Herr Seiler, Sie haben zum Gespräch das neue Sedotec-Logo mitgebracht. Was hat es damit auf sich?
Das Logo ist Teil unseres neuen Corporate Design Auftritts. Nach 15 Jahren war es an der Zeit, unser Erscheinungsbild zu modernisieren. Dabei handelt es sich jedoch keinesfalls nur um ein neues Design. Die Veränderung verdeutlicht, wie sich Sedotec seit seiner Gründung 2004 verändert hat. Damals haben wir die Blech- und Kupferfertigung von ABB übernommen. Was wir damals als reine Auftragsfertigung begonnen haben, ist inzwischen zu einem Systempartner der Elektroindustrie im Bereich der Energieverteilung geworden.
Was heißt SEDOTEC eigentlich?
Das bedeutet Seiler und Döring Technology, denn zusammen mit meinem Geschäftspartner Alexander Döring haben wir damals die Firma gegründet. Von Anfang an war uns klar, dass wir als reiner Auftragsfertiger mit nur wenigen Kunden tatsächlich nicht würden überleben können. Deshalb haben wir ja mit unserem System Vamocon 2008 ein eigens entwickeltes Produkt auf den Markt gebracht. Und wir hatten auch den unbedingten Willen, dieses Produkt selbst zu fertigen – und zwar in Deutschland. Denn wir sind vom Fertigungsstandort Deutschland überzeugt. Dennoch war der Erfolg, den wir damals anstrebten und bis heute tatsächlich erreicht haben, keineswegs selbstverständlich. Denn wir kamen ja auf einen Markt, der seit langem verteilt war. Keiner hat auf uns gewartet. Uns war klar, dass niemand uns Nobodys ohne Branchenerfahrung wirklich ernst nimmt. Aber wir haben durch neues Denken, Innovationen und clevere Lösungen überzeugt. Das bedeutet, dass wir uns damals alle am Markt befindlichen Lösungen angeschaut haben mit dem Anspruch, viele Details deutlich besser zu machen.
Klingt das nicht nach disruptivem Vorgehen?
Wenn Sie wollen, war das schon damals ein disruptiver Prozess, indem wir alles infrage gestellt haben und auch funktionierende Lösungen quasi zerstört und neu erfunden haben. Das Revolutionärste daran war wohl, dass wir das Blech für eine Schaltanlage unabhängig von der Marke des Schalters liefern wollten. Das haben wir auch mit viel Kraft und einem entsprechenden Markenauftritt kommuniziert. Nach zwölf Jahren Vamocon ist die Situation deutlich anders. Wir haben viele Schaltanlagenbauer, Ingenieurbüros und Planer überzeugt und als Kunden und Partner gewonnen. Unser Konzept ist komplett aufgegangen, wir haben unseren Platz unter den Schwergewichten im Markt erobert und werden nun nicht mehr belächelt, sondern respektiert und als innovativer und starker Wettbewerber ernst genommen. Für unseren Markenauftritt bedeutet dies nun, dass er deutlich moderner und zukunftsorientierter sein kann. Das haben wir nun mit dem neuen Corporate Design umgesetzt. Und zugleich wollen wir nun die Menschen – unsere Mitarbeiter – mehr in den Vordergrund stellen. Denn sie sind das Wertvollste in unserem Unternehmen.
Was waren denn aus Ihrer Sicht die Meilensteine dieser Entwicklung von Sedotec?
Basis ist, dass wir ein inhabergeführtes Unternehmen mit aktiven Gesellschaftern sind, die langfristig und nachhaltig wirtschaften sowie schnell und verantwortungsbewusst handeln. Dabei hat unser Ursprung in der Auftragsfertigung unsere Vorstellung von Professionalität und Qualität geprägt. Dieser Anspruch ist Maßstab für unseren Wandel zum Systemhersteller.
Die Meilensteine unserer Arbeit der letzten zwölf Jahre sind fraglos die Innovationen. Wir haben die Schalterfreiheit, Steckmodule und schlankere Kupplungen als neuartige Lösungen platziert. Wir haben den ersten Online-Konfigurator mit 3-D Ausgabe entwickelt. Und wir gehen bei der Sicherheit von Mensch und Anlage mit neuen Entwicklungen voraus. Das belegen die Integration von Störlichtbogenschutzsystemen, die Formunterteilung und der Berührungsschutz in unseren Anlagen.
Diese Innovationen kommen aber nicht von ungefähr. Grundlage dafür ist, dass wir gut vernetzt sind und somit hören, wo den Schaltanlagenbauern, Geräteherstellern und Betreibern der Niederspannungsschaltanlagen der Schuh drückt. Wir arbeiten in deutschen Verbänden und Normungsgremien an der Zukunft der Energieverteilung mit, indem wir unser jahrzehntelanges Wissen einbringen. So werden alle unsere Lösungen entsprechend der aktuellen Normungslage entwickelt und im Prüflabor geprüft. Darüber hinaus denken wir digital, das sichert uns den Weg in die Zukunft. Und dann wollen wir von allem nur das Beste für unsere Kunden.
Der Markt respektiert Sedotec, die Abhängigkeiten eines Auftragsfertigers sind durch das Eigenprodukt VAMOCON deutlich reduziert, Ihre Partner und Kunden schätzen Sie. Ziel erreicht, könnte man sagen – Was fasziniert Sie an Ihrem Job?
(lacht) Zum Zurücklehnen bin ich nicht geboren und es gibt keinen Grund, sich auszuruhen. Ich arbeite gern und mit viel Leidenschaft daran, unser mittelständisches Unternehmen Sedotec mit dem Eigenprodukt Vamocon zu einem dauerhaften Erfolg zu machen. Dabei will ich die Arbeit für alle sinnstiftend gestalten, mit dem Ziel, die Energieverteilung besser und sicherer zu machen.
Der Markt hat täglich neue Herausforderungen für uns und unsere Kunden und Partner. Es gibt viel zu tun, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Da ist vor allem unsere klare Positionierung als System- und Technologiepartner: Wir wollen Hersteller des von uns erfundenen Kit-Systems bleiben und weder zum Hersteller von anschlussfertigen Schaltgerätekombinationen noch zum Schaltanlagenbauer werden. Ferner haben wir unseren Erfolgsfaktor Service weiter ausgebaut. Wir bieten über unseren Vertrieb echte Kundenbetreuung vor Ort und bei Bedarf Problemlösung rund um die Uhr.
Was wird sich technologisch verändern?
Technologisch ist die Herausforderung, dass alles immer kleiner, schneller und kostengünstiger werden soll. Die Schaltgeräte werden in der Zukunft immer weiter ausgereizt werden bis an die Grenzen der Physik. Durch den engen Kontakt zu unseren Partnern spüren wir, dass die Anforderungen an Schaltanlagen steigen. Die Digitalisierung kommt mit Macht und Tempo, und das hat zur Folge, dass sich Schaltanlagenbauer und Elektroinstallateure um neue Herausforderungen kümmern müssen. Da bleibt immer weniger Zeit für die klassischen Aufgaben. Hier wollen wir noch bessere Lösungen und Services bieten, die unseren Partnern und Kunden diese Aufgaben abnehmen oder erleichtern. Ein Indiz für diese Entwicklung ist für uns, dass immer mehr Schaltanlagenbauer auch das vormontierte Kupfer bei uns bestellen, um die Gesamtlieferzeit der Schaltanlage zu verkürzen. Das haben sich früher die wenigsten aus der Hand nehmen lassen. Getriggert wird dieses Verhalten zusätzlich noch durch den Fachkräftemangel.
Ein gutes Stichwort, Herr Seiler: Wie begegnen Sie dem Fachkräftemangel?
Wir haben uns in der Personalarbeit seit ein paar Jahren sehr professionell aufgestellt und betreiben aktives Personalmanagement. Neben den finanziellen Leistungen und Absicherungen kümmern wir uns um unsere Mitarbeiter und schaffen ein Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen, wahrgenommen werden und unsere Wertschätzung genießen. Dazu geben wir Ihnen auf allen Ebenen Verantwortung und Freiräume für Entscheidungen. So balancieren wir die Unsicherheiten aufgrund ständiger Veränderung aus und gewinnen selbstbewusste Menschen, die von innen heraus motiviert sind und sich gerne im Unternehmen einbringen. Hinzu kommt, dass die Arbeiten sinnstiftend angelegt sind. In der Entwicklung von neuen Produkten oder Dienstleistungen führen wir gerade mit dem „design thinking“ eine neue Methode ein, die freies Denken fordert und fördert. Das alles sind Dinge, die vor allem junge Menschen unheimlich schätzen. Und das scheint sich auch rumzusprechen, denn wir bekommen regelmäßig viele Bewerbungen, ohne dass wir Stellen ausschreiben.
Dem Fachkräftemangel bei unseren Partnern und Kunden begegnen wir mit unserem Kit-System, das wir stetig verbessern, indem wir die funktionellen Einheiten einfacher und modularer gestalten, anstatt mit die Leute Overengineering zu überfordern. Unsere Montageanleitungen sind digital animiert und somit leicht verständlich. Darüber hinaus liefern wir vormontiert und termingerecht direkt zum Kunden. Unsere Kunden schätzen dieses zuverlässige Rundum-sorglos-Paket.
Wie schaffen Sie das eigentlich fertigungstechnisch?
Dahinter steckt eine Fertigung, die wir schon vor Jahren konsequent auf LEAN umgestellt haben und so wie in der Automobilindustrie in einem Fließprozess unterschiedliche Produkte in verschiedenen Stückzahlen auf Bestellung produzieren können. In Verbindung mit unserem Online-Konfigurator mit 3-D Ausgabe können unsere Kunden die benötigte Schaltanlage nach Bedarf konfigurieren, so wie sie es von ihrer Autobestellung gewohnt sind. Damit sehen wir uns für die Zukunft schon ganz gut aufgestellt.
Was wird die Zukunft von den Herstellern verlangen? Was fordert der Markt – Stichworte Normen, Sicherheit, Haftung etc.? Welche Hersteller werden sich durchsetzen?
Die Antworten von Dirk Seiler dazu lesen Sie im 2. Teil unseres großen Zukunfts-Interviews in der nächsten Ausgabe.