Warum ist intensive Beratung sinnvoll?
Vereinfacht gesagt soll die ERP-Software den so genannten Regelkreis des Controlling abbilden und dauerhaft unterstützen - nämlich Planung, Information/Realisierung, Analyse und Steuerung. Die Software bezieht die für das Controlling relevanten Informationen dabei aus dem kaufmännischen sowie aus dem bautechnischen Teil.
Die Nutzung einer komplexen neuen Unternehmenssoftware stellt für manche Anwender eine echte Herausforderung dar – zumal vorher meist eine andere Software eingesetzt wurde, um Ergebnisse bzw. Auswertungen zu bekommen. Allzu häufig ist man geneigt, neue Programme genau so einzurichten wie die bisher gewohnten. Dabei lässt der Anwender gerne außer Acht, dass die neue Software oft weit größere Stärken besitzt und Möglichkeiten eröffnet als das alte Programm, die bei einer 1:1-Umsetzung evtl. nicht genutzt würden.
Eine nicht programmgerechte Einrichtung – das beginnt schon mit dem Kostenstellenstamm – führt fast zwangsläufig zu unzureichenden Informationen. Wenig zielführend ist es auch, wenn die einzelnen Abteilungen Berichte mit sehr unterschiedlichem Detaillierungsgrad erstellen, z.B. eine Abteilung arbeitet extrem detailliert, während andere eher „grob rastern“. Ein Beispiel: Kalkulatoren benutzen zehn Elementebenen – der Controller hat dafür aber nur eine Kostenart. Ein Soll – Ist Vergleich ist dadurch kaum aufschlussreich.
Schnell verlieren so Berichte an Aussagekraft, und wenden im ungünstigsten Fall zu reinen „Zahlenfriedhöfen“. Die Software wird so ihrer Stärke beraubt und nützt als Controllingwerkzeug nicht mehr viel. Derlei Fehlentwicklungen können durch frühzeitige und genaue Beratung vermieden werden.
Wie sieht richtige Beratung aus?
Scheinbar ein kleines Detail: aber zum Projektstart sollten alle Fragen bzgl. der Terminologie geklärt sein. Als Beispiel: ein Bauunternehmen bezeichnet seine Baustellen als Kostenstellen, ein anderes als Kostenträger – im nächsten laufen die Baustellen unter „Projekte“. Anwendungsberater und Kunde müssen also alle Fachworte frühzeitig absprechen, um Missverständnissen vorzubeugen. Sich auf vermeintlich sichere betriebswirtschaftliche Fachbegriffe zu verlassen, kann im Bauwesen schon einmal in die Irre führen.
In der Regel hat sich der Kunde vor dem Kauf über seine neue Software umfassend informiert. Und selbstverständlich wird man auch nicht außer Acht lassen, wie der Kunde bisher Berichte erstellt und seine Kosten- und Leistungsrechnung organisiert hat. Eine zusätzliche eingehende Beratung vor der Einrichtung des Programms tut aber dennoch not. Denn der Kunde kann in dieser frühen Projektphase noch nicht alle Stärken und Optionen der neugekauften Software kennen.
Genau deshalb wird der Controllingexperte des Softwareherstellers nicht alle Kundenwünsche kommentarlos in die Tat umsetzen. Vielmehr wird er vorab mit dem Kunden dessen Ziele klären, und gemeinsam mit ihm die „Neue Software“ auf die Bedürfnisse abstimmen und einrichten (z.B. Kennzahlen, Soll-Ist-Vergleiche, etc.). Schließlich wird der Berater immer darauf achten, dass der Aufwand für das Berichtswesen auch in einer vernünftigen Relation zu den erzielten Ergebnissen steht.
Die Einrichtung der Software sollte so erfolgen, dass monatlich kontrolliert werden kann, d.h. dass die Zahlen der wesentlichen Kostenarten (Personalkosten, Lohnkosten, Subunternehmerleistungen und Sonstiges) immer aktuell zur Verfügung stehen. Der Berater sollte mit dem Kunden alle Unklarheiten diskutieren. Es darf keinen Zweifel da-rüber geben, ob der Kunde mit der Software eine Vollkosten- oder eine Deckungsbeitragsrechnung durchführen möchte.
Dann können die Kosten detailliert mit einem geeigneten Verteilerschlüssel den Kostenstellen (Baustellen) zugewiesen werden. Je nach Aufbau (Vollkostenrechnung oder Deckungsbeitragsrechnung) sollte man nicht vergessen, Sozialkosten und Verwaltungskosten ebenfalls auf die einzelnen Baustellen zu verteilen.
Der Berater hilft u.a. auch bei der verursachungsgerechten Verteilung der Gemeinkosten. Beispielsweise trägt ein Bauleiter nicht die Verantwortung für eine längere Schlechtwetterperiode, durch die „seine Baustellen“ faktisch lahmgelegt werden. Eine unverhältnismäßig große Belastung z.B. mit Sozialkosten könnte das Ergebnis dieser Baustellen stark verzerren. Bewährt hat sich daher im Bereich Sozialkosten die Ermittlung eines Jahresmittelwertes und die gleichmäßige Belastung der Baustellen mit dem Sozialkostenanteil.
Bei den Gesprächen kann der Berater außerdem noch Tipps geben, welche zusätzlichen Hilfsmittel (Tools, Module) zur Unternehmens-steuerung für den Kunden interessant sein könnten. Ein Management-Informations-System wie das auf dem CORPORATE PLANNER basierende Bau financials MIS kann das ERP-System beispielsweise durch seine zahlreichen Visualisierungsmöglichkeiten (Grafiken) perfekt ergänzen.
Folgerung
Die richtige Beratung ist beim Kauf und bei der Einrichtung von Unternehmenssoftware unerlässlich. Erstens baut eine enge Zusammenarbeit ein Vertrauensverhältnis auf, zweitens wird die Wahrscheinlichkeit von Fehlern in der Nutzung des Programms stark gesenkt - eine direkte Umsetzung der Kundenwünsche führt selten zum Ziel. Und was man nicht vergessen darf: Ein guter Anwendungsberater hat nicht nur die fundierte Kenntnis der Software, sondern auch praxiserprobtes Branchenknow-how. Gerade beim Controlling wäre ein Verzicht auf Beratung ein Sparen an der falschen Stelle.
Handelsfachwirt Rolf Götz, Anwendungsberater der Nemetschek Bausoftware GmbH