Es duftet nach frischen Kräutern, mediterranen Gewürzen und feinen Ölen. Entspannt steht Sabine Brosch am Tresen ihres neuen Ladens und lächelt: „Hätte mir das jemand vor einem Jahr gesagt, ich hätte es nicht geglaubt.“ Noch vor 12 Monaten lebte die 45-Jähirge in München, nun steht sie in ihrem neueröffneten Feinkostladen „Aroma – Genuss erleben“ in Thalheim im Erzgebirge und hat alle Hände voll zu tun.
Von der Städtebummlerin zur Unternehmerin
Sabine Brosch ist im Erzgebirge geboren und aufgewachsen. Ihre Ausbildung machte sie bei Esda in Auerbach. Dann begann ihre Städtebummler-Zeit: „1997 bin ich aufgrund der besseren Jobperspektiven in die Nähe von Stuttgart gezogen“, resümiert sie. Hier begann sie auch bei einer deutschlandweit agierenden Immobilienverwaltung zu arbeiten, nichts ahnend, dass sie dieser Arbeitgeber noch quer durch die Republik führen wird. „2002 wechselte ich innerhalb des Unternehmens nach Leipzig. Es war reizvoll, der alten Heimat wieder näher zu sein“, sagt Sabine Brosch. Die Reise ging jedoch weiter. So folgte nach Leipzig das Leben in Hamburg und später in München. „Erst Osten, dann Westen, später Norden und Süden“, schmunzelt die Neu-Unternehmerin.
Doch nach fast 20 Jahren in den großen Städten der Republik zog es Sabine Brosch wieder zurück ins Erzgebirge: „Eigentlich wollte ich nie wirklich weg. Ich habe immer den Kontakt zu meinen Freunden und der Familie in der Region gehalten. Ich liebe die Menschen und die Landschaft hier, es ist einfach wunderschön“, schwärmt sie. Und die Gelegenheit zur Rückkehr war günstig. Anfang des Jahres besuchte Sabine Brosch ihre alte Heimat Thalheim. Auf dem Rückweg in Richtung München fuhren sie und eine Freundin an einem leerstehenden Geschäft vorbei. „Ich sagte nur ‚Halt an! Das ist mein Laden.‘ Dann stieg ich aus, hab ein paar Handyfotos gemacht und mich sofort in das Geschäft verliebt,“ erzählt sie begeistert und fährt fort: „Es war immer mein Traum, einen eigenen Feinkostladen zu führen. Und in diesem Moment war mir klar, jetzt will ich meinen Traum leben.“
Schnell wurde Kontakt mit dem Besitzer der leerstehenden Geschäftsräume aufgenommen. Gleichzeitig erarbeitete Sabine Brosch gemeinsam mit einer Gründungsberaterin ein Konzept für den geplanten Feinkostladen. Und dann ging alles ganz schnell. „Im Juni habe ich meinen Job in München an den Nagel gehängt, bin zurück ins Erzgebirge gezogen, hab den Laden renoviert, eingeräumt und diesen am 16. September eröffnet.“ Nun ist Sabine Brosch wieder in ihrer Heimat. „Anfangs hatte ich ein bisschen Angst, das Stadtleben und besonders München zu vermissen. Aber es war, als wäre ich nie weg gewesen. Bereits in der kurzen Zeit, seit ich wieder hier bin, habe ich so viel geplant, erlebt oder einfach die Freizeit in dieser herrlichen Region genossen.“
Ein mediterraner Feinkostladen zwischen Buttermilchgetzen & Spackfettbemm
„Ich liebe die mediterrane Küche und die zahlreichen Spezialitäten, feine Gewürze, Öle und Weine aus Griechenland, Spanien oder Italien“, ist Sabine Brosch begeistert. Bereits mit dem ersten Urlaub in der Toskana kam dabei der Wunsch auf, irgendwann mit südländischen Lebensmitteln zu arbeiten. „Außerdem wollte ich keinen Bürojob mehr. Es liegt mir viel mehr, direkten Kontakt mit Menschen zu haben.“ Damit war die Idee für ein eigenes Geschäft geboren.
Mit der Eröffnung des Feinkostladens „Aroma – Genuss erleben“ erfüllte sie sich nun einen Lebenstraum. Und dort wird es genau diese Produkte geben: „Öle, Essige, Weine, Brotaufstriche, Marmeladen, Pasta, Salze und Kräuter, aber auch Kaffee, Pralinen, Schokolade oder Tee“, zählt die Chefin auf. „Ich habe vorab alles selbst getestet und genau geschaut, welche Produkte ich ins Sortiment aufnehme.“ Die Produkte bezieht sie dabei von ausgewählten Lieferanten, u.a. aus Kreta. Aber nicht nur die Ladenbesitzerin selbst durfte testen, sondern auch die Kundschaft ist eingeladen, die Produkte direkt im Laden auszuprobieren. „Das ist ein Erlebnisladen, hier darf man auch kosten.“ Zudem sind Events wie Verkostungen oder Workshops zum Umgang mit den Produkten geplant.
Bisher war das Feedback auf den neuen Laden durchweg positiv. „Ich freue mich, dass ich hier so viel gute Resonanz, aber auch Unterstützung erfahren habe“, sagt Sabine Brosch zufrieden. „Und ich würde jedem mit einem solchen Wunsch raten: Setzt diesen um und kommt zurück ins Erzgebirge.“
Das Erzgebirge in der Prognos-Studie „Zukunftsatlas“
Kürzlich wurde der „Zukunftsatlas 2016“ der Wirtschaftsforschungsgesellschaft Prognos vorgestellt. Das Ergebnis: Das Erzgebirge belegte im Gesamtranking Platz 368 aller 402 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Was im ersten Moment ernüchternd erscheint, liegt bei genauerer Betrachtung der Studie aber auf der Hand: Die Faktoren zur Bewertung der Regionen sind an verschiedenen Stellen auf Großstädte und Ballungsräume mit Konzernstrukturen zugeschnitten, so beispielsweise „BIP je Beschäftigten“, „FuE-Personal in der Wirtschaft“, „Patentintensität“ oder „Anzahl der Top 500 Unternehmen“. Das Erzgebirge zeichnet sich hingegen durch eine kleingliedrige Wirtschaft aus, nur die wenigsten der 16.500 Unternehmen im Erzgebirgskreis haben mehr als 250 Mitarbeiter. Gerade diese Kleingliedrigkeit sorgt aber dafür, dass Unternehmen der Region besonders clever im Finden von Lösungen für Probleme sind und damit Marktnischen mit Spitzenpositionen besetzen können. Dies hat sich nicht zuletzt in der letzten Wirtschaftskrise als Stabilitätsanker bewährt. Mit 104 Industriebeschäftigten pro 1.000 Einwohner hat der Kreis zudem die zweithöchste Industriedichte in Sachsen.
Gleichzeitig ist die Region mit 191 Einwohnern/km2 das am dichtesten besiedelte Mittelgebirge Europas und der Erzgebirgskreis mit zirka 350.000 Einwohnern der einwohnerstärkste Landkreis Ostdeutschlands. Im Jahr 2014 hatte der Erzgebirgskreis erstmals wieder ein positives Wanderungssaldo (räumliche Bevölkerungsbewegung) – es zogen mehr Menschen in die Region als weg. Der Erzgebirgskreis hat dabei mit 11 Prozent die höchste Rückkehrquote in ganz Sachsen. Gründe für diesen Trend sind zum einen in den guten Jobchancen im Erzgebirge zu finden: So betrug die Arbeitslosenquote im August 2016 den sachsenweit niedrigsten Wert von 5,8 Prozent. Zum anderen liegen die Gründe dafür in Faktoren, die beim „Zukunftsatlas“ in den Indikator „Wohlstand und Soziale Lage“ einfließen. Hier belegt der Erzgebirgskreis Rang 166 und damit Platz 1 in Sachsen sowie eine Spitzenposition in Ostdeutschland. Ausschlaggebend dafür sind u.a. die niedrige Kriminalitätsrate (niedrigste Anzahl an Straftaten pro 100.000 Einwohner in Sachsen) sowie die geringe kommunale Schuldenlast, welche Spielräume für Investitionen zulässt. Darüber hinaus sind für Rückkehrer wie Sabine Brosch und Zuwanderer ins Erzgebirge weitere Faktoren ausschlaggebend:
- attraktive Lebenshaltungskosten: So sind 1.000€ im Erzgebirgskreis 1.128,45€ wert, ein Spitzenwert in Deutschland. Das Preisniveau liegt hier also mehr als 11 % unter dem Bundesdurchschnitt.
- günstiges Wohneigentum: Durchschnittlich kostet Bauland 34€ je Quadratmeter, damit liegt der Erzgebirgskreis auf Platz 3 im bundesweiten Vergleich. Die Eigentümerquote liegt im Erzgebirgskreis bei 42,5 %, ein Spitzenwert in Sachsen.
- umfangreiche Betreuungs- und Bildungsangebote für Kinder: 6 von 10 Kindergartenkindern nutzen Betreuungsangebote von mehr als 7 Stunden am Tag. Bei Kennzahlen wie der Lehrer-Schüler-Relation, der Klassengröße oder der geringen Anzahl an Ausfallstunden liegt der Erzgebirgskreis im bundesweiten Vergleich im besten Viertel.
- Lebenswertes Umfeld mit optimalen Bedingungen für erfüllte Freizeit im sportlichen und kulturellen Bereich: 5.000 km Wanderwege, 1.200 km Radrouten und 1.000 km Reitwege, 750 km Langlaufloipen, 1.000 km Skiwanderwege, über 50 Skilifte, Hochkultur in Theatern und Philharmonie, Burgen und Schlösser, rund 120 Museen, eine breite Vereinslandschaft uvm.
- Das Erzgebirge ist ein ländlich verdichteter Raum mit guter Anbindung an mehrere Großstädte: Die Bevölkerungsdichte liegt bei 191 Einwohner/km2, der Erzgebirgskreis hat zirka 350.000 Einwohner. Chemnitz, Leipzig, Dresden oder Hof sind in einer Stunde, Prag, Weimar, Erfurt in zwei Stunden erreichbar. Zum Vergleich: Auch für den Weg von Potsdam nach Berlin oder Düsseldorf nach Köln muss man mit einer Stunde rechnen.