Nahezu alle Straßenbahnräder verfügen über Metallreifen mit Spurkranz, die wegen des Verschleißes eine regelmäßige Reprofilierung erfordern. Würde dies versäumt werden, hätte das Nachteile hinsichtlich der Laufleistung und der Fahreigenschaften. Die VBZ führt die Reprofilierung der Räder in ihrer Wartungshalle neben der Station Zürich-Oerlikon aus. Es wird eine Maschine verwendet, die im Jahre 1991 von der Firma Kellenberger geliefert wurde.
Bis vor Kurzem nutzte die Reprofiliermaschine zur Bearbeitung der Reifen eine Art Schleifscheibe. Dieses Verfahren erwies sich jedoch als sehr zeitaufwendig - insbesondere bei stärkerem Verschleiß. In solchen Fällen mussten u. U. mehrere Millimeter abgetragen werden, um die Räder wieder auf einen gleichmäßigen Durchmesser zu bringen. Zudem musste die Schleifscheibe ausgetauscht werden, wenn Räder unterschiedlichen Durchmessers bearbeitet wurden, was wiederum Verzögerungen und eine Verringerung des Durchsatzes mit sich brachte. Darüber hinaus ließ die Zuverlässigkeit der nahezu 20 Jahre alten Maschinensteuerung mit der Zeit nach, und deren Wartung wurde immer teurer.
Als sich die VBZ dazu entschloss, in Zürich mehrere neue Straßenbahnen in Betrieb zu nehmen, beriet sie sich mit der Emotec AG - einem Unternehmen, das sich auf die Oberflächenbearbeitung und die Anwendung von CNC-Steuerungen spezialisiert hat. Die neuen Straßenbahnen bieten eine geringere Bodenhöhe, um den Fahrgästen das Ein- und Aussteigen zu erleichtern, und sind mit weniger Drehgestellen und kleineren Rädern als die älteren Modelle ausgerüstet. Dies bedeutet, dass die Räder höheren Belastungen ausgesetzt sind, wodurch sích auch ihr Verschleiß erhöht.
Nach eingehender Untersuchung des Verfahrens kam Emotec zu dem Schluss, dass es möglich wäre, statt des Erwerbs einer völlig neuen Maschine die vorhandene Reprofiliermaschine durch Nachrüsten einer Drehfunktion und eines modernen CNC-Systems anzupassen. Durch das Abdrehen der Straßenbahnräder auf einer Drehmaschine vor dem Schleifen konnte die Reprofilierung der Reifen gravierend beschleunigt werden. Interessanterweise wurde das Abdrehen der für Straßenbahnreifen verwendeten extrem harten Materialien mit dem Verfügbarwerden spezieller Drehwerkzeuge und leistungsfähiger, direkt gekoppelter CNC-Systeme erst vor Kurzem überhaupt machbar.
Die Anforderungen an die Steuerungseinheit einer Maschine, die sowohl das Formschleifen als auch das Abdrehen ausführen kann, sind erheblich. Daher arbeitete Emotec eng mit NUM zusammen, um die vorhandene Einheit durch ein leistungsfähigeres System zu ersetzen. Die resultierende Systemkonfiguration setzt sich aus zwei Einheiten des Typs NUM Axium CNC und der NUM-Antriebstechnik MDLU3 zusammen, wodurch sich insgesamt 16 Achsen steuern lassen. Auch die gesamte Steuerungs- und Anzeigesoftware wurde von NUM entwickelt. Eine weitere Grundforderung bestand darin, dass der Maschinenbediener, da die beiden Bearbeitungsvorgänge völlig unterschiedlich sind, eine klare Anleitung zu den jeweiligen Prozessen erhalten muss. Um dies zu realisieren, ist die Maschine mit zwei Bedienpulten des Typs NUM FSi-151 ausgerüstet, die eine äußerst intuitive, anwenderfreundliche Bedienoberfläche bieten.
Die nachgerüstete Reprofiliermaschine beansprucht nicht mehr Platz als ihre Vorgängerin. Die Straßenbahn wird in die Wartungshalle der VBZ gefahren, und die Maschine, die sich praktischerweise auf einer unteren Ebene des Gebäudes befindet, wird dann hydraulisch angehoben, bis ihre Gummiantriebsräder die Räder der Straßenbahn berühren. Die Maschine kann nun die Reifen von zwei Straßenbahnrädern gleichzeitig bearbeiten, wodurch sich der Durchsatz effektiv verdoppelt, und der gesamte Prozess läuft viel schneller ab, da die Metallreifen - abhängig vom Verschleiß - entweder vor dem Schleifen abgedreht oder überhaupt nur abgedreht werden.
Die Vorteile des Abdrehens liegen vorrangig in den viel kürzeren Bearbeitungszeiten - besonders bei stark verschlissenen Rädern - sowie der Fähigkeit, auch den Spurkranz und die Rückseite des Rades zu reprofilieren. Weitere Vorteile sind die Möglichkeit der Bearbeitung unterschiedlicher Reifenprofile ohne das Wechseln der Werkzeuge sowie optimierte Drehverfahren für die Grob- und Feinbearbeitung. Emotec und NUM haben eindeutig gezeigt, dass das Nachrüsten einer vorhandenen Maschine unter Anwendung neuer Ideen im Vergleich zum Erwerb einer neuen Maschine tatsächlich eine vorteilhafte Lösung sein kann. Wenn Sie also das nächste Mal in Zürich Straßenbahn fahren, denken Sie auch einmal daran, was dafür getan wird, Ihnen eine gute Fahrt zu garantieren.
Die Emotec AG
Die Emotec AG ist ein Unternehmen des Geräte- und Anlagenbaus, das auch Zulieferteile fertigt, mit Hauptsitz in Hennigsdorf bei Berlin. Emotec beschäftigt sich speziell mit der Oberflächenbearbeitung und stellt darüber hinaus eine Reihe von CNC-Stanz- und Bohrmaschinen her. Emotec gehörte ursprünglich zur ehemaligen Telefunken Sendertechnik GmbH und wurde 1995 eigenständig. Daher bezeichnet sich Emotec als "junges Unternehmen mit einer langen Tradition". Weitere Informationen zu den Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens finden Sie auf www.emotec.de.