"Bezogen auf den Brandschutz besteht ein echtes Spannungsverhältnis zwischen Intensivtierhaltung und Tierschutzanforderungen. Hier ist ein differenzierter Abwägungsprozess notwendig. Die Region Hannover wird sich dieser Herausforderung stellen" so Regionspräsident Hauke Jagau. "Die rechtlichen Mindestanforderungen, die für landwirtschaftliche Betriebsgebäude allgemein gelten, sind in diesem Punkt tatsächlich nicht eindeutig. Deswegen werden wir transparente und angemessene Standards schaffen" so Umweltdezernent Prof. Dr. Axel Priebs.
Die Vereinbarkeit der Genehmigungspraxis bei Tiermastställen mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Tierschutzes wird in laufenden Genehmigungsverfahren (wie z.B. in Groß-Munzel) von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern sowie Bürgerinitiativen in Frage gestellt.
Rechtsgrundlage für das Vorgehen der Region ist eine Ermächtigung in der Niedersächsischen Bauordnung, für landwirtschaftliche und gewerbliche Bauten zusätzliche Forderungen zu erheben, soweit dies zum Schutz von Leben und Gesundheit erforderlich ist. In §20 der Niedersächsischen Bauordnung heißt es, dass bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein müssen, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Große Tierhaltungsanlagen, die nur die Mindestanforderungen für freistehende landwirtschaftliche Betriebsgebäude ohne Aufenthaltsräume erfüllen, stellen den baulichen und abwehrenden Brandschutz vor erhebliche Probleme. Aus Gründen des Immissionsschutzes befinden sich Mastanlagen abseits von Ortschaften. Die weitgehend automatisierten Betriebsabläufe erfordern in der Regel keine dauernde Anwesenheit von Menschen. So sind bereits die Bedingungen für das rechtzeitige Erkennen eines Brandes ungünstig. In bautechnischer Hinsicht sind Stallgebäude meist sehr einfach ausgestaltet und die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile bleiben deutlich hinter denen für andere Gebäude zurück.
Seit dem Jahr 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz als Staatsziel verankert, das von den Verwaltungsbehörden bei der Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts beachtet werden muss. Die verfassungsrechtliche Wertentscheidung wird konkretisiert durch die Tierschutz-/Nutztierhaltungsverordnung. Danach müssen Haltungseinrichtungen nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sein, dass eine Gesundheitsbeeinträchtigung der Tiere so sicher ausgeschlossen wird wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist.
Bereits bislang war es ein Anliegen der Region Hannover, in den Genehmigungsverfahren möglichst günstige Bedingungen für den Brandschutz zu erreichen. So forderte sie u.a. eine gesicherte Löschwasserversorgung, ausreichende Ausstattung mit Fluchttüren, einen Notfallplan sowie die Einweisung der örtlichen Feuerwehr. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über den Brandschutz in Mastställen sollen die Anforderungen nun weiter konkretisiert werden. So soll ein rechtzeitiges Erkennen von Bränden künftig durch automatische Brandmeldeanlagen mit Rufweiterleitung an die Rettungsleitstelle der Region Hannover gewährleistet werden. Zudem sollen u.a. die Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer tragender Bauteile auf mindestens 30 Minuten erhöht und ein Nachweis der fachgerechten Elektroinstallation sowie deren regelmäßige Überprüfung verlangt werden. Antragsteller erhalten die Möglichkeit, im Einzelfall durch das Gutachten eines anerkannten Sachverständigen für den Brandschutz für ein abweichendes Brandschutzkonzept den Nachweis zu führen, dass im Brandfall die Rettung der Tiere und Löscharbeiten mindestens ebenso wirksam durchgeführt werden können.