Neu im Ausbildungsfahrzeug ist unter anderem ein Kamerasystem mit Umfelderkennung. Damit können jetzt FahrschülerInnen mit eingeschränktem Gesichtsfeld oder Menschen, die beispielsweise durch eine neuromuskuläre Erkrankung nicht in der Lage sind ihren Kopf zu bewegen eine Fahrausbildung machen. Gerade bei Seheinschränkungen sind die Hürden für die Fahrtauglichkeit sehr hoch – trotz zunehmender Möglichkeiten durch Assistenzsysteme im Serienfahrzeug.
Voraussetzung für die Zulassung zur Fahrausbildung ist ein verkehrsmedizinisches Gutachten, das die Fahrtüchtigkeit unter bestimmten technischen Voraussetzungen attestiert. Die FahrschülerInnen kommen nach der Theorieausbildung zur PARAVAN-Fahrschule. Hier wird das Fahrzeug nach einer Probestunde entsprechend angepasst und ausgestattet. Dann kann die Ausbildung starten. Ein technisches Gutachten bestätigt die Funktionalität der technischen Anpassungen für die Sicherheit im Straßenverkehr.
Insgesamt verfügt die PARAVAN-Fahrschule im Mobilitätspark Aichelau über fünf Fahrzeuge: zwei Mercedes Sprinter und einen Peugeot Traveller, ausgestattet mit dem Fahr- und Lenksystem Space Drive sowie verschiedenen elektromechanischen Handgeräten und einer sogenannten „leichten Lenkung von 10 bzw. 6 Nm“, wenn die Kräfte nachlassen, aber der Umstieg auf eine Joysticklenkung noch keinen Sinn macht. Für FahrschülerInnen, die noch umsetzen können, gibt es zudem noch zwei weitere Ausbildungsfahrzeuge, einen Peugeot Rifter – etwas höher im Einstieg – und einen VW Passat mit einer längeren Sitzschiene für versteifte Gliedmaßen oder Orthesenträger. Beide Fahrzeuge sind mit Rutschbrettern ausgestattet. Ein weiterer Fahrlehrer, Carsten Seidler betreibt die Fahrschule in der PARAVAN-Niederlassung Heidelberg. Auch dort ist eine hochspezialisierte Fahrausbildung mit Space Drive und den unterschiedlichsten Eingabegeräten möglich.
Die Fahrlehrer, die über eine Weiterbildung im Bereich Handicap verfügen, möchten in Zukunft ihr Wissen auch an andere Fahrlehrer weitergeben und planen entsprechende Weiterbildungen. „Geduld und Verständnis ist das wichtigste, was man mitbringen muss“, sagt Buhmann. Fahrlehrer sollten sich unbedingt im Vorfeld beraten lassen. Die Situation werde oft unterschätzt.
„Die Motivation der FahrschülerInnen während der Ausbildung, endlich wieder mobil und unabhängig zu sein, ist der größte Lohn“, sagt der Fahrlehrer. Denn neben der Fähigkeit selbst ein Fahrzeug steuern zu können, steht am Ende der Ausbildung ein deutliches Plus an Lebensqualität. „Mobilität ist für mich Eigenständigkeit und Gleichheit, denn die Verkehrsregeln gelten für jeden - aber auch Ruhe und Entspanntheit“, sagt Udo Holdenried, der seit letztem Jahr mobil ist. „Jetzt bin ich Mensch und keine Beförderungsfracht.“
Fünf Meilensteine zum Führerschein (Kasten – optional)
Am Anfang steht die verkehrsmedizinische Begutachtung. Dabei prüft ein spezialisierter Arzt die kognitiven Fähigkeiten. Spricht nichts dagegen, kann eine spezialisierte Fahrschule mit modifizierten Fahrschulfahrzeugen gesucht werden. Dabei wird geprüft, welche Hilfsmittel benötigt werden. Am Ende steht ein technisches Gutachten - Grundlage für den behindertengerechten Fahrzeugumbau beim Umrüster. Im Anschluss folgt die Fahrschulausbildung, die mit der Fahreignungsprüfung bzw. der praktischen Fahrprüfung für Führerscheinneulinge abgeschlossen wird. Hier muss der Prüfling beweisen, dass er sein Fahrzeug mit den entsprechenden Umbaumaßnahmen absolut sicher im Straßenverkehr beherrscht. Im Anschluss wird der Führerschein ausgehändigt. Nun geht es an die Auswahl eines geeigneten Grundfahrzeuges. Je nach Fall, können für den Fahrzeugumbau Anträge auf Kostenübernahme gestellt werden. Weitere Information unter paravan.de