"Die Beiträge zu Entwicklungen in der Industrie erfreuten sich großer Beliebtheit unter den Fachteilnehmern. Doch vor allem hat sich die gemischte Programmgestaltung aus wissenschaftlichen und Industrievorträgen einmal mehr bewährt", zieht Dr. Renate Lützkendorf, langjährige Organisatorin der "naro.tech" und Abteilungsleiterin für Textil- und Werkstoff-Forschung im Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK), wie auch Vertreterin des fachlichen Partners der Veranstaltung, der Forschungsvereinigung Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (WNR), ein erstes Fazit. Im Bereich der Naturfaserverbunde sieht sie den Haupteinsatz weiterhin beim Automobil-Interieur. Es gebe jedoch auch Beispiele wie die preisgekrönte Innovation eines Biopolymer-Werkstoffs zur Herstellung von Bleistiften, die die bisherigen Prozessschritte auf einen Bruchteil reduziere und gleichzeitig verbesserte Materialeigenschaften biete.
Dies ist auch ganz im Sinne einer ressourcenschonenden, wettbewerbsfähigen Bioökonomie, deren Umsetzung in Mitteldeutschland als europäische Modellregion sich der Spitzencluster BioEconomy zum Ziel gesetzt hat. Bereits zum Auftakt der Veranstaltung zeigte Dr. Joachim Schulze (ThyssenKrupp Industrial Solutions) die Hürden, aber auch die Möglichkeiten für nachwachsende Rohstoffe angesichts breiter Anwendungsfelder in der chemischen Industrie. Auch die Europäische Kommission hat die Bioökonomie als wichtigen Punkt auf der Agenda, wie Dr. Achim Bönke (DG Enterprise and Industry) im zweiten Eröffnungsvortrag der naro.tech darlegte. Aktuelle Handlungsfelder sind hier u.a. die Definition von Standards und die Überführung von Bioraffineriekonzepten in den industriellen Maßstab. Ganz konkret wird die Bioökonomie zwischen dem Chemiestandort Leuna und dem Südharz entwickelt, wo derzeit in koordinierten F&E-Projekten entlang biobasierter Wertschöpfungsketten eine ganze Kompetenzregion entsteht. In der Bioökonomie-Session am zweiten Veranstaltungstag zeigten die Referenten des Spitzenclusters BioEconomy die Anforderungen an eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Möglichkeiten der Nutzung als Holzwerkstoff, Chemierohstoff, Naturfaserverbundwerkstoff und Energieträger auf. Insbesondere auf dem "Multitalent" Lignin, das u.a. in biobasierten Klebstoffen oder Bindemitteln Einsatz finden könnte, ruhen viele Hoffnungen.
Im Bereich der Biopolymere, einer der langjährigen Themenschwerpunkte der naro.tech, arbeiten Wissenschaftler u.a. daran, Polyesterharze aus Bio-Rohstoffen zu gewinnen. Aus Polyesterharzen bestehen z.B. hitzebeständige Griffe an Kochtöpfen. Andere Forschungsarbeiten betrachten das Schäumen von Biokunststoffen wie Polymilchsäure (PLA), z.B. für Dämmplatten oder Lebensmittelverpackungen. Auch für die Cellulose, ein lange etablierter Bio-Rohstoff, finden sich immer neue Anwendungen u.a. in der Biomedizin, Kosmetik oder Textilindustrie.
Als Fazit zeichnet sich nicht nur eine Renaissance für biobasierte Werkstoffe in vielen Industriezweigen ab. Aktuelle Forschungen und Entwicklungen ermöglichen vielmehr ganz neue Anwendungen für nachwachsende Rohstoffe, wie z.B. in der Großchemie, Bauwirtschaft und Automobilindustrie. Und für eine Nachhaltigkeit der Wirtschaft steht vor dem Hintergrund des Klimawandels und knapper werdender fossiler Ressourcen das neue Konzept der Bioökonomie.
Die nächste naro.tech findet im Herbst 2016 statt. Weitere Information unter: www.narotech.de und www.bioeconomy.de