Änderungen von Bauumständen - direkte Einflüsse auf den geplanten Bauablauf - sind heutzutage bei der Erstellung eines Bauwerkes üblich.
Doch wer soll das bezahlen? ...
Egal, ob es sich dabei um eine Terminverschiebung des Baubeginns, fehlende oder falsche Pläne, den terminlichen Verzug anderer Gewerke oder auch Maßnahmen zur Beschleunigung des Baufortschritts handelt - es entsteht immer ein zusätzlicher Koordinierungs-, Kalkulations- und Bauleitungsaufwand. Werden wegen Nachtragsstreitigkeiten Sachverständige eingeschaltet, so muss auch deren Leistung bezahlt werden.
Wer aber muss für solche zusätzlichen ‚internen' bzw. ‚externen' Kosten aufkommen? Als Anspruchsgrundlage kommt hier der § 2 Nr. 5 VOB/B in Frage. Dort steht: "Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden."
... und wie sieht die Praxis aus?
Der Auftragnehmer erstellt in der Regel seine Kalkulation nach dem Minimalkosten-Prinzip (kostengünstigste Lösung zur Erbringung einer Leistung). Dabei ist es gleich, ob es sich um eine Zuschlags- oder Endsummenkalkulation handelt. Bei der Kalkulation kann er davon ausgehen, dass die Leistungsbeschreibung des Auftraggebers grundsätzlich vollständig und richtig erstellt wurde. Weiterhin darf und muss er davon ausgehen, dass nach Vertragsabschluss keinerlei Bauvertragsabweichungen eintreten, die der Basis seiner Angebotspreis-Bildung widersprechen.
Setzt man dies alles voraus, dann sind die aus Bauumstandsänderungen resultierenden Mehr- oder Minderkosten nach dem Verursachungsprinzip dem Auftraggeber zuzuschreiben. Denn er hat in der Regel die Abweichungen vom Bauvertrag zu vertreten.
Bei Änderung der Bauausführung fordert der Auftraggeber den Auftragnehmer dazu auf, einen Nachtrag in Form von Nachtragspositionen zu schreiben, zu kalkulieren und zu fakturieren. Der Auftraggeber verlagert damit einen Teil seiner Pflichten auf den Auftragnehmer. Die dabei entstehenden Mehrkosten für die Nachtragsbearbeitung und die zusätzlichen Kosten für die Vorfinanzierung gehen so komplett zu Lasten des Auftragnehmers.
Dieses gängige Verfahren ist zur Vermeidung weiterer Terminverzögerungen sicher praktisch. Es ist aber nicht korrekt.
Was lässt sich tun?
Nach Meinung von Prof. Dr.-Ing. Horst Dieter Supe und Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Johannink vom Institut für Nachtragsmanagement, Abrechnung und Baubetriebsberatung (INA-BAU) liegt das Problem in der Aufgabenverteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Denn zu den Pflichten des Auftraggebers gehört es, die baubetrieblichen und rechtlichen Vorraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung zu schaffen. Daraus resultierenden Aufgaben, wie Sachverhaltsdokumentationen, BauSoll-/BauIst-Beschreibungen, Aufstellen von geänderten bis ergänzenden Leistungsverzeichnissen (Bauinhaltsbeschreibung), neue Leistungsbeschreibung (insbesondere neue Bauumstandsbeschreibung), organisatorische Maßnahmen usw. sind deshalb von ihm zu erledigen. Weil aber in der Praxis erfahrungsgemäß diese aufwändigen Arbeiten von den Auftragnehmern - oft mit Hilfe anderer Dienstleister - durchgeführt werden, müssen ihnen diese Zusatzleistungen auch vom Auftraggeber vergütet werden. Ob sie sich die Nachtragsbearbeitung über zusätzliche Baustellengemeinkosten, eine EKT-Anpassung bei den jeweiligen Nachtragspositionen oder als zusätzliche Leistung erstatten lassen, spielt dabei keine Rolle.
Angebot zur Weiterbildung und mehr ...
Nahezu bei jeder Baumaßnahme kommt es zu mehr oder weniger großen Bauvertragsabweichungen im Leistungsbereich, die das im Bauvertrag vereinbarte Gleichgewicht von Bau- und Vergütungsleistung aushebeln, meistens zum finanziellen Nachteil der Auftragnehmer.
Im Zuge der Europäischen Baurechtsangleichung sind künftig noch zahlreiche weitere Änderungen in der VOB zu erwarten. Die Kenntnis aktueller Rechtssprechung zahlt sich deshalb für jeden Bauunternehmer direkt aus.
Von INA-BAU in mehr als einem Jahrzehnt praktischer Baubetriebsberatung gewonnene Erfahrungen zeigen, dass viele Bauunternehmungen die Möglichkeiten der Wiederherstellung des Bauleistungs-/Vergütungsgleichgewichts im Rahmen des Nachtragsmanagements nicht ausschöpfen und damit mühsam verdientes Geld verschenken.
Richtiges Nachtragsmanagement ist eine oft überlebensnotwendige Zukunftsinvestition in Manpower und Ausstattung, die weitaus mehr bringt als sie kostet. Zu dieser Erkenntnis sind auch die Teilnehmer unserer bisherigen Seminare zu diesem Thema gekommen. In Zusammenarbeit mit Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Johannink möchten wir Ihnen gern weitere gemeinsame Veranstaltungen zur Thematik ‚Nachtragsmanagement' anbieten.
Bei Interesse senden Sie bitte eine kurze Mail an Jakel@bausoftware.de
Nemetschek Bausoftware hat übrigens ein Schnittstellenprogramm entwickelt, mit dessen Hilfe Sie direkt Daten mit der INA-BAU Software für Nachtragsmanagement CAC-NAM austauschen können.
Autor: Dipl. Ing.(FH) Hubert Jakel, Anwendungsberater der Nemetschek Bausoftware GmbH
Weitere Informationen: www.bausoftware.de