Die Verarbeitung von Kunststoffen hat bei der 1926 als Presswerk Ros gegründeten Ros GmbH & Co. KG eine fast 100-jährige Tradition. Inzwischen ist das Familienunternehmen in dritter Generation ein High-End-Partner für technisch anspruchsvolle Spritzgussteile aus Duroplasten, Thermoplasten inklusive Polyphenylensulfid (PPS). Entwicklung, Werkzeugbau und Fertigung befinden sich am Unternehmenssitz in Coburg, produziert wird darüber hinaus im thüringischen Ummerstadt. Für die Entfernung der verfahrensbedingt entstehenden Grate arbeitet das Unternehmen seit 2006 mit Strahlanlagen von Rösler.
Ausbau der Strahlkapazität
„Dass wir 2021 an beiden Standorten unsere Strahlkapazität erweitern mussten, lag einerseits an einem erhöhten Aufkommen von Kunststoffkomponenten, die Metallteile substituieren, beispielsweise von Thermomanagementsystemen für die Automobilindustrie. Sie ermöglichen, Gewicht einzusparen und dadurch CO2-Emissionen zu verringern. Andererseits haben wir großvolumige neue Aufträge für die Herstellung duroplastischer Formteile, unter anderem von einem großen Gartengerätehersteller, erhalten“, berichtet Jürgen Bär, zuständig für die technische Planung im Bereich Industrial Engineering bei Ros in Coburg. Nach Gesprächen mit vier Herstellern von Strahlanlagen entschied man sich für die Drahtgurt-Durchlaufstrahlanlage RSAB 470 und das Wendebalken-Strahlsystem RWS 1200 von Rösler. „Ausschlaggebend waren die guten Erfahrungen mit den vorhandenen Anlagen, die kompakte Bauweise und solide Konstruktion sowie die umfangreiche Erfahrung des Unternehmens im Bereich Strahlen von Kunststoffteilen“, merkt Jürgen Bär an. „Außerdem benötigten wir die Durchlaufstrahlanlage sehr schnell und Rösler bot uns an, die Maschine aus deren Customer Experience Center kurzfristig zu liefern.“
Prozesssicheres und energieeffizientes Entgraten im Tempergestell
Die flexible Hochleistungsanlage RSAB 470 wird am Standort Coburg für das kontinuierliche Entgraten von Spritzgussteilen aus Duroplasten und dem Hochleistungsthermoplast PPS-GF eingesetzt. Nach der Bearbeitung erfolgt eine Temperbehandlung, für die die Teile auf spezielle Gestelle gesteckt werden. Um den manuellen Aufwand für das Teilehandling zu minimieren und das lose Auflegen der Teile auf den Drahtösengurt der Strahlanlage zu eliminieren, passte Rösler das Standard-Werkstücktransportsystem an den Workflow bei Ros an. Dies ermöglicht, die Tempergestelle direkt nach dem Spritzgießen mit den Teilen zu bestücken, auf den Vorrichtungen zu entgraten und dem Tempern zuzuführen. Für ein prozesssicheres und reproduzierbares Strahlergebnis verfügt die Anlage über vier für die Kunststoffbearbeitung entwickelte Turbinen, die über und unter dem Gurt platziert sind. Sie applizieren das Strahlmittel – ein Polyamid-Korn mit 1 mm Kantenlänge – stark beschleunigt von oben und unten auf die Teile. Im Gegensatz zur üblicherweise mit Druckluft betriebenen Injektorstrahltechnik arbeitet die Turbinenstrahltechnik mit den verwendeten Elektroantrieben erheblich energieeffizienter. „Möglichkeiten, Energieeinsparungen umzusetzen, fordert nicht nur unsere Zertifizierung nach DIN EN 50001, eine Verringerung des Energieverbrauchs ist auch unter Nachhaltigkeits- und Kostenaspekten heute dringend nötig“, ergänzt Jürgen Bär. Eine Strahlmittelüberwachung mit automatischer Nachdosierung gewährleistet, dass das Strahlmittel immer in optimaler Qualität eingesetzt wird. Das Antistatiksystem mit automatischer Nachdosierung, die Strahlkammerabsaugung, eine zweistufige Abreinigung der Teile in der Auslaufzone der Anlage sowie die effektive Strahlmittelaufbereitung mit Siebvorrichtung und Kaskadenwindsichtung tragen ebenfalls dazu bei, dass die Teile bedarfsgerecht entgratet und sauber aus der Anlage kommen. Da durch die bei Ros eingesetzten Werkstoffe und das Polyamid-Strahlmittel explosionskritische Stäube entstehen können, wurden die Anlagen mit speziellen, ATEX-konformen Filtersystemen ausgestattet.
Einzelteile nachhaltig vollautomatisch entgraten
Die Wendebalken-Strahlanlage RWS 1200, mit der die Strahlkapazität im Werk Ummerstadt erweitert wurde, kommt für Bauteile aus PPS-GF mit einem Hüllkreis von bis zu 163 mm zum Einsatz. Passend zum Fertigungstakt der Spritzgussmaschine werden jeweils vier Werkstücke gleichzeitig in der vorgegebenen Zeit von 40 Sekunden entgratet. Die Anlage verfügt dafür über zwei Bereiche, die jeweils mit vier Satelliten ausgestattet sind. Diese Konstruktion ermöglicht, dass parallel zum Entgratprozess die Be- und Entladung erfolgen kann. Unproduktive Nebenzeiten werden minimiert. Für einen energieeffizienten Betrieb appliziert eine Turbine Strahlmittel von oben auf die Teile auf den rautenförmig angeordneten Satelliten, die nicht nur rotieren, sondern auch in einer teilespezifisch festlegbaren Winkelstellung stoppen können. In Bereichen, die durch das Strahlmittel der Turbine geometriebedingt nicht erreicht werden, sorgen Injektorstrahldüsen mit Drucküberwachung an einer vertikal verfahrbaren Einheit für eine präzise Entgratung. Dafür lassen sich die Düsen zusätzlich zur Hubbewegung über ein Wegmesssystem exakt vor den Teilen platzieren, wobei sowohl oszillierend als auch punktuell gestrahlt werden kann. „Um hier den Druckluftverbrauch zu minimieren, arbeiten wir mit teilespezifischen Bearbeitungsprogrammen“, berichtet Jürgen Bär.
Ausgestattet ist die RWS 1200 darüber hinaus mit einer automatischen Nachdosierung für das Strahlmittel und das Antistatikmedium, einer Strahlkammerabsaugung und Strahlmittelaufbereitung.
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