"Vielen herzlichen Dank. Guten Tag. Ich fühle mich geehrt, in Kairo zu sein, dieser zeitlosen Stadt, als Gast zweier bemerkenswerter Institutionen. Seit mehr als eintausend Jahren ist die Al-Azhar Universität ein leuchtendes Beispiel für islamische Bildung, und seit mehr als einhundert Jahren ist die Universität von Kairo eine Quelle des ägyptischen Fortschritts. Und gemeinsam stehen Sie für die Harmonie zwischen Tradition und Fortschritt. Ich möchte mich für Ihre Gastfreundschaft und die Gastfreundschaft der Bürger Ägyptens bedanken. Ich bin auch stolz darauf, die guten Wünsche der amerikanischen Bevölkerung und einen Friedensgruß der muslimischen Gemeinden in meinem Land übermitteln zu können: Salam alaikum.
Wir kommen in einer Zeit großer Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und den Muslimen überall auf der Welt zusammen – Spannungen, die in historischen Kräften verwurzelt sind, die über jede gegenwärtige politische Debatte hinausgehen. Die Beziehungen zwischen dem Islam und dem Westen umfassen Jahrhunderte der Koexistenz und Kooperation, aber auch Konflikte und religiöse Kriege. In der jüngsten Vergangenheit wurden die Spannungen durch Kolonialismus genährt, der vielen Muslimen Rechte und Chancen versagte und einem Kalten Krieg, in dem mehrheitlich muslimische Länder zu oft als Stellvertreter benutzt wurden, ohne dass dabei Rücksicht auf ihre eigenen Bestrebungen genommen wurde. Darüber hinaus hat der weitreichende Wandel, der von der Moderne und der Globalisierung herbeigeführt wurde, dazu geführt, dass viele Muslime den Westen als feindlich gegenüber den Traditionen des Islams erachteten.
Gewalttätige Extremisten haben diese Spannungen in einer kleinen, aber starken Minderheit der Muslime ausgenutzt. Die Anschläge vom 11. September 2001 und die fortgesetzten Bemühungen dieser Extremisten, Gewalt gegen Zivilisten zu verüben, hat einige in meinem Land dazu veranlasst, den Islam als zwangsläufig feindlich nicht nur gegenüber den Vereinigten Staaten und Ländern des Westens zu betrachten, sondern auch gegenüber den Menschenrechten. All das hat zu weiteren Ängsten und mehr Misstrauen geführt.
Solange unsere Beziehungen von unseren Unterschieden definiert sind, werden wir diejenigen stärken, die eher Hass als Frieden verbreiten, und diejenigen, die eher Konflikte fördern als die Zusammenarbeit, die den Menschen in allen unseren Ländern helfen könnte, Gerechtigkeit und Wohlstand zu erreichen. Dieser Kreislauf der Verdächtigungen und Zwietracht muss enden.
Ich bin nach Kairo gekommen, um einen Neuanfang zwischen den Vereinigten Staaten und den Muslimen überall auf der Welt zu beginnen. Einen Neuanfang, der auf gemeinsamen Interessen und gegenseitiger Achtung beruht und auf der Wahrheit, dass die Vereinigten Staaten und der Islam die jeweils andere Seite nicht ausgrenzen und auch nicht miteinander konkurrieren müssen. Stattdessen überschneiden sich beide und haben gemeinsame Grundsätze – Grundsätze der Gerechtigkeit und des Fortschrittes, der Toleranz und der Würde aller Menschen.
Natürlich weiß ich, dass sich nicht alles über Nacht ändern kann. Ich weiß, dass im Vorfeld viel über diese Rede gesprochen wurde, aber keine einzelne Rede kann die Jahre des Misstrauens hinwegfegen, noch kann ich in der Zeit, die mir heute Nachmittag zur Verfügung steht, all die komplexen Fragen beantworten, die uns an diesen Punkt gebracht haben. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir, um Fortschritte machen zu können, einander offen sagen müssen, was uns auf dem Herzen liegt, und das wird zu häufig nur hinter verschlossenen Türen getan. Wir müssen uns darum bemühen, einander zuzuhören, voneinander zu lernen, uns gegenseitig zu respektieren und Gemeinsamkeiten zu finden. Wie der Heilige Koran uns lehrt: ”Sei Gott gewärtig und spreche immer die Wahrheit.“ Das werde ich heute versuchen – ich werde die Wahrheit sagen, so gut ich das kann; demütig angesichts der Aufgabe, die vor uns liegt, und fest in meinem Glauben, dass die Interessen, die uns als Menschen gemein sind, viel stärker sind als die Kräfte, die uns entzweien.
Diese Überzeugung beruht teilweise auf meinen eigenen Erfahrungen. Ich bin Christ, aber mein Vater stammt aus einer kenianischen Familie, zu der Generationen von Muslimen gehören. Als Junge lebte ich mehrere Jahre in Indonesien und hörte bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang den Ruf des Adhan. Als junger Mann arbeitete ich in Gemeinden Chicagos, wo viele Menschen im muslimischen Glauben Würde und Frieden fanden.
Als Geschichtsstudent weiß ich auch um die Schuld der Zivilisation gegenüber dem Islam. Es war der Islam – an Orten wie der Al-Azhar Universität – der das Licht der Bildung über so viele Jahrhunderte getragen und den Weg für die europäische Renaissance und Aufklärung bereitet hat. Es waren Innovationen in muslimischen Gesellschaften, durch die die Ordnung der Algebra entstanden, unser magnetischer Kompass und die Instrumente der Navigation, unsere Fähigkeit, Federhalter herzustellen und unsere Beherrschung des Drucks sowie unser Wissen um die Verbreitung von Krankheiten und wie sie geheilt werden können. Die islamische Kultur hat uns majestätische Bögen und hohe Gewölbe beschert, zeitlose Poesie und geschätzte Musik, elegante Kalligraphie und Orte der friedlichen Kontemplation. Im Verlaufe der Geschichte hat der Islam durch Worte und Taten die Möglichkeiten der religiösen Toleranz und ethnischen Gleichberechtigung demonstriert.
Ich weiß auch, dass der Islam immer ein Teil der amerikanischen Geschichte gewesen ist. Die erste Nation, die mein Land anerkannte, war Marokko. Bei der Unterzeichnung des Vertrags von Tripolis im Jahre 1796 schrieb unser zweiter Präsident, John Adams: “Die Vereinigten Staaten hegen in ihrem Innern gegenüber den Gesetzen, der Religion oder dem Frieden der Muslime keinerlei Feindseligkeit.“ Seit ihrer Gründung haben amerikanische Muslime die Vereinigten Staaten bereichert. Sie haben in unseren Kriegen gekämpft, in unserer Regierung gedient, sich für Bürgerrechte eingesetzt, Unternehmen gegründet, an unseren Universitäten gelehrt, hervorragende Leistungen in unseren Sportstätten gebracht, Nobelpreise gewonnen, unser höchstes Gebäude erbaut und die Olympische Fackel entzündet. Und als vor kurzem der erste muslimische Amerikaner in den Kongress gewählt wurde, legte er den Amtseid zur Verteidigung unserer Verfassung auf den gleichen Heiligen Koran ab, der in der Bibliothek eines unserer Gründungsväter stand – Thomas Jefferson.
Ich habe den Islam auf drei Kontinenten kennengelernt, bevor ich in die Region gekommen bin, wo er zuerst verkündet wurde. Diese Erfahrung leitet meine Überzeugung, dass eine Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und dem Islam auf dem basieren muss, was der Islam ist, und nicht auf dem, was er nicht ist. Und ich sehe es als Teil meiner Verantwortung als Präsident der Vereinigten Staaten an, gegen negative Stereotype über den Islam vorzugehen, wo auch immer sie auftreten mögen.
Aber das gleiche Prinzip muss für die muslimischen Wahrnehmungen der Vereinigten Staaten gelten. Genauso wie Muslime nicht groben Stereotypen entsprechen, entsprechen auch die Vereinigten Staaten nicht dem groben Stereotyp eines nur an sich selbst interessierten Imperiums. Die Vereinigten Staaten sind eine der größten Quellen für Fortschritt, die die Welt jemals gesehen hat. Wir sind aus einer Revolution gegen ein Weltreich hervorgegangen. Unser Land wurde auf den Idealen gegründet, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, und wir haben über Jahrhunderte gekämpft und Blut vergossen, um diesen Worten Bedeutung zu verleihen – innerhalb unserer Grenzen und in der übrigen Welt. Wir sind von jeder Kultur in jedem Winkel der Erde geprägt und folgen einem einfachen Konzept: "E Pluribus Unum – aus vielen Eins."
Viel wurde über die Tatsache diskutiert, dass ein Afroamerikaner mit dem Namen Barack Hussein Obama zum Präsidenten gewählt wurde. Meine persönliche Geschichte ist aber gar nicht so einzigartig. Der Traum von Chancen für alle Menschen ist nicht für jeden in den Vereinigten Staaten wahr geworden, aber seine Versprechungen bestehen weiterhin für alle, die in unser Land kommen. Dies schließt nahezu sieben Millionen amerikanische Muslime ein, die heute in unserem Land Leben, und die übrigens über ein Einkommen und einen Bildungsstand verfügen, der über dem amerikanischen Durchschnitt liegt.
Außerdem ist die Freiheit in den Vereinigten Staaten untrennbar mit der Freiheit der Religionsausübung verbunden. Das ist der Grund, warum in jedem Staat unserer Union eine Moschee und es insgesamt mehr als 1.200 Moscheen innerhalb unserer Landesgrenzen gibt. Das ist auch der Grund, warum die US-Regierung vor Gericht gegangen ist, um die Rechte der Frauen und Mädchen zu schützen, die das Hijab tragen wollen, und um diejenigen zu bestrafen, die es ihnen verwehren wollen.
Es besteht also kein Zweifel: Der Islam ist ein Teil der Vereinigten Staaten. Ich glaube, dass die Vereinigten Staaten in sich die Wahrheit tragen, dass wir alle, unabhängig von der Hautfarbe, der Religion oder der Lebensphase, gemeinsame Ambitionen haben – in Frieden und Sicherheit zu leben, Bildung zu erhalten, und in Würde zu arbeiten und unsere Familien, Gemeinden und Gott zu lieben. Das sind Dinge, die wir alle anstreben. Das ist die Hoffnung aller Menschen.
Natürlich ist die Anerkennung unserer gemeinsamen Menschlichkeit erst der Anfang unserer Aufgabe. Worte alleine können die Bedürfnisse der Menschen in unseren Ländern nicht befriedigen. Diese Bedürfnisse können nur befriedigt werden, wenn wir in den kommenden Jahren mutig handeln, und wenn wir verstehen, dass die Herausforderungen, vor denen wir stehen, gemeinsame Herausforderungen sind, und ein Versagen uns allen schaden wird.
Aus den jüngsten Erfahrungen haben wir gelernt, dass wenn ein Finanzsystem in einem Land geschwächt wird, der Wohlstand überall davon betroffen ist. Wenn ein neuartiges Grippevirus einen Menschen infiziert, wir alle gefährdet sind. Wenn eine Nation den Erwerb von Atomwaffen anstrebt, das Risiko eines Atomwaffenangriffs für alle Nationen steigt. Wenn gewalttätige Extremisten in einer Bergregion operieren, Menschen auf der anderen Seite des Ozeans gefährdet sind. Und wenn Unschuldige in Bosnien und Darfur abgeschlachtet werden, es ein Schandfleck auf unserem kollektiven Gewissen ist. Das bedeutet es, im 21. Jahrhundert die Welt gemeinsam zu bewohnen. Das ist die Verantwortung, die wir vor einander als Menschen haben.
Das ist eine schwierige Verantwortung, die wir übernehmen müssen. Die menschliche Geschichte war oft geprägt von Nationen und Stämmen – und auch Religionen- die einander aufgrund ihrer eigenen Interessen unterjochten. In dieser neuen Ära ist dieses Verhalten aber völlig sinnlos. Angesichts unserer gegenseitigen Abhängigkeit wird jede Weltordnung, die eine Nation oder Gruppe über andere erhebt, unweigerlich scheitern. Ganz gleich, was wir also über die Vergangenheit denken, wir sollten nicht zu ihren Gefangenen werden. Unsere Probleme müssen durch Partnerschaft gelöst und Fortschritt muss geteilt werden.
Das heißt nicht, dass wir Ursachen für Spannungen ignorieren sollten. Das Gegenteil scheint mir vielmehr angebracht zu sein: Wir müssen uns diesen Spannungen direkt stellen. Lassen Sie mich in diesem Sinne so klar und so offen, wie mir das möglich ist, einigen speziellen Themen ansprechen, von denen ich glaube, dass wir uns ihnen endlich gemeinsam stellen müssen.
Das erste Thema, dem wir uns stellen müssen, ist gewalttätiger Extremismus in allen seinen Formen.
In Ankara habe ich klar gesagt, dass sich die Vereinigten Staaten nicht mit dem Islam im Krieg befinden und das auch niemals sein werden. Wir werden uns jedoch unnachgiebig gegen die gewalttätigen Extremisten stellen, die eine ernste Gefahr für unsere Sicherheit bedeuten, weil wir dasselbe ablehnen, was die Menschen aller Glaubensrichtungen ablehnen: Die Ermordung unschuldiger Frauen, Kinder und Männer. Und es ist meine oberste Pflicht als Präsident, die Bevölkerung der Vereinigten Staaten zu schützen.
Die Situation in Afghanistan zeigt die amerikanischen Ziele und die Notwendigkeit der Kooperation. Vor mehr als sieben Jahren haben die Vereinigten Staaten die Al Kaida und die Taliban mit breiter internationaler Unterstützung verfolgt. Wir haben das nicht getan, weil wir das tun wollten, sondern weil es eine Notwendigkeit war. Ich bin mir bewusst, dass es noch immer einige Menschen gibt, die die Ereignisse des 11. Septembers anzweifeln oder rechtfertigen würden. Aber lassen Sie uns ganz klar feststellen: Die Al Kaida hat an diesem Tag fast 3.000 Menschen getötet. Die Opfer waren unschuldige Frauen, Kinder und Männer aus den Vereinigten Staaten und vielen anderen Ländern, die niemandem etwas getan hatten. Dennoch hat die Al Kaida diese Menschen unbarmherzig ermordet, sich mit dem Angriff gebrüstet und sagt sogar heute, dass sie entschlossen ist, einen massiven Angriff durchzuführen und viele Menschen zu töten. Sie haben in vielen Ländern Anhänger und versuchen ihre Reichweite noch auszudehnen. Das sind keine Ansichten, über die diskutiert werden kann, es sind Fakten, mit denen man sich befassen muss.
Täuschen Sie sich also nicht: Wir wollen unsere Truppen nicht in Afghanistan lassen. Wir wollen dort keine Militärbasen einrichten Es ist qualvoll für die Vereinigten Staaten, ihre jungen Frauen und Männer zu verlieren. Es ist kostspielig und politisch schwierig, diesen Konflikt fortzusetzen. Wir würden gerne jeden einzelnen unserer Soldaten nach Hause bringen, wenn wir sicher sein könnten, dass es in Afghanistan und jetzt auch in Pakistan keine gewalttätigen Extremisten gibt, die entschlossen sind, so viele Amerikaner wie möglich zu töten. Aber das ist zurzeit noch nicht der Fall.
Deshalb haben wir eine partnerschaftliche Koalition mit 46 Ländern geschlossen. Trotz der damit einhergehenden Kosten wird das amerikanische Engagement nicht nachlassen. In der Tat sollte keiner von uns diese Extremisten tolerieren. Sie haben in vielen Ländern getötet. Sie haben Menschen unterschiedlichen Glaubens getötet – allerdings starben mehr Muslime als Anhänger anderer Glaubensrichtungen. Ihre Taten sind unvereinbar mit den Menschenrechten, dem Fortschritt von Nationen und dem Islam. Der Heilige Koran lehrt, dass wenn jemand einen Unschuldigen tötet, es so ist, als habe er die ganze Menschheit getötet. Und der Heilige Koran sagt auch, wenn jemand einen Menschen rettet, ist es so, als habe er die ganze Menschheit gerettet. Der fortdauernde Glaube von mehr als einer Milliarde Menschen ist so viel größer als der engstirnige Hass einiger weniger. Der Islam ist nicht Teil des Problems im Kampf bei der Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus - er ist ein wichtiger Teil der Förderung des Friedens.
Wir wissen auch, dass militärische Macht alleine nicht ausreicht, um die Probleme in Afghanistan und Pakistan zu lösen. Das ist der Grund, warum wir vorhaben, jedes Jahr in den kommenden fünf Jahren 1,5 Milliarden US-Dollar zu investieren, um in Partnerschaft mit der Bevölkerung Pakistans Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Unternehmen aufzubauen und hunderte Millionen Dollar, um denen zu helfen, die vertrieben wurden. Aus diesem Grund stellen wir mehr als 2,8 Milliarden Dollar bereit, um den Menschen in Afghanistan zu helfen, ihre eigene Volkswirtschaft aufzubauen und die Dienste bereitzustellen, auf die die Menschen angewiesen sind.
Lassen Sie mich auch das Thema Irak ansprechen. Im Gegensatz zu Afghanistan haben wir uns für den Krieg im Irak entschieden, was zu starken Meinungsverschiedenheiten in meinem Land und auf der ganzen Welt geführt hat. Obwohl ich glaube, dass es der irakischen Bevölkerung letztendlich ohne den Tyrannen Saddam Hussein besser geht, glaube ich auch, dass die Ereignisse im Irak die Vereinigten Staaten an die Notwendigkeit der Diplomatie und des internationalen Konsenses zur Lösung von Problemen erinnert haben, wann immer dies möglich ist. Wir erinnern uns in der Tat an die Worte von Thomas Jefferson, der sagte: „Ich hoffe, dass unsere Weisheit mit unserer Macht wachsen und uns lehren wird: Je weniger wir unsere Macht einsetzen, desto größer wird sie sein.“
Heute haben die Vereinigten Staaten eine zweifache Verantwortung: Dem Irak zu helfen, eine bessere Zukunft aufzubauen - und den Irak den Irakern zu überlassen. Ich habe es gegenüber der irakischen Bevölkerung ganz klar gesagt, dass wir keine Basen errichten wollen und keine Ansprüche auf ihr Territorium oder Ressourcen erheben. Die irakische Souveränität gehört dem Irak allein. Daher habe ich den Abzug der Kampfbrigaden bis kommenden August angeordnet. Daher werden wir uns an unsere Vereinbarung mit der demokratisch gewählten Regierung im Irak halten und unsere Kampftruppen bis Juli aus irakischen Städten sowie unsere übrigen Soldaten bis 2012 aus dem Irak abziehen. Wir werden den Irak dabei unterstützen, Sicherheitskräfte auszubilden und seine Volkswirtschaft aufzubauen. Aber wir werden einen sicheren und geeinten Irak als ein Partner unterstützen und niemals als Schutzmacht.
Und schließlich dürfen wir, genauso wenig wie die Vereinigten Staaten Gewalt von Extremisten tolerieren können, niemals unsere Prinzipien verändern oder vergessen. Der 11. September stellte ein enormes Trauma für unser Land dar. Die Angst und Wut, die er hervorrief, war verständlich, aber in einigen Fällen führte dies dazu, dass wir entgegen unseren Traditionen und Idealen handelten. Wir unternehmen konkrete Schritte, um den Kurs zu ändern. Ich habe unmissverständlich den Einsatz von Folter durch die Vereinigten Staaten verboten und die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay bis Anfang kommenden Jahres angeordnet.
Die Vereinigten Staaten werden sich also unter Achtung der Souveränität von Nationen und der Rechtsstaatlichkeit verteidigen. Und wir werden das in Partnerschaft mit den muslimischen Gesellschaften tun, die ebenfalls bedroht sind. Je eher die Extremisten isoliert und aus muslimischen Gesellschaften vertrieben werden, desto schneller werden wir alle sicherer sein.
Die zweite große Quelle für Spannungen, über die wir sprechen müssen, ist die Situation zwischen Israelis, Palästinensern und in der arabischen Welt.
Die starken Bande der Vereinigten Staaten zu Israel sind allgemein bekannt. Diese Bande sind unzerbrechlich. Sie basieren auf den kulturellen und historischen Verbindungen und dem Wissen um die Tatsache, dass das Streben nach einer jüdischen Heimat in einer tragischen Geschichte verwurzelt ist, die nicht geleugnet werden kann.
Überall auf der Welt wurden Juden seit Jahrhunderten verfolgt, und der Antisemitismus gipfelte in Europa in einem beispiellosen Holocaust. Morgen werde ich Buchenwald besuchen, das Teil eines Netzwerks von Lagern war, in denen Juden während des Dritten Reichs versklavt, gefoltert, erschossen und vergast wurden. Sechs Millionen Juden wurden getötet – mehr als die gesamte jüdische Bevölkerung, die heute in Israel lebt. Diese Tatsache zu leugnen ist bar jeder Grundlage, ignorant und abscheulich. Israel mit Zerstörung zu drohen – oder gemeine Stereotype über Juden zu wiederholen – ist zutiefst falsch und dient nur dazu, bei den Israelis diese schmerzvollste aller Erinnerungen wieder zu erwecken und gleichzeitig den Frieden zu verhindern, den die Menschen in dieser Region verdienen.
Andererseits lässt es sich auch nicht leugnen, dass die Palästinenser – Muslime und Christen – auf der Suche nach einer Heimat gelitten haben. Seit mehr als sechzig Jahren ertragen sie den Schmerz der Vertreibung. Viele warten in Flüchtlingslagern im Westjordanland, im Gazastreifen und den angrenzenden Ländern auf ein Leben in Frieden und Sicherheit, das sie noch nie haben führen können. Sie ertragen die täglichen Demütigungen – kleine und große – die die Besatzung mit sich bringt. Es besteht also kein Zweifel: Die Situation für die Palästinenser ist unerträglich. Die Vereinigten Staaten werden dem legitimen Streben der Palästinenser nach Würde, Chancen und einem eigenen Staat nicht den Rücken kehren.
Seit Jahrzehnten gibt es eine Pattsituation: Zwei Völker mit legitimen Wünschen, jedes davon mit einer schmerzvollen Geschichte, die einen Kompromiss erschwert. Schuldzuweisungen sind einfach – die Palästinenser weisen auf die Vertreibung aufgrund der Gründung des Staates Israel hin, und die Israelis weisen auf die ständigen Feindseligkeiten und Anschläge hin, die im Laufe ihrer Geschichte im eigenen Land und aus dem Ausland auf sie verübt wurden. Aber wenn wir diesen Konflikt nur von der einen oder der anderen Seite betrachten, verschließen wir unsere Augen vor der Wahrheit: Die einzige Lösung besteht darin, dass die Wünsche beider Seiten durch zwei Länder erfüllt werden, in denen Israelis und Palästinenser jeweils in Frieden und Sicherheit leben.
Das ist im Interesse Israels, im Interesse Palästinas, im Interesse der Vereinigten Staaten und im Interesse der Welt. Aus diesem Grund habe ich vor, mich mit all der Geduld und Hingabe, die diese Aufgabe erfordert, persönlich für dieses Ziel einzusetzen. Die Verpflichtungen, die die Parteien im Rahmen der Road Map eingegangen sind, sind eindeutig. Um Frieden zu ermöglichen, ist es an der Zeit, dass sie – und wir alle – unserer Verantwortung nachkommen.
Die Palästinenser müssen der Gewalt abschwören. Widerstand durch Gewalt und Morden ist falsch und führt nicht zum Erfolg. Jahrhundertelang ertrugen schwarze Menschen in den Vereinigten Staaten als Sklaven den Hieb der Peitsche und die Erniedrigung der Rassentrennung. Aber es war nicht Gewalt, mit der vollständige und gleiche Rechte errungen wurden. Es war ein friedliches und entschlossenes Beharren auf den Idealen, die bei der Gründung der Vereinigten Staaten das Kernstück waren. Dieselbe Geschichte können Menschen in Südafrika, in Südasien, Osteuropa und in Indonesien erzählen. Es ist eine Geschichte mit einer einfachen Wahrheit: Gewalt ist eine Sackgasse. Es ist weder ein Zeichen von Mut noch von Macht, Raketen auf schlafende Kinder zu schießen oder einen Bombenanschlag auf alte Frauen in einem Bus zu verüben. So erlangt man keine moralische Autorität; so gibt man sie auf.
Es ist jetzt an der Zeit, dass sich die Palästinenser auf das konzentrieren, was sie aufbauen können. Die Palästinenserbehörde muss ihre Fähigkeit zu regieren entwickeln, mit Institutionen, die die Bedürfnisse der Bürger befriedigen. Die Hamas hat die Unterstützung einiger Palästinenser, sie muss aber auch erkennen, dass sie eine Verantwortung trägt. Um eine Rolle dabei zu spielen, die Wünsche der Palästinenser zu erfüllen und die Palästinenser zu einen, muss die Hamas die Gewalt beenden und vergangene Abkommen sowie das Existenzrecht Israels anerkennen.
Gleichzeitig müssen die Israelis anerkennen, dass das Existenzrecht Palästinas genau so wenig verwehrt werden kann wie das Existenzrecht Israels. Die Vereinigten Staaten betrachten den fortgesetzten Bau israelischer Siedlungen nicht als legitim. Der Bau verletzt bestehende Abkommen und untergräbt die Bestrebungen, Frieden zu erreichen. Es ist an der Zeit, dass diese Besiedelung aufhört.
Israel muss auch seiner Verpflichtung nachkommen und sicherstellen, dass die Palästinenser leben, arbeiten und ihre Gesellschaft voranbringen können. Die andauernde humanitäre Krise im Gazastreifen zerstört nicht nur palästinensische Familien, sie erhöht auch nicht die Sicherheit Israels. Der fortbestehende Mangel an Chancen im Westjordanland tut das genauso wenig. Fortschritte im täglichen Leben der Palästinenser müssen ein wichtiger Teil des Weges zum Frieden sein, und Israel muss konkrete Schritte unternehmen, um solchen Fortschritt zu ermöglichen.
Schließlich müssen die arabischen Staaten erkennen, dass die arabische Friedensinitiative ein bedeutender Anfang war, aber nicht das Ende ihrer Verantwortung. Der Konflikt zwischen Arabern und Israelis sollte nicht länger dazu verwendet werden, die Bürger in arabischen Nationen von anderen Problemen abzulenken. Stattdessen muss es ein Anliegen sein, den Palästinensern zu helfen, die Institutionen zu entwickeln, die ihren Staat tragen werden, die Legitimität Israels anzuerkennen und sich für Fortschritt zu entscheiden, statt sich auf kontraproduktive Weise auf die Vergangenheit zu konzentrieren.
Die Vereinigten Staaten werden ihre Politik mit jenen abstimmen, die Frieden anstreben, und öffentlich das sagen, was sie auch in geschlossenen Treffen zu den Israelis, den Palästinensern und den arabischen Nationen sagen. Wir können keinen Frieden erzwingen. Aber insgeheim erkennen viele Muslime, dass Israel nicht einfach verschwinden wird. Genauso erkennen viele Israelis die Notwendigkeit eines Palästinenserstaates. Jeder kennt die Wahrheit, und deshalb ist es jetzt an der Zeit, ihr entsprechend zu handeln.
Zu viele Tränen sind geflossen. Zu viel Blut wurde vergossen. Wir alle haben die Verantwortung, auf den Tag hinzuarbeiten, an dem die Mütter von israelischen und palästinensischen Kindern diese ohne Angst aufwachsen sehen, an dem das heilige Land der drei großen Glaubensrichtungen der Ort des Friedens ist, den Gott für ihn vorgesehen hat, an dem Jerusalem die sichere und ständige Heimat von Juden, Christen und Muslimen ist und ein Ort, an dem alle Kinder Abrahams friedlich zusammenkommen können wie in der Geschichte der Al-Isra, als Moses, Jesus und Mohammed - möge der Friede mit ihnen sein - gemeinsam beteten.
Die dritte Quelle von Spannungen ist unser gemeinsames Interesse an den Rechten und den Pflichten von Nationen in Bezug auf Atomwaffen.
Dieses Thema ist eine Quelle der Spannung zwischen den Vereinigten Staaten und der Islamischen Republik Iran. Iran definiert sich seit vielen Jahren auch über die Opposition zu meinem Land, und in der Tat steht eine ereignisreiche Geschichte zwischen uns. Mitten im Kalten Krieg spielten die Vereinigten Staaten beim Sturz einer demokratisch gewählten iranischen Regierung eine Rolle. Seit der Islamischen Revolution spielt Iran eine Rolle bei Geiselnahmen und bei Gewalt gegen amerikanische Soldaten und Zivilisten. Diese Geschichte ist weithin bekannt. Aber statt in der Vergangenheit verhaftet zu bleiben, habe ich den iranischen Politikern und Bürgern des Landes eindeutig gesagt, dass mein Land bereit ist, in die Zukunft zu blicken. Die Frage lautet jetzt nicht, wogegen Iran ist, sondern welche Zukunft das Land aufbauen will.
Ich weiß, dass es schwer sein wird, Jahrzehnte des Misstrauens zu überwinden, aber wir werden mutig, rechtschaffen und entschlossen vorgehen. Es wird viele Fragen geben, die unsere beiden Länder diskutieren müssen, und wir sind bereit, ohne Vorbedingungen und auf der Grundlage gegenseitiger Achtung zu handeln. Aber es ist allen Beteiligten klar, dass wir beim Thema der Atomwaffen einen entscheidenden Punkt erreicht haben. Dabei geht es nicht einfach um die Interessen der Vereinigten Staaten. Es geht darum, ein Wettrüsten im Nahen Osten zu verhindern, das die Region und die ganze Welt auf einen zutiefst gefährlichen Kurs bringen könnte.
Ich verstehe jene, die protestieren und sagen, dass einige Länder Waffen besitzen, die andere Länder nicht haben. Kein einzelnes Land sollte aussuchen dürfen, welche Länder Atomwaffen besitzen dürfen. Aus diesem Grund habe ich das Bekenntnis der Vereinigten Staaten maßgeblich gestärkt, auf eine Welt hinzuarbeiten, in der kein Land Atomwaffen besitzt. Jedes Land – auch Iran – sollte das Recht auf friedliche Nutzung der Atomkraft haben, wenn es seinen Verpflichtungen im Rahmen des atomaren Nichtverbreitungsvertrags nachkommt. Dieses Bekenntnis ist das Kernstück des Vertrages, und es muss für alle bewahrt werden, die sich vollständig daran halten. Ich habe Hoffnung, dass alle Länder in der Region dieses gemeinsame Ziel verfolgen können.
Das vierte Thema, über das ich sprechen werde, ist Demokratie.
Ich weiß, dass die Förderung von Demokratie in den vergangenen Jahren Anlass zu einigen Kontroversen gegeben hat, und dass ein Großteil dieser Kontroversen mit dem Krieg im Irak zu tun hat. Ich sage es ganz deutlich: Kein Regierungssystem kann oder sollte einem Land von irgendeinem anderen Land aufgezwungen werden.
Das heißt jedoch nicht, dass ich mich weniger für Regierungen einsetze, die dem Willen ihrer Bürger entsprechen. Jedes Land erfüllt dieses Prinzip auf seine eigene Art und Weise mit Leben, und diese beruht auf den Traditionen seiner Bürger. Die Vereinigten Staaten maßen sich nicht an zu wissen, was für alle anderen am besten ist, genau so wenig wie sie sich anmaßen, das Ergebnis von friedlichen Wahlen beeinflussen zu können. Aber ich bin der unerschütterlichen Überzeugung, dass sich alle Menschen nach bestimmten Dingen sehnen: Die Fähigkeit, seine Meinung zu äußern und ein Mitspracherecht dabei zu haben, wie man regiert wird, Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit und die Gleichheit vor dem Gesetz zu haben, eine Regierung, die transparent ist und die Menschen nicht bestiehlt sowie die Freiheit, so zu leben, wie man möchte. Das sind nicht nur amerikanische Ideen, es sind Menschenrechte. Und aus diesem Grund werden wir sie überall auf der Welt unterstützen.
Es gibt keine eindeutige Linie, wie diese Versprechen verwirklicht werden können. Aber folgendes ist klar: Regierungen, die diese Rechte schützen, sind letzten Endes stabiler, erfolgreicher und sicherer. Das Unterdrücken von Ideen führt nicht zu ihrem Verschwinden Die Vereinigten Staaten respektieren das Recht aller friedlichen und gesetzestreuen Stimmen auf der Welt, Gehör zu finden, auch, wenn wir nicht ihrer Meinung sind. Wir begrüßen alle gewählten, friedlichen Regierungen – wenn sie beim Regieren alle ihre Bürger achten.
Dieser letzte Punkt ist wichtig, weil es einige gibt, die Demokratie nur fordern, wenn sie nicht an der Macht sind. Wenn sie dann an der Macht sind, unterdrücken sie rücksichtslos die Rechte anderer. Unabhängig davon, wo sie Wurzeln schlägt: Eine Regierung für die Bürger und bestehend aus den Bürgern setzt einen Standard für alle, die an die Macht kommen: Man muss die Macht durch Konsens, nicht durch Zwang erhalten, durch die Achtung der Rechte von Minderheiten und Mitwirkung im Geist der Toleranz und des Kompromisses sowie die Einstufung der Interessen der Bürger und der legitimen Arbeit des politischen Prozesses über der Partei. Wahlen allein machen ohne diese Zutaten noch keine wahre Demokratie aus.
Das fünfte Thema, das wir gemeinsam ansprechen müssen, ist Religionsfreiheit.
Der Islam blickt auf eine stolze Tradition der Toleranz zurück. Wir sehen das an der Geschichte Andalusiens und Cordobas während der Inquisition. Ich habe es als Kind selbst in Indonesien erlebt, wo fromme Christen ihren Glauben frei in einem mehrheitlich muslimischen Land praktizierten. Das ist die Geisteshaltung, die wir heute brauchen. Die Menschen in allen Ländern sollten die Freiheit haben, ihren Glauben aufgrund der Überzeugung des Geistes, des Herzes und der Seele zu wählen und zu leben. Diese Toleranz ist unerlässlich, damit eine Religion erblühen kann, aber sie wird in vielerlei Hinsicht angegriffen.
Unter einigen Muslimen gibt es die beunruhigende Tendenz, den eigenen Glauben zu messen, indem man den Glauben eines anderen Menschen ablehnt. Die Reichhaltigkeit der religiösen Vielfalt muss aufrechterhalten werden - unabhängig davon, ob es um die Maroniten im Libanon oder die Kopten in Ägypten geht. Und wenn wir ehrlich sind, müssen zwischen Muslimen auch Spaltungen überwunden werden, da die Entzweiung zischen Sunniten und Schiiten zu tragischer Gewalt geführt haben, insbesondere im Irak.
Religionsfreiheit ist ein wesentliches Kriterium dafür, dass verschiedene Menschen zusammenleben können. Wir müssen immer die Art und Weise untersuchen, wie wir sie schützen. Beispielsweise haben es in den Vereinigten Staaten Vorschriften zu wohltätigen Spenden schwieriger für Muslime gemacht, ihre religiösen Pflichten zu erfüllen. Daher bin ich fest entschlossen, mit amerikanischen Muslimen zusammenzuarbeiten um zu gewährleisten, dass sie die Zakat erfüllen können.
Es ist genauso wichtig, dass westliche Länder aufhören, ihre muslimischen Bürger dabei zu behindern, ihre Religion auszuüben, wie sie möchten - beispielsweise, indem muslimischen Frauen vorgeschrieben wird, welche Kleidung sie zu tragen haben. Wir können Feindseligkeit gegenüber einer Religion nicht unter dem Deckmantel des Liberalismus verstecken.
Unser Glauben sollte uns vielmehr zusammenbringen. Aus diesem Grund fördern wir in den Vereinigten Staaten Projekte, bei denen Christen, Muslime und Juden zusammengebracht werden. Deshalb begrüßen wir Bestrebungen wie den religionsübergreifenden Dialog des saudi-arabischen Königs Abdullah und die Führungsrolle der Türkei in der Allianz der Zivilisationen. Überall auf der Welt können wir aus Dialog glaubensübergreifendes Engagement machen, so dass Brücken zwischen Menschen Maßnahmen zur Folge haben – ob es um die Bekämpfung von Malaria in Afrika geht oder um Hilfsmaßnahmen nach einer Naturkatastrophe.
Das sechste Thema, das ich ansprechen möchte, sind die Rechte von Frauen. Ich weiß, dass dieses Thema viel diskutiert wird, wie man auch an der Reaktion des Publikums hört. Ich lehne die Ansicht einiger Menschen im Westen ab, dass eine Frau, die ihre Haare bedecken möchte, auf irgendeine Weise weniger gleich ist, aber ich bin der Meinung, dass man einer Frau, der man Bildung verweigert, auch Gleichberechtigung verweigert. Es ist kein Zufall, dass in Ländern, in denen die Frauen gut gebildet sind, die Wahrscheinlichkeit weitaus höher ist, dass die Länder selbst erfolgreich sind.
Ich sage es ganz deutlich: Fragen, die mit der Gleichberechtigung von Frauen zu tun haben, sind keineswegs nur für den Islam ein Thema. In der Türkei, in Pakistan, Bangladesch und in Indonesien haben wir gesehen, wie mehrheitlich muslimische Länder Frauen an die Spitze ihres Staates gewählt haben. Gleichzeitig dauert der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen in vielen Bereichen des Lebens in den Vereinigten Staaten noch an, wie auch in vielen anderen Ländern auf der Welt.
Ich bin überzeugt, dass unsere Töchter genauso viel zu unserer Gesellschaft beitragen können wie unsere Söhne. Unser gemeinsamer Wohlstand wird gefördert, wenn alle Menschen – Frauen und Männer – ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Ich glaube nicht, dass Frauen dieselben Entscheidungen treffen müssen wie Männer, um gleichberechtigt zu sein, und ich respektiere Frauen, die sich entscheiden, ihr Leben in traditionellen Rollen zu leben. Aber es sollte ihre Entscheidung sein. Aus diesem Grund gehen die Vereinigten Staaten Partnerschaften mit allen mehrheitlich muslimischen Ländern ein, damit mehr Mädchen lesen und schreiben lernen, und um jungen Frauen durch Mikrofinanzierung, die Menschen hilft, ihre Träume zu leben, zu unterstützen, eine Anstellung zu finden.
Schließich möchte ich über wirtschaftliche Entwicklung und Chancen sprechen.
Ich weiß, dass die Globalisierung vielen als widersprüchlich erscheint. Internet und Fernsehen fördern Wissen und stellen Informationen bereit, bringen aber auch offensive Sexualität und gedankenlose Gewalt in unser Wohnzimmer. Handel kann neuen Wohlstand und Chancen ermöglichen, aber auch riesige Brüche und Veränderungen in Gemeinden mit sich bringen. In allen Ländern – auch in den Vereinigten Staaten – verursachen diese Veränderungen Angst. Angst, dass wir aufgrund der Modernität die Kontrolle über unsere wirtschaftlichen Entscheidungen verlieren, über unsere Politik und, was am wichtigsten ist, über unsere Identität - die Dinge, die wir in unseren Gemeinschaften, Familien, Traditionen und in unserem Glauben am meisten schätzen.
Aber ich weiß auch, dass sich menschlicher Fortschritt nicht aufhalten lässt. Es muss keinen Widerspruch zwischen Entwicklung und Tradition geben. Länder wie Japan und Südkorea förderten das Wachstum ihrer Volkswirtschaften und bewahrten sich dennoch ihre eigene Kultur. Dasselbe ist bei den erstaunlichen Fortschritten in mehrheitlich muslimischen Ländern von Kuala Lumpur bis Dubai der Fall. Weit in der Vergangenheit und auch heute sind muslimische Gemeinschaften führend, wenn es um Innovationen und Bildung geht.
Das ist wichtig, weil keine Strategie für Entwicklung ausschließlich darauf aufbauen kann, was aus dem Boden kommt; genauso wenig kann sie aufrechterhalten werden, wenn junge Menschen keine Arbeit finden. Viele Golfstaaten genießen aufgrund von Erdöl großen Wohlstand, und einige fangen an, diesen Wohlstand in eine umfassendere Entwicklung zu investieren. Aber wir alle müssen erkennen, dass Bildung und Innovationen die Währung des 21. Jahrhunderts sein werden. In zu vielen muslimischen Gemeinden wird zu wenig in diese Bereiche investiert. Ich konzentriere mich in meinem Land auf solche Investitionen. Und während sich die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit in diesem Teil der Welt auf Öl und Gas konzentriert haben, wollen wir uns jetzt umfassender engagieren.
Im Bildungssektor werden wir Austauschprogramme ausweiten und mehr Stipendien anbieten, wie das, das meinen Vater in die Vereinigten Staaten führte. Gleichzeitig werden wir mehr Amerikaner ermutigen, in muslimischen Gesellschaften zu studieren. Wir werden vielversprechenden muslimischen Studenten Praktika in den Vereinigten Staaten anbieten, in Online-Angebote für Lehrer und Kinder überall auf der Welt investieren und ein neues Online-Netzwerk aufbauen, so dass ein junger Mensch in Kansas direkt mit einem jungen Menschen in Kairo kommunizieren kann.
Im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung werden wir ein neues Corps von freiwilligen Unternehmen schaffen, das Partnerschaften mit mehrheitlich muslimischen Ländern eingeht. Ich werde in diesem Jahr einen Gipfel für das Unternehmertum abhalten um festzustellen, wie wir die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen führenden Vertretern aus der Wirtschaft, von Stiftungen und sozialen Unternehmern in den Vereinigten Staaten und muslimischen Gesellschaften überall auf der Welt vertiefen können.
Im Bereich Wissenschaft und Technologie werden wir einen neuen Fonds ins Leben rufen, der technologische Entwicklung in mehrheitlich muslimischen Ländern unterstützt und dazu beiträgt, Ideen auf den Markt zu bringen, so dass mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir werden in Afrika, im Nahen Osten und in Südostasien wissenschaftliche Exzellenzzentren eröffnen und neue wissenschaftliche Beauftragte ernennen, die an Programmen zur Erschließung neuer Energiequellen, bei der Schaffung grüner Arbeitsplätze, der Digitalisierung von Daten, bei sauberem Wasser und dem Anbau neuer Pflanzen zusammenarbeiten. Heute kündige ich zudem neue globale mit der Organisation der Islamischen Konferenz unternommene Bestrebungen zur Bekämpfung von Polio an. Wir werden ferner Partnerschaften mit muslimischen Gemeinden ausweiten, die Gesundheit von Kindern und Müttern zu verbessern.
All diese Dinge müssen in Partnerschaften geleistet werden. Die Amerikaner sind bereit, mit den Bürgern und Regierungen, mit Gemeindeorganisationen, religiösen Vertretern und Unternehmen in muslimischen Gemeinden überall auf der Welt zusammenzuarbeiten, um unseren Bürgern zu helfen, ein besseres Leben zu führen.
Die von mir beschriebenen Themen werden nicht einfach anzusprechen sein. Aber wir haben die Verantwortung, uns gemeinsam für die Welt, die wir anstreben, einzusetzen - eine Welt, in der Extremisten nicht mehr unsere Bürger bedrohen und die amerikanischen Soldaten heimgekehrt sind, eine Welt, in der sowohl Israelis als auch Palästinenser ihr eigenes Land haben, in der Atomenergie für friedliche Zwecke genutzt wird, in der die Regierungen ihren Bürgern dienen und die Rechte aller Kinder Gottes geachtet werden. Das sind gemeinsame Interessen. Das ist die Welt, die wir anstreben. Aber wir können sie nur gemeinsam erreichen.
Ich weiß, es gibt viele – Muslime und Nicht-Muslime – die sich fragen, ob wir diesen Neuanfang erreichen können. Einige sind sehr daran interessiert, Spaltung zu schüren und sich dem Fortschritt in den Weg zu stellen. Einige bringen vor, dass es die Mühe nicht wert sei - dass es unser Schicksal ist, unterschiedlicher Meinung zu sein, und dass es Kulturen bestimmt ist, gegeneinander zu kämpfen. Viele andere sind einfach skeptisch, ob wahre Veränderungen wirklich stattfinden können. Es gibt so viel Angst und so viel Misstrauen, die sich im Laufe der Jahre aufgebaut haben. Aber wenn wir beschließen, dass wir an die Vergangenheit gebunden sind, werden wir niemals Fortschritte machen. Ich möchte das insbesondere an die jungen Menschen aller Glaubensrichtungen in allen Ländern richten – Sie, mehr als jeder andere, haben die Fähigkeit, diese Welt neu zu erdenken, neu zu gestalten.
Wir alle teilen diese Welt nur für einen kurzen Augenblick. Die Frage ist, ob wir uns in dieser Zeit auf das konzentrieren, was uns auseinander treibt, oder ob wir uns einem Unterfangen verpflichten – einer andauernden Bestrebung – Gemeinsamkeiten zu finden, uns auf die Zukunft zu konzentrieren, die wir für unsere Kinder wollen, und die Würde aller Menschen zu achten.
Es ist einfacher, Kriege zu beginnen, als sie zu beenden. Es ist einfacher, die Schuld auf andere zu schieben, als sich selbst zu betrachten. Es ist einfacher zu sehen, was uns von jemand anderem unterscheidet, als die Dinge zu finden, die wir gemeinsam haben. Aber wir sollten uns für den richtigen Weg entscheiden, nicht nur für den einfachen. Es gibt auch eine Regel, die jeder Religion zugrunde liegt – dass man andere behandelt, wie man selbst behandelt werden möchte. Diese Wahrheit überwindet Nationen und Völker - ein Glaube, der nicht neu ist, der nicht schwarz oder weiß oder braun ist, der nicht Christen, Muslimen oder Juden gehört. Es ist ein Glaube, der in der Wiege der Zivilisation pulsierte, und der noch immer in den Herzen von Milliarden Menschen auf der Welt schlägt. Es ist der Glaube an andere Menschen, und er hat mich heute hierher gebracht.
Es steht in unserer Macht, die Welt zu schaffen, die wir uns wünschen, aber nur, wenn wir den Mut für einen Neuanfang besitzen, und uns an das erinnern, was geschrieben steht.
Der Heilige Koran lehrt uns: “O ihr Menschen, wir haben euch von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.”
Der Talmud lehrt uns: “Die ganze Tora gibt es nur, um den Frieden unter den Menschen zu erhalten.”
Die Heilige Bibel lehrt uns: „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen."
Die Menschen auf der Welt können in Frieden zusammenleben. Wir wissen, dass das Gottes Weitblick ist. Jetzt muss es unsere Arbeit hier auf der Erde sein.
Vielen Dank. Möge der Friede Gottes mit Ihnen sein. Vielen herzlichen Dank. Vielen Dank."
Barack Obama wird von vielen für die Poesie seiner Reden verehrt, die den "amerikanischen Traum" beschwören. Manche meinen, das Obama Barack -wie seine kleine Tochter einmal sagte- "viel labbert", aber es sei keine Substanz da. In dem vorliegenden Buch wird deutlich, dass Obama Barack entgegen diesem Vorurteil zu fast allen Politik-Feldern eine Position entwickelt hat, die in dem Buch zum Teil auch detailliert erklärt wird.
In dem vergangen Präsidentschaftswahlkampf ging es vor allem um die "Geschichte", die der Kandidat erzählen konnte: Hier John McCain, der "amerikanische Held", dort Barack Obama, der untypische schwarze Politiker. Barack Obama gewann auch deshalb, weil seine "Geschichte" mehr Authenzität und Glaubwürdigkeit ausstrahlte.
Obamas Vater, Barack Hussein Obama Senior (1936–1982), stammte aus Alego in Kenia und gehörte zum Luo-Volk. Er ist Moslem. Seine Mutter, Stanley Ann Dunham (1942–1995), war eine weiße US-Amerikanerin aus Wichita, Kansas. Die Eltern lernten sich als Studenten an der Universität von Hawaii in Manoa kennen. Sie heirateten 1961 auf Hawaii.
1963 ließen sich die Eltern scheiden. Der Vater setzte sein Studium an der Harvard University fort. Obama sah ihn als Zehnjähriger zum letzten Mal. Die Mutter heiratete einen Studenten und späteren Ölmanager aus Indonesien und zog mit ihm und ihrem Sohn Barack nach Jakarta.
Barack besuchte in Jakarta von 1967 bis 1970 eine katholische, 1970/71 eine staatliche Schule mit Schülern verschiedener Religionsangehörigkeit und kehrte 1971 nach Hawaii zurück. Dort zogen ihn die Eltern seiner Mutter, Madelyn (1922-2008) und Stanley Dunham (1918–1992), auf.
Barack Obama studierte zwei Jahre am Occidental College in Los Angeles und wechselte 1981 an die Columbia University in New York City. Nach seinem Bachelor-Abschluss 1983 in Politikwissenschaften (Schwerpunkt Internationale Beziehungen) arbeitete er ein Jahr lang für das Wirtschaftsberatungsunternehmen Business International Corporation in New York. 1985 wechselte er nach Chicago, wo er für eine gemeinnützige Organisation arbeitete, die Kirchengemeinden beim Arbeitstraining für Einwohner armer Stadtviertel half. Danach studierte er drei weitere Jahre Rechtswissenschaft an der Harvard Law School und wurde dort zum Präsidenten der Fachzeitschrift Harvard Law Review gewählt. Er gilt als der erste Afroamerikaner in diesem Amt. 1991 machte Obama seinen J.D.-Abschluss mit der Gesamtbewertung magna cum laude.
Obama kehrte 1992 nach Chicago zurück und arbeitete ab 1993 in der auf Bürgerrechte spezialisierten Anwaltssozietät Miner, Barnhill and Galland.
Am 20.1.2009 trat Barack Obama als Hoffnungsträger Amerikas und der Welt sein neues Amt als Präsident nach einem harten Wahlkampf an.
Mehr über Barack Obama und seine Politik in dem Buch:
Barack Obama: Yes, we can. Biographie und Reden eines Präsidenten, Norderstedt 2008, 19,95 EUR