Anders als von der EU-Kommission versprochen, geht der Vorschlag auf zwei brennende Fragen nicht ein: Er wird Reparaturen weder erschwinglicher machen, noch Reparatur-feindliche Praktiken der Hersteller einschränken.
Der Vorschlag soll den Austausch von defekten Produkten im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung verringern, indem Händler zur Reparatur verpflichtet werden, wenn dies nicht teurer als ein Austausch des Produkts ist. Außerdem werden Hersteller verpflichtet, Reparaturen außerhalb des Gewährleistungszeitraums anzubieten, allerdings nur für eine sehr begrenzte Anzahl von Produkten.
Mit diesem Ansatz werden sich die Kosten von Reparaturen nicht verringern, denn: Die Verpflichtung der Hersteller, einen Reparaturservice anzubieten, bedeutet nicht, dass dieser auch erschwinglich ist. Auch die Kosten für Ersatzteile werden im Vorschlag nicht berücksichtigt. Damit Menschen mehr reparieren, müssen Reparaturen allgemein zugänglich und erschwinglich sein.
"Eine wirklich nachhaltigere Nutzung von Ressourcen können wir nur erreichen, wenn Reparaturkosten sinken. Und im Gegensatz zu dem, was die EU-Kommission kommuniziert, geht der heutige Vorschlag nicht auf die Bezahlbarkeit von Reparaturen ein. Teure Reparaturen sind der häufigste Grund für Verbraucher, sich gegen die Reparatur eines defekten Geräts zu entscheiden. Wir brauchen erschwingliche Ersatzteile, wir müssen die Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen und von Drittanbietern erleichtern, und wir brauchen Förderprogramme wie den Reparaturbonus, um Reparaturanreize zu setzen.” - Katrin Meyer, Koordinatorin des Runden Tisch Reparatur.
"Wir begrüßen den Versuch, Reparaturen zugänglicher zu machen, insbesondere durch die Einführung von Online-Plattformen für Reparaturbetriebe und die Harmonisierung von Kostenvoranschlägen. Allerdings hat die Kommission die brennenden Fragen zur Bezahlbarkeit von Reparaturen und Reparatur-feindliche Praktiken der Hersteller nicht angefasst. Wir brauchen ein universelles Recht auf Reparatur, das unabhängige Anbieter einschließt und allgemeinen Zugang zu erschwinglichen Ersatzteilen, Reparaturinformationen und Diagnosewerkzeugen gewährleistet.
Die vorgeschlagenen reparaturbezogenen Pflichten sind zu eng gefasst, um die Reparatur-Revolution herbeizuführen, die wir brauchen. Reparatur während der Gewährleistung nur zu verlangen, wenn sie nicht teurer als ein Austausch des Produkts ist, reicht nicht aus. Auch die Einschränkungen für Reparaturen nach der Gewährleistung sind zu umfassend. Wir fordern das EU-Parlament und den Rat auf, diesen ersten Vorschlag für ein Recht auf Reparatur in der EU mit mehr Ehrgeiz weiterzuentwickeln." - Cristina Ganapini, Koordinatorin der Right to Repair Europe Kampagne.
"Das Verbraucherrecht muss ein zu einem allgemeinen Recht auf Reparatur beitragen, das es allen Verbraucher*innen ermöglicht, Reparaturanbieter selbst zu auszuwählen. Unabhängige Dienstleister sollten mit Herstellern und Verkäufern konkurrieren können, indem sie ihre Dienste sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gewährleistungsdauer anbieten. Wir müssen Herstellern verbieten, Reparaturen durch zum Beispiel die Serialisierung von Bauteilen einzuschränken. Nur so können wir die Reparatur defekter Produkte und damit nachhaltigere Konsummuster wirksam fördern." - Claire Darmon, Pressesprecherin von Swappie
Wir sind noch weit von einem echten, herstellerunabhängigen Recht auf Reparatur entfernt
Der Vorschlag der Kommission konzentriert sich in erster Linie auf die unmittelbare Rolle der Hersteller und Händler und deckt nur einen kleinen Teil der Reparaturfälle ab. Doch auch die Förderung unabhängiger Reparaturbetriebe und -netzwerke ist von entscheidender Bedeutung, um das Reparaturangebot zu stärken und die Bezahlbarkeit zu gewährleisten. Daher halten wir es für höchst problematisch, dass unsere Forderungen nach einem herstellerunabhängigen Recht auf Reparatur in dem Vorschlag ignoriert wurden. Für ein echtes Recht auf Reparatur braucht es einen universellen Zugang zu erschwinglichen Ersatzteilen, Reparaturinformationen und Diagnosewerkzeugen, ein Verbot aller Reparatur-feindlichen Praktiken sowie Maßnahmen, die die Erschwinglichkeit von Reparaturen sicherstellen.
Da die Kommission mit ihrem Vorschlag den Verbraucher*innen keinen fairen und umfassenden Zugang zur Reparatur ihrer Produkte ermöglicht, trägt sie zur fortlaufenden Verschwendung wertvoller Ressourcen bei. Im aktuellen geopolitischen Kontext ist dies auch eine verpasste Gelegenheit, unsere Abhängigkeit von kritischen, aus dem Ausland importierten Rohstoffen und Komponenten zu verringern. Wie der eigene Forschungsdienst der EU-Kommission dokumentiert, würde die Förderung der Reparatur zudem lokale Arbeitsplätze schaffen, da der Sektor relativ arbeitsintensiv ist und niedrige Einstiegshürden aufweist.
Die EU-Kommission hat die Gelegenheit verpasst, mit diesem Vorschlag ein echtes Recht auf Reparatur auf den Weg zu bringen!