Ein besseres Verständnis der Organisation des Zytoskeletts abgelöster und zirkulierender Tumorzellen (CTCs, engl. circulating tumor cells) könnte neue Möglichkeiten für Therapeutika liefern, die die Ausbreitung von Tumormetastasen begrenzen sollen. Die Anheftung von CTCs an vom Ursprungstumor entfernten Stellen findet in vivo durch einen Mechanismus statt, der tubulinabhängig ist und durch Aktinpolymerisation gehemmt wird. Die Wiederanheftung von CTCs wird durch eine Manipulation des Zytoskeletts in genau der gleichen Weise beeinflusst wie die Bildung der Tubulin-Mikrotentakel, die die Forscher vor kurzem bei abgelösten Brustkrebszellen gefunden haben. In der neuen Untersuchung wollten die Forscher herausfinden, welchen Einfluss das Mikrotubuliassoziierte Protein Tau, das in einer Teilgruppe chemotherapieresistenter Brustkrebserkrankungen exprimiert wird, auf die Bildung der Mikrotentakel hat. Die Ergebnisse zeigen, dass endogenes Tau-Protein in den Mikrotentakeln vorhanden ist; es fördert in abgelösten Brustkrebszellen die Bildung von Mikrotentakeln und ist für diese Bildung notwendig. Durch Tau induzierte Mikrotentakel führen zu einer verstärkten Wiederanheftung von Zellen in Suspension und zu einem verstärkten Verbleiben von CTCs in Lungenkapillaren. Der Vergleich der Tau-Expression in Proben von Primärtumoren und den jeweils zugehörigen Metastasen zeigte, dass Tau in 52 % der Metastasen exprimiert wurde und dass bei 26 % der Patienten die Tau-Expression beim Fortschreiten der Krankheit zunahm. Der vermehrte Tau-Gehalt in Metastasen und die Fähigkeit von Tau, das Wiederanheften von Tumorzellen durch Ausbildung von Mikrotentakeln zu fördern, unterstützen die These, dass die durch Tau induzierte Stabilisierung von Mikrotubuli einen Selektionsvorteil bei der Metastasierung eines Tumors darstellt.
"Wir hoffen, dass wir mit unseren Forschungsergebnissen in der Lage sein werden, Wirkstoffe zu finden, die das Wachstum dieser Mikrotentakel hemmen und damit der Ausbreitung des ursprünglichen Tumors im Körper entgegenwirken. Wirkstoffe, die die Expression von Tau verringern, könnten das Potenzial haben, zur Hemmung der Metastasierung eingesetzt zu werden.", sagte der Seniorautor der Arbeit, Dr. Stuart S. Martin, Forscher am Greenebaum Cancer Center der University of Maryland und Associate Professor für Physiologie an der medizinischen Fakultät der University of Maryland.
(1) Oncogene, Online-Vorabveröffentlichung, 15. März 2010; doi:10.1038/onc.2010.68