Vorgängerprojekt RE-Papier erzielte Erfolge
„Energie und Entsorgung müssen zusammengebracht werden.“ Bernd Engels von der Papierfirma Metsä Tissue aus Kreuzau kam mit diesem Anliegen 2013 auf das Institut NOWUM-Energy zu. Die Firma stellt in ihrem größten Werk in Kreuzau Hygienepapier her. Neben der sinnvollen Entsorgung der Kurzfaserfraktionen wollte sich die Firma auf neue Energiequellen für die Produktion einlassen. Die sehr nassen Kurzfaserfraktionen, die zur Weiterverarbeitung im Papierprozess nicht geeignet sind, wurden bisher energieaufwendig entwässert, größtenteils zum nahe gelegenen Braunkohlekraftwerk transportiert und dort verbrannt. Es entstand die Idee, das Material zur Herstellung von Biogas zu nutzen. Das wiederum könnte direkt in der Firma als Energiequelle genutzt werden und fossile Energieträger wie Braunkohle und Erdgas ersetzen. Diese Idee wurde im Projekt RE-Papier (Ressourcen- und Energierückgewinnung aus organischen Reststoffen der Papierindustrie), das von 2016 bis 2019 durch die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE.NRW) gefördert wurde, gemeinsam vom FH-Institut NOWUM-Energy, der Metsä Tissue GmbH und dem Biogasanlagenhersteller PlanET Biogastechnik GmbH überprüft.
Projektablauf RE-Papier
Zunächst wurden hierzu 2016 erste Untersuchungen im Labor des FH-Instituts mit Reststoffproben der Firma Metsä Tissue durchgeführt. Nach vielversprechenden Ergebnissen im Labormaßstab erfolgte die Integration eines größeren Fermenters (1,5 Kubikmeter) im Werk von Metsä Tissue, in dem die Versuche über einen längeren Zeitraum durchgeführt wurden. Das Ergebnis: Die Versuche waren erfolgreich, es wurde konstant Biogas produziert. Zudem wurde rechnerisch nachgewiesen, dass die Einbindung einer Biogasanlage in den Produktionsprozess wirtschaftlich wäre. Das Unternehmen könnte nun anfallende und bisher nicht zur Weiterverarbeitung geeignete Kurzfaserfraktionen als Energiequelle nutzen. Es würde bis zu 15 Prozent an CO2-Emissionen einsparen und könnte darüber hinaus ein Drittel des Energiebedarfs durch selbst erzeugtes Biogas decken. Des Weiteren müsste die Firma die stark wasserhaltigen Kurzfaserfraktionen nicht mehr energieaufwendig entwässern. Im Gegenteil: Die organischen Bestandteile des wasserhaltigen Reststoffs sind besonders geeignet, um in der Fermentation zu dem hochwertigen Energieträger Biogas umgesetzt zu werden.
„Die Kurzfaserfraktionen von Metsä Tissue sind als Substrat zur Biogasbildung voll geeignet. Weil wir gezeigt haben, dass es hervorragend funktioniert, können wir weitermachen“, erklärt Markus Dahmen, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projekts am Institut NOWUM-Energy. Heute arbeitet Markus Dahmen bei der PlanET Biogastechnik, die neben Metsä Tissue Projektpartner ist.
Breitere Anwendungserforschung bei mehreren Partnerfirmen
Im Nachfolgeprojekt Plus RE-Papier soll nun geprüft werden, ob die Ergebnisse auch auf Kurzfaserfraktionen anderer Papierunternehmen übertragbar sind. Hier arbeitet das Institut NOWUM-Energy mit Papierunternehmen der Region zusammen, darunter die Papierfabrik Niederauer Mühle GmbH, UPM Hürth Rhein Papier GmbH und Smurfit Kappa Zülpich Papier GmbH. Da jedes Papierunternehmen andere Altpapierquellen mit unterschiedlichen Qualitäten nutzt, gibt es starke Unterschiede bei der Zusammensetzung und Menge der anfallenden Reststoffe. Es variieren Wassergehalt, Nährstoffkonzentrationen und enthaltene Fremdstoffe. Im Projekt werden bei Werksbesichtigungen die bestehenden Reststoffströme durch das Team des Instituts NOWUMEnergy auf Eignung hin vorbewertet. Geeignete Reststoffströme werden beprobt und das Biogaspotenzial durch Batchtests im Labor bestimmt. Mit den vielversprechendsten Reststoffen werden anschließend kontinuierliche Langzeitversuche durchgeführt, um die für einen stabilen Prozess notwendigen Parameter zu ermitteln. Mithilfe der generierten Daten wird durch PlanET Biogastechnik eine flexibel einsetzbare Pilotanlage in Containerbauweise für eine zeitnahe Markteinführung konzeptioniert. Neben den Variationen bei den Reststoffen bestehen von Werk zu Werk Unterschiede bei der Prozessführung, den benötigten Energiemengen, den verwendeten Energieträgern und den Anlagen zur Wärme- und Stromerzeugung. Dementsprechend bestehen jeweils andere Voraussetzungen zur Integration der Biogasanlagentechnik und zum Biogaseinsatz. Bei Letzterem ist sowohl die Substitution der Energieträger der Papierfabrik vor Ort (z.B. Erdgas oder Kohle) als auch die Aufbereitung und Einspeisung des Biogases ins Erdgasnetz denkbar. Um den optimalen Einsatz der Biogastechnik für die Papierunternehmen bestimmen zu können, werden ökologische und ökonomische Gesamtbewertungen durchgeführt. „Wir werden irgendwas machen müssen, wenn die Kohle wegfällt“, fasste es Bernd Engels von Metsä Tissue treffend für die regionalen Unternehmen der Papierindustrie zusammen. Mit diesem Projekt konnte nicht nur eine alternative, umweltfreundlichere Energiequelle gefunden werden, sondern gleichzeitig eine Alternative zur herkömmlichen thermischen Entsorgung durch eine Mitverbrennung in Kohlekraftwerken, die in naher Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ein Projekteinstieg für weitere Papierunternehmen ist derzeit noch möglich, um die Eignung verschiedenster Reststoffe zu bestimmen.