EEG-Novell 2020 – Rettung für Altanlagen in letzter Minute
Im überarbeiteten EEG 2021 wurde geregelt, dass Photovoltaikanlagen, deren Förderung ausgelaufen ist weiter am Netz bleiben dürfen. Der eingespeiste Strom wird vergütet, mit dem durchschnittlichen Börsenstrompreis des Vorjahres, abzüglich Bearbeitungskosten für die Stromvermarktung. Bei kleinen Anlagen ist das in der Regel das Betreiber-Unternehmen des öffentlichen Netzes. Herr Vinke war der erste, der im Jahr 2000 im kleinen Örtchen Friedewalde eine Photovoltaikanlage installierte. Nach Auslaufen der Förderung erhält er 2021 den durchschnittlichen Börsenpreis des Vorjahres, exakt 2,5 Cent für jede Kilowattstunde, die seine Anlage in das öffentliche Stromnetz einspeist. Das teilte ihm sein Netzbetreiber im März dieses Jahres mit und dass Herr Vinke 0,5 Cent pro eingespeister Kilowattstunde als Aufwandsentschädigung für die Direktvermarktung an den Netzbetreiber zu zahlen habe. Unterm Strich erhält der Solarpionier 2021 zwei Cent pro Kilowattstunde. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist so nicht möglich, aber eine Möglichkeit die Anlage am Leben zu erhalten. Besser wäre ein Umbau auf Eigenverbrauch, aber da das Haus vermietet ist und 2004 eine weiter 2,5 Kilowatt-Peak Photovoltaikanlage auf dem Gebäude aus der Förderung fällt, belässt es der Solarpionier bis dahin bei der Volleinspeisung zum Durchschnittsbörsenpreis. Dann möchte er seinen Mietern die Anlage verpachten, eine deutlich besser Lösung als das EEG-Mieterstrommodell. Aber welche Möglichkeiten haben Anlagenbetreiber/innen heute, um ausgeförderte Photovoltaikanagen sinnvoll und wirtschaftlich weiterzubetreiben?
Umbau auf Eigennutzung
Die Powertrust GmbH aus Bremen, die Herrn Vinke auf seinem neuen Haus eine Photovoltaikanlage installiert hat, empfiehlt bei selbst genutzten Objekten den Umbau der Zähleranlage auf Eigenverbrauch. Beim Eigenverbrauch werden rund 30 Cent Stromkosten beim Einkauf umgangen, ein Plus von 28 Cent pro Kilowattstunde gegenüber dem Direktvermarktungsmodell. Hauke Heitshusen, zuständig für Sonderprojekte bei der Powertrust GmbH erklärt: „Der Umbau auf Eigenverbrauch ist im Einfamilienhaus keine große Sache. Der Ausgangszähler wird entfernt. Der Hauszähler wird durch einen Zwei-Richtungszähler ersetzt und die Photovoltaik wird hinter dem Zähler, auf der Hausnetz-Seite angeschlossen. Das kann abhängig vom zuständigen Netzbetreiber variieren. Nicht angefasst werden Wechselrichter und Photovoltaik. Nach dem Umbau kann die Anlage noch viele Jahre weiterlaufen".
Wann ist „Repowering“ interessant
Beim „Repowering“ wird eine Bestandsanlage durch eine neue, leistungsstärkere ersetzt. „Das macht allerdings nur Sinn, wenn das Anforderungsprofil, also der Strombedarf am Standort, auch zur leistungsstärkeren Anlage passt. Deckt die ausgeförderte Bestandsanlage den Energiebedarf ist „Repowering“ Unsinn. Dann ist es sinnvoller den eigenen Verbrauch des Photovoltaik-Stroms mit einem Stromspeicher anzuheben“, erklärt Hauke Heitshusen. „Wird am Anlagenstandort aber deutlich mehr Strom gebraucht als die ausgeförderte Anlage liefern kann, weil zum Beispiel eine Wärmepumpe installiert wird oder Elektroautos geladen werden sollen, dann kann „Repowering“ sinnvoll sein.“
Photovoltaik mit mehr Leistung als am Standort gebraucht wird
Bei privaten Anlagen eher selten der Fall, aber in der Landwirtschaft durchaus möglich – die Photovoltaikanlage liefert mehr grünen Strom, als am Standort verbraucht werden kann. Das wird den nächsten Jahren bei landwirtschaftlichen Photovoltaikanlagen der Fall sein. Hier lautet die Empfehlung des Bremer Experten: „Den Eigenverbrauch am Standort ermitteln, einen dazu passenden Stromspeicher installieren und so die Eigenversorgung auf 70 Prozent anheben, um möglichst viel Strom selbst zu verbrauchen und die Netzeinspeisung so weit als möglich zu senken“.
Ausgeförderte Anlage auf vermietetem Gebäude
In der Theorie können Vermieter/innen zum Mieterstrommodell greifen und den selbst erzeugten Strom auf dem Dach eines Gebäudes an die Mieter weitergeben. Vermieter/innen werden dabei zu Stromversorgern mit allen Lasten und Pflichten. Der Gesetzgeber fordert beim Mieterstrommodell einen außergewöhnlich hohen Aufwand, der bei kleinen Anlagen in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. „Eine elegante Lösung für vermietete Einfamilienhäuser oder Gewerbeobjekte ist die Verpachtung der Anlage, da durch die Verpachtung Anlagen-Betreiber/in und Nutzer/in die gleiche Person werden und alle Lasten und Pflichten, wie beim Mieterstrommodell wegfallen“, empfiehlt Hauke Heitshusen. Dem Pacht-Modell sollte eine längere Mietdauer zugrunde liegen, weil der/die Pächter/in sowohl beim Netzbetreiber, als auch im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur gemeldet werden müssen.
Fazit
Eigenverbrauch ist aktuell die wirtschaftlichste Alternative zur gesetzlichen Regelung. Betreiber/innen umgehen die kärgliche Vergütung des eingespeisten Stroms zum durchschnittlichen Börsenstrompreis, sie verbrauchen ihren selbst erzeugten Strom direkt am Standort, vermeiden CO2 und müssen keinen teuren Strom aus dem Netz kaufen. Zu guter Letzt war die dezentrale, CO2-freie Stromerzeugung mit Standort-nahem Verbrauch das ursprüngliche Ziel des EEG. Das ist die Grundlage für Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowohl für Neuanlagen als auch für ausgeförderte Bestandsanlagen. Die im Vergleich zu heute hohen Förderungen waren bei der EEG-Einführung als Anschubhilfe für die vor 20 Jahren noch nicht sehr verbreitete Technik der erneuerbaren Energien gedacht. Heute ist Photovoltaik die weltweit einfachste und günstigste Art Strom zu produzieren. Das gilt für ausgeförderte Anlagen – denn sie sind bezahlt – genauso wie für neue Anlagen – denn ihre Komponenten sind heute so günstig, dass sie allein durch den Eigenverbrauch nach wenigen Jahren wirtschaftlich arbeiten.