In den Industrienationen schreitet die Liberalisierung der Energiemärkte voran. Die Entflechtung der Energiekonzerne und der Zutritt neuer Marktteilnehmer haben die Anzahl der Akteure und die Komplexität der Marktprozesse deutlich erhöht. Probleme im Zusammenhang mit der Leitungsgebundenheit und mit der Speicherung großer Mengen elektrischer Energie haben sich dadurch verstärkt. Parallel hierzu nimmt die Dezentralisierung der Energieerzeugung zu, nicht zuletzt durch die Fördermaßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Schließlich führen Rohstoffverknappung und Klimawandel zu verstärktem Handlungsbedarf, vor allem bei der Erhöhung der Energieeffizienz und bei der Senkung des CO2-Ausstoßes.
Jochen Homann, Staatssekretär des BMWi, nannte als Ziele des von ihm vorgestellten Förderprogramms „E-Energy“ die Erreichung von mehr Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit in der Stromversorgung. Die Informationstechnologie eröffne für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für die Koordination von zentraler und dezentraler Energieerzeugung völlig neue Möglichkeiten. Auch die Optimierung der Stromflüsse durch die Netze, die Steuerung des Energieverbrauchs mit smarten Endgeräten oder die Entwicklung intelligenter Energiespeicher ließen sich ohne zukunftsweisende Informationstechnologie nicht meistern, so Homann.
In der deutschen Energielandschaft sieht Johannes Kindler, Vizepräsident der Bundesnetzagentur, insbesondere die Bereiche Erzeugung und Transport von Elektrizität vor großen Herausforderungen. Ein Schwerpunkt liegt aus Sicht der Bundesnetzagentur bei den regulierungsrelevanten Themen „Smart Grid“ und „Smart Metering“. So betont Kindler: „Intelligente Zähler werden in einem zukünftigen System intelligenter Netze eine Schlüsselrolle innehaben“. Der Trend zu dezentraler Stromerzeugung führt zu einer wesentlich komplexeren Struktur heutiger Netze. „Smart Grid“ bezeichnet dabei die Organisation der modernen Stromnetze zur Steuerung, Verteilung, Speicherung und Erzeugung von elektrischer Energie.
Auf dem Kongress wurde auch die Bedeutung des „E-Mobility“-Konzeptes diskutiert. Gemeint ist damit die Fortbewegung mit Fahrzeugen, die über leistungsstarke, wieder aufladbare Batterien verfügen und die mit Elektrizität aus dem Stromverteilnetz mit Hilfe so genannter Plug-Ins betrieben werden. Tim Baak von E-Mobility Partners erklärte: „Plug-Ins entkoppeln den Bezug und den Verbrauch von elektrischer Energie. Damit kann Elektrizität aus dem Verteilnetz gespeichert werden und zu einem späteren Zeitpunkt zum fahren verwendet oder wieder in das Verteilnetz eingespeist werden. Die Integration der Plug-Ins in die Elektrizitätsversorgung ermöglicht deren Nutzung als Elektrizitätsspeicher und als Regeleinheiten“. Baak bezeichnete „E-Mobility“ in diesem Zusammenhang als Megatrend, der einen Milliardenmarkt allein für Komponenten, Software und Services eröffnen wird.
Mit den Anforderungen an die Softwarearchitektur hinter E-Energy setzte sich Prof. Manfred Broy von der Technischen Universität München auseinander. „Softwarearchitekturen für ein Internet der Energie müssen anspruchsvolle Steuerungsaufgaben für ein optimiertes Energiemanagement erbringen – inklusive der Funktionalitäten für die Verwaltung und Überwachung des Systems. In den Energienetzen werden zunehmend Abrechnungs- und Wettbewerbsfragen eine Rolle spielen – ähnlich zu Telekommunikationsnetzen“. Dr. Gero Bieser von SAP resümierte: „Die fortschreitende Liberalisierung der Energiemärkte und das Streben nach Energieeffizienz werden zu weitreichenden Veränderungen bei den Verkaufs- und Serviceprozessen von Energieversorgungsunternehmen führen und darüber hinaus komplett neue Geschäftsprozesse schaffen“. Die Beziehungen zwischen Kunden und Versorgungsanbietern werden sich in diesem Kontext signifikant verändern. Die bisher einseitige Beziehung von Anbieter zu Kunde wird sich zu einer kooperativen Beziehung mit einer erhöhten Mitwirkung und einer größeren Eigenverantwortung des Kunden entwickeln. Der Kunde wird somit zunehmend zum Geschäftspartner, der nicht nur Energie und Dienstleistungen einkauft. Vielmehr wird er auch als Produzent oder gar Anbieter agieren, der dem Energieversorger seinerseits verschiedene Leistungen in Rechnung stellt.