Die Politikerin aus dem Landkreis Reutlingen ist nicht vorrangig für Energiepolitik zuständig, sondern fungiert als Sprecherin für Arbeitnehmerrechte. Weil sie jedoch den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen organisatorisch mit betreut, informierte sie sich vor Ort, wie sich die die derzeitige Energiepolitik der aktuellen Regierung auf die Unternehmen der Region auswirkt. Das Gespräch mit relatio-Geschäftsführer Bernd Bodmer und seinen Kollegen war offen, konstruktiv und harmonisch. Beate Müller-Gemmeke hatte konkrete Änderungsvorschläge zum EEG mit nach Balingen gebracht, die sie gerne mit Betroffenen diskutieren wollte.
„Das ist nach 2010 bereits der zweite massive Schlag gegen unsere Branche“, brachte relatio-Geschäftsführer Bernd Bodmer die Misere auf den Punkt. Denn schon vor zwei Jahren sei zahlreichen großen Projekten durch Gesetzesänderungen die Grundlage entzogen worden – „obwohl diese auf kommunaler Ebene durchaus gewünscht gewesen wären.“ Außerdem, betonte Bodmer eindringlich, seien diese bereits in demokratische Entscheidungsprozesse eingebunden und „planfestgestellt“ gewesen, wie es im Amtsjargon heißt. Nach der aktuellen Gesetzesänderung, zog der relatio-Chef eine nüchterne Bilanz, würden viele Kommunen ihre Pläne für Solaranlagen auf Deponie- und anderen Konversionsflächen auf Eis legen. Dies hat laut Bodmer unmittelbar Konsequenzen für die regionale Solarbranche: „relatio zum Beispiel musste deshalb die Zahl seiner Mitarbeiter in den vergangenen zwei Jahren vom Höchststand von über 100 auf mittlerweile 70 deutschlandweit reduzieren. Parallel dazu haben wir unser Geschäft internationalisiert.“
Beate Müller-Gemmeke und ihre Begleiterin, die in der Solarbranche tätige Diplom-Physikerin Almut Petersen (ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen), interessierten sich auch für das „Kleingedruckte“ der aktuellen EEG-Debatte. Beispielsweise dafür, dass für die Öffentlichkeit vornehmlich die Höhe der Einspeisevergütung des Solarstroms im Mittelpunkt steht, der Fokus bei den betroffenen Unternehmen aber oft woanders liegt. Mike Kirchner, Gesellschafter und Leiter der Rechtsabteilung von relatio, sah in der regen Debatte beispielsweise ein großes Problem darin, dass es keine verbindliche Regelung für die Netznutzungsentgelte gibt: „Dies steht der gewünschten Direktvermarktung des Solarstroms im Wege.“ Häufig, so führte Kirchner aus, könne mit lokalen Stadtwerken wie dem in Balingen eine sinnvolle Regelung getroffen werden: „Wenn aber das Stromnetz in der Hand eines riesigen Energiekonzerns wie der EnBW ist, werden oft überhöhte Tarife von über fünf Cent pro kWh bei einer Durchleitung von nur wenigen hundert Metern fällig.“
Beate Müller-Gemmeke versprach, die Anliegen ihren Kollegen im Umweltausschuss und in der Landesregierung zu vermitteln und nahm zahlreiche Anregungen mit. Außerdem stellte die Abgeordnete eine Bundesratsinitiative vor, die sich aktuell in der Beratung befindet: „Damit wollen wir Nachbesserungen der im Bundestag verabschiedeten Gesetzesänderung erreichen.“ Müller-Gemmeke kritisierte offen den Anti-Solarkurs, der ihrer Meinung nach viele Arbeitsplätze aufs Spiel setzt und „einen Generalangriff auf das EEG und die Energiewende“ darstellt. Die Politikerin betonte: „Wir wollen Solarenergie weiter ausbauen. Kürzungen von weit über 30 Prozent lehnen wir strikt ab. Außerdem muss der Vermarktungszwang für Solaranlagenbetreiber weg und stattdessen ein Speicherbonus eingeführt werden.“ Die Herren der relatio-Geschäftsführung begrüßten die von den rot-grün regierten Ländern vorgeschlagenen Änderungen: Dachanlagen sollen demnach zum Beispiel auf Industrie- und Markthallen wieder ermöglicht werden. Gleichzeitig machten sie deutlich, dass nach den zahlreichen Gesetzesänderungen der vergangenen zwei Jahre endlich wieder Ruhe einkehren müsse: „Selbst schlechte Rahmenbedingungen sind für uns Unternehmen besser als die permanenten Eingriffe der Politik.“