Um eine weltweite, klimaneutrale Wasserstoffwirtschaft zu schaffen, muss schnell genügend hergestellt und müssen ausreichend Kapazitäten für Transport und Lagerung geschaffen werden. Mehrere Wege dorthin wurden bereits entwickelt, der aktuell vielversprechendste ist die chemische Wasserstoffspeicherung, in der Fachwelt kurz LOHC für Liquid Organic Hydrogen Carrier. Es handelt sich um organische Verbindungen, die Wasserstoff durch chemische Reaktion aufnehmen und wieder abgeben können. Mit der LOHC-Technologie kann der explosive Wasserstoff sicher und effizient gespeichert und verlustfrei transportiert werden. Das Verfahren wird inzwischen als wesentlicher Beitrag zur Dekarbonisierung angesehen. Die Nachfrage steigt nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Privatpersonen. Aktuell gilt es, die Wirtschaftlichkeit und Verbreitung zu erhöhen. Die Firma Hydrogenious LOHC Technologies mit Hauptsitz in Erlangen ist Pionier und führend auf dem Gebiet der LOHC-Technologie. Das Start-Up-Unternehmen Advanced Hydrogen Storage (kurz AHS) hat mit Hydrogenious eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, um diese Technologie nicht nur für große Industrieanlagen, sondern nun auch für kleinere, dezentrale Anwendungen wie in Hotels und Landwirtschaftliche Betriebe einsetzbar zu machen.
Jetzt auch in kleiner für einen möglichst breiten Einsatz
Geschäftsziel der neu gegründeten AHS ist es, auf Basis der LOHC-Technologie innovative Lösungen für die Speicherung von Wasserstoff zu entwickeln, zu produzieren und zu vertreiben, und das für dezentrale Anwendungen in der Landwirtschaft, in kleinen und mittelgroßen Betrieben, in Wohngebäuden, öffentlichen Gebäuden und Kommunen. Das von Hydrogenious als LOHC verwendete Thermalöl Benzyltoluol bietet eine hohe Speicherdichte und ermöglicht eine einfache und sichere Lagerung in Tanks. Aufgrund einer Lizenzvereinbarung mit Hydrogenious darf AHS die LOHC-Technologie für den Bau von Kleinanlagen mit einer Ein- und Ausspeicherleistung bis 500 Kilogramm Wasserstoff pro Tag nutzen. Das entspricht ungefähr der Produktionskapazität von einer 1 Megawatt Wasserstoff-Elektrolyse und ist somit ideal für einen breit gestreuten Einsatz jenseits von großen Industrieanlagen.
LOHC nicht nur für den Transport, sondern als Speichermedium vor Ort
Dr. Markus Ostermeier, einer der Geschäftsführer von AHS, ist überzeugt, dass mit dieser Nutzungserweiterung die dringend notwendige Versorgung mit Wasserstoff in der Breite der Gesellschaft vorangetrieben werden kann und muss. „Mit der Kooperation werden wir einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Denn wir entwickeln und bauen eine neue, besondere Anlage, mit der Wasserstoff sowohl ein- als auch ausgespeichert werden kann.“ Ein wesentlicher Fokus der LOHC-Technologie von Hydrogenious liegt in der großindustriellen Speicherung und dem Transport von Wasserstoff in der bestehenden Infrastruktur für flüssige Brennstoffe. Der Wasserstoff wird also in günstig produzierenden Ländern in LOHC eingespeichert und so gebunden per Tanker, Schiene oder LKW transportiert, um am Zielort zur Weiterverwendung in hoher Reinheit freigesetzt zu werden. AHS hingegen will LOHC vor allem als lokales Speichermedium nutzen. Wasserstoff, der vor Ort aus erneuerbaren Energien produziert wurde, wird dort auch gleich mittels LOHC-Technologie eingespeichert, eingelagert und bei akutem Energiebedarf wieder freigesetzt. „Ein in sich geschlossenes Versorgungssystem von der Energieproduktion über die Speicherung bis hin zum punktgenauen Verbrauch“, schwärmt Markus Ostermeier. „In der eigens dafür gegründeten Firma AHS entwickeln wir dieses spezielle System vor allem für die autarke Gebäudeversorgung, den ONEReactor. Wir haben uns vorgenommen, bis Ende 2024 eine Pilotanlage in Betrieb zu nehmen.“
Mitgründer von AHS sind fachliche Schwergewichte
Flüssige organische Wasserstoffträger sind ein Forschungsschwerpunkt von Prof. Wolfgang Arlt, der bereits 2014 als „Gestalter der Energiewende“ ausgezeichnet wurde und Träger des Bundesverdienstkreuzes ist ebenso wie Mitgründer von Hydrogenious. Prof. Patrick Preuster forschte am Helmholtz Institut für Erneuerbare Energien in Erlangen an der chemischen Wasserstoffspeicherung, wurde jüngst als Professor für Wasserstofftechnologien an die TH Rosenheim berufen und ist einer der Hauptentwickler des ONEReactor. Prof. Siegfried Balleis, förderte bereits als damaliger Oberbürgermeister der Stadt Erlangen die vom Helmholtz-Institut mitentwickelte LOHC-Technologie. Gerd Witthus bringt produktionstechnisches Wissen ein. Der zweite Geschäftsführer von AHS ist der Diplomkaufmann Herbert Köpplinger, der umfassende Vertriebserfahrung und Erfahrung iim Aufbau von Start-up-Unternehmen mitbringt.
Auch die Firma ostermeier H2ydrogen Solutions GmbH (OHS) bringt ihr Fachwissen in die Neugründung ein und stellt mit Dr. Markus Ostermeier einen Geschäftsführer für AHS. Vor zwei Jahren von Maschinenbauingenieuren gegründet, hat sich OHS auf Gesamtsysteme für eine autonome Energieversorgung mit Wasserstoff spezialisiert. In Schweitenkirchen bei München entwickelt und produziert sie dezentrale Langzeitspeicherlösungen. Um möglichst schnell einen weltweiten Vertrieb aufzubauen und einem breiten Markt ihre klimaschonenden Lösungen zur Verfügung zu stellen, fördert OHS die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern für kleine, mittlere und große Energielösungen. Mit ihrem Elektrolyse-Baukasten (Elektrolysen von 2 bis 100 kW, was einer Produktion von 0,05 bis 2 kg/h entspricht) lässt sich Strom dezentral in Wasserstoff umwandeln und vor Ort nutzen. Mögliche Anwendungen sind Wasserstoff als technisches Gas in der Industrie, als Kraftstoff in der Mobilität und als Langzeitspeicher für den Gebäudebereich. Hier schließt sich der Kreis.