Eine Entwicklung, die Unternehmen grundlegend begrüßen dürften. Denn laut unseres SALT AND PEPPER Surveys sehen 58 % der Befragten – und sogar 70 % der Führungskräfte – im Recruiting internationaler Fachkräfte eine Strategie gegen den Fachkräftemangel. Ist das Recruiting internationaler Fachkräfte somit eine Lösung? Der Bedarf ist unübersehbar. Laut unserer Studie spüren 60 % der Befragten in ihren Unternehmen das Fehlen von Experten deutlich. Besorgniserregend ist, dass 21 % bereits Aufträge ablehnen mussten, weil schlicht das passende Personal fehlte.
Eine Schlüsselstrategie für Deutschland?
Der Wunsch nach internationalen Fachkräften ist groß und wird neben dem Einsatz von KI (hier mehr Infos zu dem Thema) zu einer kritischen Erfolgsstrategie für Deutschlands Zukunft. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes bestätigen diese Entwicklung. Seit einigen Jahren steigt der Anteil internationaler Fachkräfte.
Dabei profitieren auch Branchen, die nach hochqualifizierten Fachkräften mit akademischem Abschluss suchen. In sogenannten Mangelberufen (z.B. Ingenieur:innen oder IT-Fachkräfte), in denen es in Deutschland eine hohe Anzahl unbesetzter Stellen gibt, gelten vereinfachte Anforderungen für den Erhalt der Blue Card. Sie ist eine Arbeitserlaubnis, die hochqualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert. Um die Blue Card zu erhalten, müssen Bewerbende bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie z.B. einen Hochschulabschluss und ein zu erwartendes Mindesteinkommen. Das Positive: Blue Card-Fachkräfte bleiben länger. Laut Statista lebten 83 % derjenigen, die diesen Aufenthaltstitel zwischen 2012 und 2017 erhielten, nach fünf Jahren weiterhin in Deutschland.
Insgesamt sind über ein Drittel der internationalen Fachkräfte in Deutschland hochqualifiziert (Blue Card’ler + Fachkräfte mit akademischen Hintergrund). Das scheint ein hoher Wert zu sein. Er wird allerdings relativiert durch die Gesamtzahl: Im Jahr 2022 waren 351.410 Personen mit befristetem Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit registriert. Auf Akademiker:innen runtergebrochen sind das etwa 126.000 Menschen. Allerdings sind diese auf verschiedene Berufsgruppen, wie etwa medizinisches Fachpersonal, Naturwissenschaftler:innen oder Architekt:innen, aufgeteilt. Genaue Zahlen für den Anteil von Ingenieur:innen und IT-Fachkräften liegen leider nicht vor.
Laut einer neuen Studie des Digitalverbands Bitkom gibt es aktuell aber etwa 149.000 unbesetzte Stellen allein für IT-Expert:innen. Für Ingenieur:innen sind laut dem Verband Deutscher Ingenieure (VDI) etwa 165.000 Stellen offen. Die Bedarfe der Wirtschaft werden also derzeit nur sehr gering durch internationale Fachkräfte gedeckt. Es besteht somit noch sehr viel Potenzial für Unternehmen.
Hände gebunden? Was Unternehmen selbst tun können
Zur Wahrheit gehört: In kaum einem anderen Maßnahmenfeld sind Unternehmen so auf die politischen Rahmenbedingungen angewiesen, wie beim Akquirieren von internationalen Fachkräften. Auf den außenpolitischen Austausch oder Regelungen zur Integration ausländischer Experten haben Unternehmen selbst kaum Einfluss. Auch Visavergabe und Anerkennungsverfahren werden behördlich geregelt.
Von den politischen Rahmenbedingungen einmal abgesehen, haben Unternehmen jedoch einige Gestaltungsmöglichkeiten, um internationale Expert:innen zu finden und langfristig zu binden:
- Gezielte Ansprache im Ausland: Unternehmen können gezielt im Ausland nach Fachkräften suchen und diese aktiv ansprechen, beispielsweise durch die Teilnahme an internationalen Jobmessen oder das Schalten von Stellenanzeigen in ausländischen Medien.
- Unterstützung bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen: Unternehmen helfen ihren internationalen Mitarbeitenden, indem sie Informationen über den Anerkennungsprozess und die erforderlichen Schritte zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen bereitstellen. Sie können sie auch finanziell unterstützen und z.B. Gebühren des Anerkennungsverfahren übernehmen. Hilfreich ist es auch, den Mitarbeitenden entsprechende Zeit und Flexibilität zu geben, sich auf das Anerkennungsverfahren vorzubereiten.
- Angebot von Sprachkursen und kultureller Integration: Die Bereitstellung von Sprachkursen und Unterstützung bei der kulturellen Integration kann ausländischen Fachkräften helfen, sich in Deutschland wohlzufühlen und produktiv zu arbeiten. Dazu können Integration in das Vereinswesen oder andere ehrenamtliche Tätigkeiten gehören.
- Perspektive und Wertschätzung: Bereits im Recruiting-Prozess ist es sinnvoll, das Thema Weiterbildung zu integrieren. Dies schafft auf beiden Seiten Klarheit über notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten im neuen Job. Unternehmen demonstrieren damit von Anfang an ihre Wertschätzung gegenüber potenziellen neuen Mitarbeitenden – und schaffen Raum, dass sich Mitarbeitende auf das neue Arbeitsumfeld und die neue Kultur einlassen können.
- Mitarbeitendenorientiertes Onboarding: Neue Kolleg:innen sollten in jeder Phase dieses Prozesses unterstützt werden – von der Vertragsunterzeichnung bis zum Ende der Probezeit – und kontinuierlich mit den erforderlichen Informationen versorgt werden. Dazu gehören Maßnahmen wie Mentor- oder Buddy-Projekte. Bei ihnen unterstützen erfahrenere Kolleg:innen bei der sozialen Integration, dem Wissensaustausch und der Förderung des interkulturellen Verständnisses. Auch gemeinsame Team-Aktivitäten helfen, dass die internationalen Mitarbeitenden sich wohler fühlen. Kontinuierliches Feedback zwischen den neuen Mitarbeitenden und ihren Führungskräften ermöglicht es, den Jobstart zu reflektieren und möglichen Problemen frühzeitig entgegenzuwirken.
- Schaffung internationaler Arbeitsumgebungen: Das ist natürlich nicht überall möglich, aber die Schaffung von internationalen Arbeitsumgebungen – beispielsweise durch die Etablierung von interkulturellen Trainingsprogrammen – kann die Integration ausländischer Fachkräfte in das Unternehmen erleichtern.
- Geduld: Auch wir bei SALT AND PEPPER haben bereits unsere Erfahrungen mit dem Recruiting internationaler Fachkräfte gemacht. Das Learning: Es geht nie so schnell, wie wir uns das gewünscht haben – aber Ausdauer zahlt sich aus. Bei einer aktuellen Mitarbeiterin hat es über zwei Monate im Bewerbungsprozess gedauert, bis sie eine Arbeitserlaubnis hatte. Weil wir sie unbedingt einstellen wollten, haben wir Geduld bewiesen und auf sie gewartet.