Die Praktikantin erhielt bei der Neueinstellung keinen Arbeitsvertrag, sondern nur einen Praktikantenvertrag mit 43 Wochenstunden und ein Gehalt von 300 Euro monatlich. Da sie aber letztlich die Arbeit eines normalen Vollzeitangestellten machen musste, rechnete das Arbeitsgericht das fehlende Gehalt zumindest bis zum derzeitigen Mindestlohn von 8,50 Euro hoch, dies führte zu der Lohnnachzahlung von 50.000 Euro.
Viele Unternehmen stellen gerne Praktikanten ein: Sie sind billiger. Allerdings muss es sich tatsächlich um ein Praktikum handeln. Leistet der vermeintliche Praktikant letztlich genau das, was auch ein normaler Arbeitnehmer leisten würde, dann spricht man von einem verschleierten Arbeitsverhältnis. Ein Praktikum ist u.a. davon geprägt, dass der Praktikant durchaus für verschiedene Tätigkeiten eingesetzt wird, er hier und da mal hineinschnuppern darf – und seit dem Inkrafttretens des Mindestlohngesetzes kann auch die Dauer des “Praktikums” ein Indiz sein, ob es letztlich ein verkapptes Arbeitsverhältnis ist.
Es drohen dem Arbeitgeber dann nicht nur Nachzahlungen beim Lohn, sondern ggf. auch beim Urlaub, Gratifikationen, Lohnnebenkosten, Sozialversicherungsbeiträge usw… außerdem kann es ja nach Konstellation passieren, dass der neue Arbeitnehmer auch den gesetzlichen Kündigungsschutz genießt.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)