Manch einer verzweifelt schon daran, einen Faden durch eine Nadel zu fädeln. Ganz ähnlich, aber deutlich schwieriger war die Aufgabe, die das Bauteam jetzt am neuen Zentrallager von Rittal in Haiger zu bewältigen hatte. Nachdem in den vergangenen Wochen das Stahlgerüst des Hochregallagers fertiggestellt und mit einer Unterkonstruktion von außen verkleidet worden war, wurden jetzt die sogenannten Regalbediengeräte eingebracht. "Diese Geräte fahren in den Gassen zwischen den einzelnen Regalreihen", erklärt Joachim Rabstein, bei Rittal Gesamtprojektleiter für die Erweiterung des Zentrallagers in Haiger. "Die Regalfahrzeuge fahren auf einer Schiene und lagern zukünftig die Paletten über die gesamte Höhe und Länge des neuen Hochregallagers von 37 mal 105 Metern vollautomatisch ein- und aus."
Millimeterarbeit in über 30 Metern Höhe
Dazu müssen sie jedoch erst einmal an Ort und Stelle gebracht werden. "Der Einbau der Regalbediengeräte ist erst nach Fertigstellung des eigentlichen Hochregals möglich", erklärt Sohail Zabihi, der Projektleiter der ausführenden Baufirma BSS Materialflussgruppe. Dazu wurden die 31 Meter hohen und 18 Tonnen schweren Geräte vor Ort montiert - und dann mit einem 70-Meter-Kran am Stück durch Öffnungen von zwei mal vier Metern in das Dach der Halle eingelassen. "Das ist wirklich Millimeterarbeit, bei der sich die Spezialisten mit höchster Präzision abstimmen und viel Fingerspitzengefühl beweisen müssen." Insgesamt zwei Stunden dauert allein die Einbringung eines der acht Regalbediengeräte, weshalb der ganze Vorgang eine gute Woche in Anspruch genommen hat.
"Im Verlauf der Bauarbeiten am neuen Global Distribution Center von Rittal ist das einer der spannendsten Momente", sagt auch Carsten Reeh, Bauleiter des Architekturbüros Freischlad + Partner. "Wenn da etwas schief geht, kann das schlimmste Folgen für das Bauwerk, aber auch für die Arbeiter haben." Schlechtes Wetter und vor allem starker Wind könnten fatal sein. "Dass die Einbringung der Geräte so reibungslos ablief, ist vor allem der Erfahrung von BSS zu verdanken", so Reeh weiter.
"Arbeitstiere" rund um die Uhr im Einsatz
Mit den Regalbediengeräten ist nun quasi das Kernstück im Hochregallager angekommen. "Die Regalbediengeräte sind die Arbeitstiere des Hochregallagers", erläutert Rabstein. "Wenn alles fertig ist, fährt in jeder der acht Regalgassen ein Gerät mit einer Geschwindigkeit von 14 Stundenkilometern - so schnell wie ein Gabelstapler -, um Paletten ein- und auszulagern. Je nach Auslastung sogar rund um die Uhr." Über das SAP-Softwaresystem werden die Fahraufträge direkt an die SPS-Steuerung der Regalbediengeräte weitergeleitet. Diese führen die übermittelten Fahraufträge dann eigenständig aus und bringen die Paletten an die dafür vorgesehenen Ein- und Auslagerplätze.
Platz für 25.000 Paletten
Im gesamten Zentrallager können nach Fertigstellung des Hochregallagers 25.000 Paletten eingelagert werden. Dort lassen sich dann bis zu 50.000 Kleingehäuse, Kompaktschaltschränke und Kühlgeräte aus den Rittal Werken in Burbach, Herborn, Wissenbach, Rennerod und Hof unterbringen und von Haiger aus zentral zu den Kunden in aller Welt weiterverteilen. Zusätzlich zum Hochregallager entsteht direkt angrenzend eine weitere Halle, die ein vollautomatisches Kleinteilelager mit Behälter-Shuttle-System, eine Elektropalettenbahn mit zwölf Verteilfahrzeugen sowie eine weitere Wareneingangsfläche mit sieben neuen Verladerampen für LKWs beherbergt. "Das sind die nächsten Meilensteine unseres Projektplans", unterstreicht Dr. Guido Stannek, Rittal Geschäftsführer Einkauf und Logistik, die ehrgeizigen Ziele des Unternehmens. "Im zweiten Quartal 2015 wollen wir das gesamte Lager in Betrieb haben, und wir liegen gut in der Zeit."
Rund 40 Millionen Investition
Wenn die Erweiterung des Zentrallagers von Rittal fertiggestellt ist, verfügt der Schaltschrank- und Systemanbieter weltweit über mehr als 225.000 Quadratmeter Lagerfläche und über 170.000 Palettenplätze. Das neue Zentrallager ist damit einer der wichtigsten Bausteine in der Wachstumsstrategie von Rittal. Die Investition von rund 40 Millionen Euro ist auch ein Bekenntnis für die Standorte in der Region Lahn-Dill.