaut werden müssen. Die Module weisen ein Einzelgewicht von bis zu 51 kg auf. Somit ist das Werk Fulda auf die Suche nach einem Handhabungsgerät gegangen, mit dessen Hilfe die Module gewichtsentlastet aus dem Bremscontainer aus- und eingebaut werden können. „Die einzige Firma, die sich in der Lage sah, uns für den sehr anspruchsvollen Handhabungsprozess ein passendes Handhabungsgerät zu bauen“, hebt Andreas Müller (Bild 2), Leiter technischer Service, hervor, „war das in Bad Wurzach beheimatete Unternehmen Lissmac Maschinenbau GmbH.“
Kompakte Installation der Funktionalteile im Bremscontainer
Seit zwei Jahren werden im Werk Fulda, zusätzlich zu den anderen Bremskomponenten, die Bremscontainer, die in den Fahrzeugen der ICE-Flotte ihren Dienst verrichten, aufgearbeitet. „Je nach ICE-Baureihe“, erklärt Andreas Müller (Bild 2), „sind in den Bremscontainern fünf bis sieben unterschiedliche Modulplatten eingebaut, auf denen sich verschiedene Einzelkomponenten befinden (Bild 3). Die Schwierigkeit, ein passendes Handhabungsgerät zu finden, lag zum einen in den geometrischen Rahmenbedingungen des Bremscontainers, auf der anderen Seite an den unterschiedlichen Gewichten der einzelnen Modulplatten sowie den nicht einheitlichen Greifpunkten. Die Modulplatten haben wir, handhabungstechnisch gesehen, in vier Gewichtsgruppen eingeteilt: Neben der Gruppe der bis zu 51 kg schweren Module unterscheiden wir die Gruppe bis 36 kg und die Gruppe 10 bis 20 kg. Module mit weniger als 10 kg handeln wir manuell.“ Diese Gruppeneinteilung spiegelt sich im Steuerungskonzept und in der praktischen Arbeit mit dem Handhabungsgerät Posimat PB 160 wider.
Posimat PB 160 auf Kranbahnschienen
Die Ausstattung des Arbeitsbereichs zur Aufarbeitung der Bremscontainer mit dem pneumatisch arbeitenden Handhabungsgerät Posimat PB 160 begann mit der Verstärkung der 18 Meter langen Hängebahnschienen. Auf der Hängebahn laufen Fahrwerke, die den Zweiträgerkran in der Längsrichtung bewegen. Auf der Zweiträgerkranbahn bewegt sich der Laufwagen auf einem Verfahrweg von 4800 mm. Das Handhabungsgerät ist auf dem Laufwagen hängend montiert (Bild 1). Pneumatische Fahrantriebe bewegen sowohl den Zweiträgerkran als auch den Laufwagen. Die Ansteuerung der Fahrantriebe erfolgt über das Bedientableau an der Lastaufnahme.
Mit dem Arbeitsradius von 2600 mm erreicht das Handhabungsgerät bequem auch alle Arbeitsbereiche außerhalb des Kranschienenbereichs. Der Posimat PB 160 bietet ohne Gegengewicht eine Bruttotragfähigkeit von 160 kg. Die Nettotragfähigkeit errechnet sich durch den Abzug des Gewichts vom Lastaufnahmemittel. Durch das in diesem Fall sehr aufwendige Lastaufnahmemittel bleibt eine Nettotragfähigkeit von 60 kg, die ausreichend ist, um die schwerste Modulplatte mit 51 kg sicher zu handhaben.
Sichere Arbeitsweise
Wie stets beim Heben von Lasten haben Sicherheitsanforderungen erste Priorität. Dazu gehören zuverlässig arbeitende Bremsen, mit denen sämtliche Achsen ausgestattet sind (Bild 4), die Zweihandbedienung zum sicheren Ablegen der Last sowie die steuerungstechnische Verknüpfung mit der pneumatischen Waage, die der Steuerung die sichere Ablage meldet. Selbst bei Druckluftausfall kann die Last stets sicher abgelegt werden. Dazu schließt sich das Rückschlagventil zum Druckluftanschluss, so dass eine ausreichende Menge Druckluft im Druckluftspeicher verbleibt, die den Klemmgreifer bis zur sicheren Ablage der Last geschlossen hält. Zum Vermeiden von Kollisionen sind die Drehbereiche von der Hauptsäule (F1-Achse), des Knickarms (F2-Achse) und des Drehgelenks (F3-Achse) auf 320 Grad beschränkt.
Demontage der Modulplatten
Die Bremscontainer werden in Transportgestellen angeliefert. Die Bremscontainer unterscheiden sich in der Länge als auch in der Höhe und Breite sowie in der Gestaltung des unteren Absatzes. Die Transportgestelle sind so gebaut, dass sämtliche Container über entsprechende Adapter aufgenommen werden (Bild 3). „Zuerst“, erläutert Fertigungsmeister Sergej Schitz, „wird das Oberteil demontiert und auf das Gestell abgelegt.“ „Anschließend“, erklärt Andy Ludwig (Bild 2) vom Aufarbeitungsteam, „lösen wir die Muttern von den Befestigungsbolzen. Dann heißt es aufpassen, denn wir müssen uns ansehen, welche Modulplatte zuerst zu lösen ist, damit wir wissen, was sie wiegt. Dazu sind die passenden Greifbacken auszuwählen und in den pneumatisch arbeitenden Klemmgreifer einzufügen (Bild 5). Entsprechend des Lastgewichts müssen wir anschließend über den mittleren Drehschalter des Bedientableaus die richtige der drei voreingestellten Lastgruppen einstellen (Bild 6).
Für die unterschiedlichen Modulplatten und Module lieferte Lissmac unterschiedliche Greifbacken. Durch die geschickte Gestaltung der Kontur, die sich gut an die Formen der aufzunehmenden Module anschmiegt, kommt man mit nur fünf Greifpaaren aus, mit denen sich sämtliche Handhabungsaufgaben erledigen lassen. Die Greifpaare und andere Montage- und Hilfseinrichtungen lagern in einem Shuttlelager, der sich im Arbeitsbereich des Handhabungsgeräts befindet.
Geschickte Konstruktion des Lastaufnahmemittels
Die Modulplatten sitzen tief im Bremscontainer (Bild 7). „Sie müssen“, berichtet Andreas Müller, „beim kollisionsfreien Herausfädeln aus den Befestigungsbolzen gefühlvoll abgehoben und mittels einer leichten Drehbewegung über den unteren Absatz des Containers geführt werden (Bild 8). Zuletzt muss man dann noch aufpassen, dass man nicht mit den seitlichen Türen kollidiert.“ (Bild 9) Dazu sind die pneumatisch arbeitenden Klemmgreifer nicht nur an der weit auskragenden Tragkonstruktion befestigt, sie sind auch seitlich versetzt angeordnet (Bild 10).
Nach der Entnahme werden die Modulplatten zur Demontage der einzelnen Module auf Werktische abgelegt. Dazu, aber auch für die Schwenkbewegungen beim Herausnehmen der Modulplatten aus dem Container, ist die Greifeinheit mit einer pneumatisch arbeitenden Dreheinheit ausgerüstet (Bild 10).Die Drehbewegung wird über Drucktaster auf dem Bedienpult im Tippbetrieb ausgelöst (Bild 11).
Sicherheit für den Schienenverkehr
Wenn die einzelnen Bauteile und Module aufgearbeitet sind, werden sie geprüft. Dabei sind sämtliche Prüfungen zu protokollieren. Gleiches gilt nach der Montage der Einzelkomponenten auf die Modulplatten. Anschließend werden die Modulplatten mit dem Lissmac-Handhabungsgerät wieder in die Bremscontainer eingesetzt. „Die fertig montierten Bremscontainer“, betont Sergej Schitz, „werden an unseren selbst entwickelten, automatisch arbeitenden Prüfstand angeschlossen, der nicht nur sämtliche Prüfungen erledigt, sondern die Ergebnisse protokolliert und auf dem Server abspeichert (Bild 12). Dieser Prüfstand ist in der Lage, alle 25 unterschiedlichen Bremscontainertypen zu prüfen.“